Hochwasser

Wo wirken sich Wassermassen bei Starkregen besonders heftig aus? Um das zu vorherzusagen, haben drei Studenten aus Hünfeld einen Simulator entwickelt. Die Stadt zeigt sich begeistert und entschärft erste Gefahrenstellen.

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Simulator zum Hochwasserschutz

hs 31.01.2023
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Klein und unscheinbar - so sieht das Flüsschen Hasel in Großenbach (Fulda) meist aus. Doch bei Starkregen kann sich das innerhalb kurzer Zeit ändern: Die Hasel schwillt an und tritt über die Ufer, dem Hünfelder Ortsteil droht Hochwasser.

Doch wo wird das meiste Wasser entlangfließen? Wo staut es sich, überflutet Straßen oder beschädigt Häuser? Das lässt sich dank der Arbeit dreier Studenten nun schon vor dem Ernstfall vorhersagen. Ihre Computer-Simulation zeigt die Auswirkungen des Starkregens, in rot eingefärbten Bereichen auf der Karte herrscht akute Gefahr.

Software selbst geschrieben

Die Software dahinter haben David Maul, Leon Bohnwagner und Ruben Otto selbst geschrieben. Zudem haben die beiden 19- und der 18-Jährige große Datenmengen und Karten zusammengetragen, die Informationen verknüpft und so ein Vorhersagemodell kreiert.

Drei ältere Schüler und ein Lehrer sitzen an einem Tisch, auf dem viele Computer stehen.

Begonnen haben sie ihr Projekt im Jahr 2021 als Schüler an der Fachoberschule für Informationstechnik. Mittlerweile studieren die drei Informatik an der Hochschule im benachbarten Fulda. Den Simulator haben sie seither Stück für Stück weiter entwickelt. "Er ist mittlerweile gut anwendbar. Als Prototypen kann man es nicht mehr bezeichnen", sagt Ruben Otto.

Auch ihr ehemaliger Lehrer für angewandte Informatik, Jens Heddrich, ist überzeugt von der Entwicklung. Sogar Einsatzkräfte wie Feuerwehrleute hätten sich schon an sie gewandt und nach den Plänen gefragt, erzählt er. Sie wollen damit entscheiden, wo im Ernstfall zuerst Sandsäcke zu stapeln sind, um Straßen und Häuser vor Überflutung zu schützen. "Das könnte auch noch für weitere Kommunen in Zukunft interessant sein", schätzt er.

Ein Schüler zeigt auf den Bildschirm eines Rechners, auf welchem eine fotorealistische Simulation von Hochwasser in einer Ortschaft zu sehen ist.

Bürgermeister: "Das hilft uns ungemein!"

Doch nicht nur im Akutfall soll die Computer-Simulation helfen, sondern auch zur Vorbeugung. Zum Beispiel, wenn ein Neubaugebiet erschlossen wird. "Dann kann man sehen: Ist das eine gute Position für ein Haus oder eine schlechte? Wird hier viel oder wenig Wasser entlanglaufen? Für solche Fragen gibt der Simulator Antworten", erklärt Otto exemplarisch.

Die Stadt Hünfeld hat das Potenzial erkannt und nutzt den Hochwasser-Simulator bereits. "Das hilft uns ungemein", sagt Bürgermeister Benjamin Tschesnok (CDU). An der bestehenden Infrastruktur haben sie damit schon erste Gefahrenstellen erkannt. Darauf wird jetzt mit Umbaumaßnahmen reagiert - etwa wenn es darum geht, Kanalrohre breiter anzulegen oder geographische Veränderungen vorzunehmen. Zum Beispiel einen Feldweg anzuheben, um eine Barriere für das Wasser zu errichten oder es umzuleiten.

Im Bildvordergrund ein Mann mittleren Alters, der in Richtung Kamera schaut. Im Hintergrund (unscharf) sitzen drei ältere Schüler an einem Tisch mit Computer.

Junge Forscher wollen Patent

Neben der Simulation geht es den jungen Forschern auch um die Entwicklung eines Vorwarnsystems. Es soll Katastrophen wie das verheerende Hochwasser im Sommer 2021 im Ahrtal (Rheinland-Pfalz) und in Nordrhein-Westfalen verhindern. Mehr als 180 Menschen starben, Hunderte Gebäude wurden zerstört. Aber auch an vielen Orten in Hessen kommt es alljährlich zu Hochwasser wie zuletzt.

Der Simulator soll über Hünfeld hinaus Anwendung finden, wie die Studenten und ihr einstiger Lehrer hoffen. Die jungen Forscher wollen sich ihre Erfindung mit Hilfe eines Patent-Anwalts sichern lassen. Als Nächstes wollen sie den Simulator beim Wettbewerb "Jugend forscht" präsentieren.

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Hochwasser in Hessen

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Hessens Digitalministerin Kristina Sinemus (CDU) ist begeistert von dem Trio. "Bemerkenswert ist, dass junge Menschen sich frühzeitig mit digitalen Technologien befassen und ein nutzenbringendes Projekt entwickelt haben, das bereits in der Praxis Anwendung findet", sagte sie dem hr. Das Projekt der Studierenden zeige besonders anschaulich das große Potenzial der Digitalisierung für den Schutz der Bevölkerung. Gerade im Umgang und zur Vorbeugung von Katastrophen biete das Nutzen von Daten erhebliche Chancen.

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Weiteres Hochwasserschutz-Projekt

Hochwasserschutz wird mit verschiedenen Projekten in Hessen betrieben. Im Kreis Fulda wird ein digitales Frühwarnsystem erprobt, dass hessenweit Schule machen könnte. Mit Hilfe von Sensoren, die in Abwasser-Kanälen, an Brücken, öffentlichen Gebäuden und Gewässern angebracht sind, werden in Echtzeit Niederschlag, Pegelstände und Abflussverhalten gemessen. Wenn Schwellenwerte überschritten werden, wird Alarm ausgelöst.

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