Audio

Messe Gießen vermietet nicht erneut an Eritrea-Festival

Polizisten und Teilnehmer einer Gegendemonstration des Eritrea-Festivals in Gießen stehen sich gegenüber

Nach den Ausschreitungen rund um das Eritrea-Festival hat die Messe Gießen nun mitgeteilt, im kommenden Jahr nicht mehr ihre Räumlichkeiten dafür zu vermieten. Die Messe stellt sich allerdings auf einen Rechtsstreit mit dem Veranstalter ein.

Gewalt, 26 verletzte Polizisten und Sachbeschädigungen: Die Ausschreitungen rund um das Eritrea Festival im Juli beschäftigen die Stadt Gießen weiter. Nun sieht es danach aus, dass es 2024 keine Wiederholung der umstrittenen Veranstaltung geben wird, das hat die Messe Gießen mitgeteilt.

Schon lange hatte die Stadt von der Messe gefordert, ihre Räumlichkeiten nicht mehr an die Veranstalter des Festivals zu vermieten. Im Sommer hatte die Stadt zudem bis kurz vor dem Festival noch vergeblich versucht, ein Verbot der Veranstaltung gerichtlich durchzusetzen.

Messe: Kein Mietvertrag in aktueller Situation

Die Messe hatte stets juristische Bedenken geäußert und betont: Man wolle diskriminierungsfrei vermieten. Nun hat die Messe mitgeteilt: "Da wir die Interessen der Stadt unterstützen, haben wir dem Zentralrat der Eritreer mitgeteilt, dass aufgrund der aktuellen Situation von uns kein Mietvertrag ausgestellt wird."

Dennoch bleibt die Messe bei ihren Bedenken hinsichtlich einer möglichen Diskriminierung, damit habe man aber bei der Stadt kein Gehör gefunden, heißt es. Die Messe geht nun davon aus, dass die Absage an den Vermieter juristische Folgen haben wird. "Die Frage nach der Vermietung für 2024 scheint also von Richtern geklärt werden zu müssen", so die Messe.

Über die Entscheidung der Messe hatte zuerst die Gießener Allgemeine Zeitung berichtet.

 Stadt Gießen will alles tun, um Wiederholung der Ereignisse zu vermeiden

Auf hr-Anfrage teilte die Stadt Gießen mit: Es gelte weiterhin eine Stellungnahme zu diesem Thema, die Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher (SPD) bereits vor einem Monat im Zuge einer Diskussion in der Stadtverordnetenversammlung abgegeben habe.

Darin heißt es: Der Magistrat wolle alles dafür tun, dass solche Vorkommnisse "im Interesse der Stadtgesellschaft, der betroffenen Geschäfte und nicht zuletzt zum Schutz der Einsatzkräfte" künftig verhindert werden. Er betonte aber: Er könne der Messe als privater Gesellschaft nicht vorschreiben, mit wem sie Verträge eingeht. Auch könne die Stadt keine juristische Beratung für die Messe übernehmen oder Prozesse für sie führen.

Becher hatte die Messe vorher in einem Brief dazu aufgefordert, als Unternehmen alles "in Ihrer Macht stehende zu tun", um dazu beizutragen, dass sich die Ereignisse nicht wiederholten.

Der Veranstalter des Ertriea-Festivals bezog auf hr-Anfrage bisher keine Stellung zur jüngsten Entscheidung der Messe.

Rund 1.000 Einsatzkräfte bei Krawallen im Einsatz

Im Konflikt um das Festival stehen sich in Deutschland lebende Kritiker und Unterstützer des eritreischen Regimes unversöhnlich gegenüber. Offiziell handelt es sich um eine Kulturveranstaltung, angemeldet vom Zentralrat der Eritreer in Deutschland, der als regierungsnah gilt.

Gegner werfen den Veranstaltern vor, Propaganda für das Regime und Machthaber Isaias Afewerki zu machen und auch Spenden dafür zu sammeln.

Weitere Informationen

Ein-Parteien-Dikatur in Eritrea

Eritrea mit seinen rund drei Millionen Einwohnern liegt im Nordosten Afrikas am Roten Meer und ist international weitgehend abgeschottet. Seit einer jahrzehntelang erkämpften Unabhängigkeit von Äthiopien vor 30 Jahren regiert Präsident Isayas Afewerki in einer Ein-Parteien-Diktatur. Die Meinungs- und Pressefreiheit sind stark eingeschränkt. Es gibt weder ein Parlament noch unabhängige Gerichte oder zivilgesellschaftliche Organisationen. Zudem herrscht ein strenges Wehrdienst- und Zwangsarbeitssystem, vor dem viele Menschen ins Ausland fliehen.

Ende der weiteren Informationen

Bereits im 2022 hatte es gewaltsame Ausschreitungen bei einer ähnlichen Veranstaltung in Gießen gegeben. Im Juli 2023 waren schließlich beim Festival mit rund 2.000 Teilnehmenden zeitweise bis zu 1.000 Einsatzkräfte im Einsatz, es galt zeitweise eine Waffenverbotszone.

Nach den Krawallen hatte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) die Bundesregierung aufgefordert, den eritreischen Botschafter einzubestellen. Die polizeilichen Ermittlungen zu den gewalttätigen Auseinandersetzungen dauern weiterhin an.

Die FDP hat einen Berichtsantrag an den Hessischen Landtag gestellt, der voraussichtlich am 1. September in einer Sitzung des Innenausschuses des Landtags beantwortet werden soll. Dabei sollen Hintergründe der Ausschreitungen aufgearbeitet werden, darunter auch Fragen zur Herkunft und den Zielen der beteiligten Gruppen sowie zu möglichen internationalen Verbindungen zu ähnlichen Vorfällen.

Weitere Informationen Ende der weiteren Informationen