Documenta Kunstwerk wird abgehängt

Nach den Antisemitismus-Vorfällen auf der documenta fifteen liegt der Abschlussbericht zur Neuorganisation der Weltkunstausstellung vor. Geschäftsleitung und Kuratoren sollen sich einem Kodex gegen Diskriminierung unterstellen. Außerdem geht es um die Aufgabenteilung.

In der Folge des Antisemitismus-Skandals auf der Weltkunstausstellung documenta im Jahr 2022 liegt nun ein Bericht mit 22 Empfehlungen zur Organisationsentwicklung vor. Die documenta und Museum Fridericianum gGmbH veröffentlichte das 46 Seiten starke Papier am Freitag. Der Aufsichtsrat der Schau hatte die Managementberatung Metrum mit der Untersuchung beauftragt.

Ziel der Empfehlungen sei die "Etablierung von wirkungsvollen Maßnahmen gegen Antisemitismus und andere Formen gruppenspezifischer Menschenfeindlichkeit bei vollständigem Schutz der Kunstfreiheit". Die Analyse und der Abschlussbericht entstanden unter der Federführung der Frankfurter Politologin Nicole Deitelhoff.

Wissenschaftlicher Beirat mit Sitz im Aufsichtsrat

Demnach sollen sich die Geschäftsleitung und die Künstlerische Leitung jeweils auf einen Verhaltenskodex verpflichten. Im Kodex der GmbH solle festgelegt sein, dass sie "sich eindeutig gegen Antisemitismus, Rassismus und sonstige Formen der Diskriminierung positioniert und ihre Einwirkungsmöglichkeiten unter Wahrung der Kunstfreiheit auch nutzen wird, um dieses Ziel zu erreichen".

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Der Abschlussbericht basiert laut der documenta gGmbH auf rund 50 Hintergrundgesprächen, Workshops und Fokusgruppen sowie diversen Unterlagen.

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Der sogenannte Code of Conduct der Künstlerischen Leitung solle "Passagen enthalten, die darstellen, wie gewährleistet wird, dass die von der Künstlerischen Leitung kuratierte Ausstellung die Menschenwürde nicht verletzt".

Ein wissenschaftlicher Beirat solle ins Leben gerufen werden, heißt es weiter in dem Abschlussbericht. Der Vorsitzende dieses Beirats solle im Aufsichtsrat Sitz und Stimme haben.

Die Aufgaben von Geschäftsführung und Künstlerischer Leitung sollen klar geregelt sein. Die Geschäftsführung solle keine kuratorischen Aufgaben übernehmen, habe aber die Pflicht, sich "in extremen Fällen" von künstlerischen Inhalten zu distanzieren, ohne in diese selbst einzugreifen.

Findungskommission soll bleiben

Der Aufsichtsrat als Hauptgremium für die Überwachung der documenta gGmbH soll den Empfehlungen zufolge verkleinert werden. Der Bund solle in dem Gremium stimmberechtigt beteiligt werden. Gesellschafter soll er demnach aber nicht werden. Entsprechende Forderungen waren im Zuge des Antisemitismus-Eklats im vergangenen Jahr aufgekommen.

Grundsätzlich solle es weiterhin eine Findungskommission geben, die für jede documenta-Ausgabe eine Künstlerische Leitung bestellt. Dieser Auswahlprozess solle künftig schriftlich festgehalten werden.

Um die Findungskommission für die kommende documenta gab es kürzlich Wirbel. Nach erneuten Antisemitismus-Vorwürfen gegen ein Mitglied der Findungskommission war zunächst dieses Mitglied und später die gesamte Findungskommission zurückgetreten. Unklar ist aktuell, ob die 16. documenta deshalb wie geplant im Jahr 2027 stattfinden kann.

Geschäftsführer zufrieden

Der Geschäftsführer der documenta und Museum Fridericianum gGmbH, Andreas Hoffmann, äußerte sich zufrieden mit den Ergebnissen des Abschlussberichts. "Wer den Bericht studiert, wird feststellen, dass er gleichermaßen wirkungsvolle Maßnahmen gegen Antisemitismus und andere Formen gruppenspezifischer Menschenfeindlichkeit implementieren möchte, wie er sicherstellen möchte, dass dabei die Kunstfreiheit unbedingt und uneingeschränkt geschützt bleibt", sagte er.

"Sobald die Gremien der documenta abschließend über die Empfehlungen der Organisationsuntersuchung beschlossen haben, wird der Findungsprozess für eine Künstlerische Leitung neu gestartet", kündigte Schoeller an. Dies sei für das erste Quartal 2024 vorgesehen.

Bei der documenta fifteen im vergangenen Jahr hatte es einen Antisemitismus-Eklat gegeben, der weit über Kassel hinaus Schlagzeilen schrieb. Unter anderem war ein klar antisemitisches Bild von einem stilisierten Juden mit blutunterlaufenen Augen, Reißzähnen und SS-Runen am Hut und neben Monstern in Kassels Innenstadt aufgehängt worden. Nach vielfacher Kritik hatte die documenta das Kunstwerk verhüllt und eine differenzierte Aufarbeitung versprochen.