Beerdigung von Walter Lübcke. Ein Portrait von ihm steht neben Sarg, Kerzen und einem Polizisten.

Spezialeinheiten der Polizei haben einen dringend Tatverdächtigen im Fall Lübcke festgenommen. Ein DNA-Treffer führte die Ermittler zu einem 45 Jahre alten Mann. Medienberichten zufolge soll die Spur in die rechtsextremistische Szene führen.

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Fall Lübcke: Polizei nimmt dringend Tatverdächtigen fest

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Die Polizei hat einen dringend Tatverdächtigen im Fall des getöteten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke festgenommen. Wie die Staatsanwaltschaft Kassel und das hessische Landeskriminalamt am Sonntag (16.06.2019) mitteilten, wurde ein 45 Jahre alter Mann am frühen Samstagmorgen gegen 2 Uhr in Kassel von Spezialkräften überwältigt und in Gewahrsam genommen.

Nach Informationen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung soll die Spur in die rechtsextremistische Szene führen. Der Tatverdächtige habe mindestens früher Kontakte ins rechte Milieu gehabt, heißt es. Ein Sprecher der Kasseler Staatsanwaltschaft wollte dies gegenüber dem hr weder bestätigen noch dementieren. Die FAZ hatte zuerst über die Verbindungen berichtet.

Laut Bild fanden die Ermittler DNA-Spuren an der Kleidung des erschossenen Regierungspräsidenten. Es habe zu der Spur einen Treffer in der DNA-Analyse-Datei gegeben, die beim Bundeskriminalamt liegt. Der 45-Jährige sei demnach polizeibekannt und habe bereits eine schwere Straftat begangen. Damals sei ihm eine DNA-Probe entnommen und in der Datenbank gespeichert worden.

Lübcke erhielt Morddrohungen

Lübcke hatte in den vergangenen Jahren immer wieder Drohbriefe und Todesdrohungen erhalten, nachdem er sich im Oktober 2015 für die Aufnahme von Flüchtlingen eingesetzt hatte. Wem das nicht passe, könne "jederzeit das Land verlassen" sagte er damals. In der Folgezeit stand er zeitweise unter Polizeischutz. Die ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach, inzwischen AfD-Sympathisantin, twitterte das alte Lübcke-Zitat im Februar 2019 und provozierte damit erneute Drohungen gegen Lübcke.

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"War er alleine?" - Ministerpräsident Bouffier zu der Festnahme im Fall Lübcke

Bouffier
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Auch nach seinem Tod hatte es hasserfüllte Reaktionen aus dem rechten Milieu gegeben, die Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als "zynisch, geschmacklos, abscheulich, in jeder Hinsicht widerwärtig" bezeichnete.

Mann sitzt in U-Haft

Aufgrund der Indizienlage wurde der Tatverdächtige bereits am Sonntag dem zuständigen Ermittlungsrichter vorgeführt und in Untersuchungshaft genommen. Er wurde in die JVA Kassel I gebracht.

Bei dem Festgenommenen handelt es sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft nicht um den vor einer Woche auf einer Nordseefähre festgenommenen Mann. Am Montag soll es dem Vernehmen nach eine Pressekonferenz der Ermittler geben.

Lübcke starb an Schussverletzung

Der CDU-Politiker Lübcke war in der Nacht vom 2. auf den 3. Juni mit einer Schussverletzung auf seiner Terrasse gefunden worden und später im Krankenhaus gestorben. Die Soko "Liemecke" nahm im Anschluss die Ermittlungen auf. Am Donnerstag hatten in der Kasseler Martinskirche rund 1.300 Menschen Abschied von dem erschossenen Regierungspräsidenten genommen.

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 16.06.2019, 19.30 Uhr