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Nachruf Achim Frenz

Caricatura-Gründer Achim Frenz, gestorben am 11. März 2024

Kaum einer hat die deutsche Satirelandschaft so geprägt wie Achim Frenz, Gründer zweier Museen, Herausgeber des Satiremagazins Titanic. Am Montag ist er unerwartet gestorben. Ein Nachruf.

Kassel, in den frühen 1980er-Jahren: Achim Frenz und - Zitat - "eine kleine Gruppe von Fußball-Wahnsinnigen" gründen den Verein Dynamo Windrad. Das Ziel: die Aufnahme im Hessischen Fußball-Verband (HFV).

Doch es folgen lange juristische Auseinandersetzungen mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB), der Dynamo zum Spielbetrieb nicht zulässt. Begründung: Der Name erinnere zu sehr an die DDR.

In der Tat ist Dynamo Windrad kein gewöhnlicher Fußballverein - zu politisch-satirisch sind seine Aktionen, etwa die Wanderausstellung "Satanische Fersen". Achim Frenz sieht das schnelle Ende seiner Profi-Fußballkarriere gelassen, kann er sich so doch besser auf sein Kunststudium und die Arbeit in der Gruppe "Visuelle Opposition" konzentrieren, deren Mitglieder satirische und komische Plakate entwerfen.

Bekannte Zeichner eingeladen

Um diese immer besser zu machen, lädt die Gruppe bekannte Zeichner und Karikaturisten ein, mit ihr zusammenzuarbeiten - FK Waechter etwa, Gründungsmitglied des Satiremagazins Titanic. Der sagt zu, später auch Robert Gernhardt und andere Satiriker der Neuen Frankfurter Schule.

Diese Gruppe prägt Achim Frenz und er prägt sie - als Strippenzieher. Eine erste Ausstellung mit ihren und anderen Werken organisiert er 1987 parallel zur documenta 8 - und nennt sie Caricatura I.

"Es war sehr klein gedacht", erinnert er sich später in einem Interview. "Es wuchs sich dann immer größer aus, und wurde ein Querschnitt der bundesdeutschen Karikatur. Ein Riesenerfolg."

Galerie für Komische Kunst gegründet

1995 gründet Frenz die Galerie für Komische Kunst in Kassel. Mitstreiter und Förderer in der Politik ist der Kasseler Kulturreferent Hans-Bernhard Nordhoff. Als er als Kulturdezernent nach Frankfurt geht, folgt ihm Achim Frenz im Jahr 2000. 

Er soll auch am Main ein Museum für Komische Kunst aufbauen, genauer gesagt: ein Museum für die Neue Frankfurter Schule, zuerst als Zweigstelle des Historischen Museums. Frenz sorgt dafür, dass die Sammlung wächst, 2006 sichert er dem Museum etwa den zeichnerischen Nachlass von Robert Gernhardt.

Umzug als Lebenstraum

Im Jahr 2008 zieht das inzwischen umbenannte Caricatura-Museum ins Leinwandhaus nahe dem Dom. "Für mich war es ein Lebenstraum, der sich erfüllt hat", sagt Frenz später. Die Werke von Waechter, Gernhardt, F.W. Bernstein, aber auch Hans Traxler, Chlodwig Poth und Bernd Pfarr werden nun in der Dauerausstellung gezeigt - alle drei Monate ein anderer Ausschnitt aus dem großen Werk.

Anfangs skeptische Künstler wie F.W. Bernstein sind bald zufrieden: "Das dient zu unserer weiteren größeren Verherrlichung", sagt er augenzwinkernd in einem hr-Interview.

Museum wird 2019 eigenständig

Dazu kommen Ausstellungen von Künstlerinnen und Künstlern aus dem Umkreis der Frankfurter Schule oder der Titanic, zu deren Herausgebern Achim Frenz auch gehört. Das Museum ist so erfolgreich, dass es sich vom Historischen Museum löst - im Jahr 2019 wird es eigenständig.

Der Name "Museum für Komische Kunst" hebt die Komik in der Satire hervor, doch der Streit um die Mohammed-Karikaturen und der Anschlag auf Charlie Hebdo bringen für Frenz den ernsten Aspekt stärker zum Vorschein.

Die Komische Kunst habe damit in gewisser Weise ihre Unschuld verloren, sagt Frenz damals: "Was wir machen, ist politische Kunst, ist satirische Kunst, und wir stehen als erste dafür gerade, die Meinungsfreiheit zu verteidigen."

"Die Komische Kunst steht für einen Moment still"

Achim Frenz' letzte Ausstellung ist noch geöffnet: Sie zeigt die Werke Loriots. Im Herbst 2023 übergibt Frenz nach 23 Jahren die Leitung der Caricatura an Martin Sonntag.

In der Nacht zum 11. März ist er unerwartet im Alter von 66 Jahren gestorben. Vom "Ende einer Ära" spricht Saskia Wagner, Leiterin der Caricatura Galerie in Kassel. Frenz' Errungenschaften für die Komische Kunst seien "beispiellos".

Sein Nachfolger in Frankfurt würdigt ihn als Vordenker, Wegbereiter und Freund und sagt: "Die Komische Kunst steht für einen Moment still - um in seinem Sinne weiterzumachen."

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