Hanau Sekten-Chefin Prozess

Den Jungen beschrieb sie als "sadistisch", mit seinem Tod vor knapp 35 Jahren will die mutmaßliche Sektenführerin aber nichts zu tun haben. Vor dem Frankfurter Landgericht hat die wegen Mordes angeklagte Frau eine verworrene Aussage geliefert.

Im Mordprozess um den Erstickungstod eines kleinen Jungen in Hanau vor fast 35 Jahren hat die Angeklagte jegliche Schuld bestritten. "Ich hätte das Kind nie gefährdet", sagte die 75-jährige mutmaßliche Sektenchefin am Mittwoch in der Neuauflage des Prozesses vor dem Frankfurter Landgericht.

Verworrene Aussage 

Der Vierjährige sei am Morgen des 17. August 1988 von ihrem mittlerweile verstorbenen Mann und seiner Mutter versorgt worden, sie selbst habe noch geschlafen. Mittags habe sie das Kind gesucht und im Bad gefunden, das als Kinderzimmer des Jungen genutzt worden sei. Er sei in ein altes, dünnes Betttuch eingepackt gewesen und habe "geplärrt", sagte die Frau.

Sie habe das Fenster zugemacht und ihm gesagt, er solle sich ausruhen. Dann sei sie in den Garten gegangen. Später habe ihr Mann den leblosen Jungen entdeckt. Sie hätten einen Notarzt alarmiert, der habe das Kind nicht mehr retten können, berichtete die Angeklagte.

In ihrer verworrenen und ausschweifenden Aussage erzählte die Frau wiederholt, von Gott "Bilder" erhalten zu haben, auch aus dem Jenseits. Den Vierjährigen beschrieb sie unter anderem als "sadistisch", er habe ein "autistisches Wesen" gehabt. Schlimme Misshandlungen habe er bei ihr nie erlebt, "höchstens mal eine Ohrfeige". 

Mordurteil aufgehoben

Die Staatsanwaltschaft wirft der mutmaßlichen Sektenführerin vor, den Jungen an dem heißen Tag in einen Sack gesteckt und sich selbst überlassen zu haben. Der Vierjährige sei qualvoll an seinem Erbrochenen erstickt. Zunächst waren die Behörden von einem Unfall ausgegangen. 

Vom Landgericht Hanau wurde die Frau vor drei Jahren wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob die Entscheidung wegen Rechtsfehlern auf. Aus dem Urteil vom September 2020 gehe etwa nicht hervor, ob die Frau das Kind aktiv tötete oder durch Unterlassung, so der BGH. Die Schwurgerichtskammer am Frankfurter Landgericht führt nun eine komplett neue Beweisaufnahme gegen die ehemalige Krankenschwester durch.