Erste Verdachtsfälle Schloss Fasanerie forscht nach Raub- und Beutekunst in seiner Sammlung

Das Museum Schloss Fasanerie in Eichenzell überprüft seine Sammlung auf unrechtmäßig erworbene Kunstwerke aus der Nazi-Zeit. Erste Verdachtsfälle gibt es bereits.

Suche nach NS-Raubkunst im Museum Schloss Fasanerie in Eichenzell
Diese Skulpturen aus dem Museum Schloss Fasanerie in Eichenzell wurden möglicherweise während der NS-Zeit unrechtmäßig erworben. Bild © Jörn Perske (hr)
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Schloss Fasanerie prüft Sammlung auf Raubkunst

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Die Kulturstiftung des Hauses Hessen versucht, ihre Kunstkäufe aus der Zeit des Nationalsozialismus aufzuarbeiten. Sie untersucht, ob sich Beute- oder Raubkunst im Bestand des Museums Schloss Fasanerie in Eichenzell (Fulda) befindet. Es geht um Kunstwerke, die in der Zeit von 1933 bis 1945 von jüdischen Sammlern abgepresst, gestohlen oder unter Wert angeeignet worden sein könnten.

Donatus von Hessen: "Stellen uns der historischen Verantwortung"

Der Vorstand der Kulturstiftung des Hauses Hessen um Landgraf Donatus hat das Forschungsprojekt angestoßen. "Wir stellen uns der historischen Verantwortung und bemühen uns um Aufarbeitung", sagte Heinrich Donatus von Hessen am Dienstag.

Sein Großvater, Philipp Prinz und Landgraf von Hessen (1896-1980), war es, der die Kunstsammlung des Hauses auch zur NS-Zeit erweiterte. Unter welchen Umständen und mit welcher Vorgeschichte dies geschah - das soll nun erforscht werden.

Dafür wurde bereits im Oktober ein zunächst für ein Jahr angelegtes Forschungsprojekt gestartet, das nun vorgestellt wurde. Der Kunsthistoriker Sven Pabstmann aus Halle wurde mit der Aufgabe betraut. Er wird ermitteln und einen Bericht für das im Jahr 1951 gegründete Museum schreiben.

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Provenienzforschung

Bei dem Projekt in Schloss Fasanerie geht es um die sogenannte Provenienzforschung. Dabei sollen die Herkunft und alle früheren Besitzverhältnisse (Provenienzen) eines Exponats nach Möglichkeit lückenlos dargestellt werden.

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Bereits im Jahr 2019 wurden erste Hinweise auf fragwürdige Kunstwerke in Schloss Fasanerie entdeckt. Bei der Vorbereitung auf eine Möbelausstellung im Museum fiel bei zwei kleinen Schränken auf, dass sie sich einst in der Sammlung des jüdischen Sammlers Erich von Goldschmidt-Rothschild in Frankfurt befanden, wie Museumsdirektor Markus Miller erklärte.

Diese Schränkchen gehören nun zu den 160 Exponaten, die von Kunsthistoriker Pabstmann auf Herkunft und Werdegang überprüft werden. Mit den Forschungen betrete man Neuland, befand Miller. Das Museum sei eine der ersten großen Privatsammlungen, die sich freiwillig öffne, um nach unrechtmäßig erworbener Kunst zu fahnden. Landesmuseen sind schon seit längerem mit der Provenienzforschung ihrer Kunstwerke beschäftigt, wie ein Ministeriumssprecher in Wiesbaden auf Anfrage sagte.

Skulpturen bei Auktionen erworben

Ebenfalls verdächtig im Bestand von Schloss Fasanerie ist eine Marmor-Skulptur. Sie zeigt einen Herkulesknaben, der mit einer Schlange kämpft. Erschaffen wurde sie nach dem Vorbild des italienischen Bildhauers Alessandro Algardi (1598-1654). Die Kopie dieses Renaissance-Werks aus dem 18. Jahrhundert stammt auch aus der Sammlung Goldschmidt-Rothschild. Die Skulptur wurde 1939 von Landgraf Philipp bei einer Auktion in Frankfurt gekauft, wie Miller sagte. Zu welchem Preis und unter welchen Umständen - unklar.

Provenienzforscher Sven Pabstmann zeigt einen Katalog mit Kunstwerken
Provenienzforscher Sven Pabstmann untersucht einen Teil-Bestand des Museums Schloss Fasanerie auf Kunstwerke, die unter fragwürdigen Umständen zur NS-Zeit in die Sammlung kamen. Bei den Nachforschungen helfen Kataloge mit Kunstwerken. Bild © osthessen-news.de

Zum Herkulesknaben gesellen sich als verdächtige Objekte zwei asiatische Figuren aus einer weiteren jüdischen Sammlung. Der Eigentümer soll damals gezwungen worden sein, sich von seinen Schätzen zu trennen, wie Miller berichtete. Landgraf Philipp schlug dann bei einer Auktion im Jahr 1934 zu. Eine Kölner Anwaltskanzlei spürt mittlerweile den Objekten nach und wandte sich ans Hause Hessen, wie Miller zum Werdegang erklärte.

"Gerechte und faire Lösung" angestrebt

Wenn sich der Verdacht bestätigen sollte, dass Kunstwerke unrechtmäßig hinzukamen, dann will die Stiftung des Hauses Hessen auf "eine gerechte und faire Lösung" hinwirken, wie Miller sagte. Im Hinblick auf möglicherweise bereits geleistete Entschädigungen in den Nachkriegsjahren solle aber vermieden werden, dass es zu Doppel-Entschädigungen komme. "Wir werden das in Verhandlungen mit den Nachfahren klären", versicherte Miller. Beim Willen um eine Einigung handele es sich um eine freiwillige Initiative. Es sei nichts mehr justiziabel.

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Bild © Jörn Perske (hr)| zur Audio-Einzelseite
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Hessischer Museumsverband forscht ebenfalls

Der Hessische Museumsverband befasst sich auch mit Provenienzforschung. In diesem Jahr wurden erstmals sogenannte Erstchecks in vier nicht-staatlichen Museen durchgeführt. Ziel: Bestände auf jüdischen Vorbesitz und Kulturgut anderer Opfergruppen des NS-Regimes zu untersuchen.

Verbandsreferentin Saskia Johann sagte zum Ergebnis auf hr-Anfrage: Beim Heimatmuseum Reinheim sei nichts zu beanstanden gewesen. Bei den drei anderen Museen - den Stadtmuseen in Bad Wildungen und Eschwege sowie im Vonderau-Museum Fulda - hätten sich Verdachtsmomente ergeben. Sie sollen tiefergehend untersucht werden.

Raubgut in Museen stammt aber nicht nur aus der NS-Zeit, sondern zuvor auch aus der Epoche des Imperialismus. Eine Umfrage des hessischen Museumsverband ermittelte, dass von knapp 190 befragten Museen in Hessen ein Viertel über außereuropäische Objekte verfügt, die meisten davon aus Afrika und Asien und ganz besonders aus ehemaligen Kolonialgebieten im heutigen Namibia und Tansania. Die genaue Herkunft ist bei den meisten ungeklärt. Hinzu kommen Objekte, die möglicherweise von Juden enteignet worden sind. "Die Erfahrung hat gezeigt, dass fast kein Museum ohne Verdachtsfälle ist", sagte Saskia Johann.

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Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 29.11.2022, 16.45 Uhr

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Quelle: hessenschau.de