Video

Angela Dorn-Rancke (Grüne): "Die richtigen Lehren daraus zu ziehen, ist jetzt unsere Verantwortung"

Landtag_160223

Welche Lehren sind aus der documenta fifteen zu ziehen? Darüber hat der Landtag diskutiert. Ministerin Dorn versprach eine organisatorische Neuaufstellung der Kunstschau. Man brauche mehr externe Expertise - und mehr Mitsprachemöglichkeiten auf Bundesebene.

Die Kunstausstellung documenta soll nach den Auseinandersetzungen über antisemitische Exponate im vergangenen Jahr in ihrer Organisationsstruktur auf neue Füße gestellt werden. Darüber waren sich die schwarz-grüne Landesregierung und die Parteien im Landtag bei einer Aktuellen Stunde am Donnerstag weitgehend einig.

Umstritten blieb dagegen, ob die politisch Verantwortlichen einschließlich der Kunstministerin Angela Dorn (Grüne) im vergangenen Sommer angemessen auf die Entwicklung während der 100 Tage dauernden Ausstellung zeitgenössischer Kunst in Kassel reagiert haben. Die Frage war bereits im Kulturausschuss des Bundestags diskutiert worden.

"Es braucht klarer definierte Verantwortlichkeiten"

Dorn selbst sagte im Landtag: "Das Ausstellen von mindestens vier Werken mit eindeutig antisemitischer Bildsprache auf der documenta war eine nicht entschuldbare Grenzüberschreitung." Sie habe dem Parlament und auch dem Zentralrat der Juden "eine schonungslose Aufarbeitung und strukturelle Konsequenzen" versprochen. Dazu diene der inzwischen vorgelegte Abschlussbericht einer Fachkommission unter Leitung der Frankfurter Professorin Nicole Deitelhoff.

Das Land Hessen und die Stadt Kassel als Gesellschafter der documenta hätten im Aufsichtsrat bereits beschlossen, dass die Empfehlungen als Grundlage in eine Organisationsuntersuchung einfließen werden. "Es braucht klarer definierte Verantwortlichkeiten", griff Dorn eine zentrale Forderung des Abschlussberichts auf.

"Externe Expertise ist kein Eingriff in die Kunstfreiheit"

Dass auf der Kunstschau antisemitische Werke zu sehen waren, sei Folge einer Kombination aus strukturellen Schwächen und der Art, wie einige der handelnden Personen ihre Rollen wahrgenommen oder eben nicht wahrgenommen hätten. "Wir brauchen mehr externe Expertise, echte Mitsprachemöglichkeit der Bundesebene und eine Nachschärfung der Strukturen und Rollen", sagte Dorn.

Externe Expertise bedeute keinen Eingriff in die Kunstfreiheit. "Die documenta braucht externen Rat und interne Konfliktmechanismen, um ohne politische Interventionen und staatliche Eingriffe in die Kunstfreiheit arbeiten zu können", so Dorn. Es brauche "Wissen, das einordnet, Wissen, das hilft, um zu verstehen: Das widerspricht der Kunstfreiheit nicht. Das ergänzt und stützt sie."

"Ruangrupa macht Verantwortungslosigkeit zum Prinzip"

Auch die meisten Fraktionen plädierten für eine konsequente Umsetzung der Reformvorschläge. Der kulturpolitische Sprecher der FDP, Stefan Naas, beklagte, nach 100 Tagen documenta stehe man vor einem Scherbenhaufen. Dafür trage auch Ministerin Dorn Verantwortung. Sie werde in dem Bericht "von vorne bis hinten abgestraft".

Erster Fehler sei schon die Beauftragung des indonesischen Künstlerkollektivs Ruangrupa gewesen, das Verantwortungslosigkeit zum Prinzip erhoben habe. Dorn habe "weggesehen" und die Probleme kleingeredet. Die Geschäftsführung der documenta sei völlig überfordert gewesen, und es habe viel zu lange gedauert, bis sie abberufen wurde.

Frank Grobe (AfD) sagte, Dorn hätte nach diesem Abschlussbericht eigentlich zurücktreten müssen. "Anstatt den sich bereits früh abzeichnenden Antisemitismus-Skandal im Keim zu ersticken und die antisemitischen Künstlerkollektive postwendend nach Hause zu schicken, stellte sich Ministerin Dorn in Nibelungentreue schützend vor die BDS-Anhänger", so der kulturpolitische Sprecher.