Großaufnahme von zwei Aalen

Nicht nur für die Schifffahrt, auch für die Tierwelt wird das immer trockenere Flussbett des Rheins zum Problem. Den Jungtieren von Aal, Rotfeder und Brasse fehlen die Rückzugsbereiche. Auch Vögel leiden.

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Fische leiden unter Trockenheit

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Karl Schwebel vom Verband Hessischer Fischer wirkt etwas zerknirscht. Rund 60.000 Jungaale haben er und viele Helferinnen und Helfer im Mai zwischen Lampertheim (Bergstraße) und dem Rheingau im Rhein ausgesetzt. Doch jetzt sind die Tiere wegen des anhaltenden Niedrigwassers akut bedroht.

Den Jungaalen fehlen die Verstecke

Nach einer wochenlangen Trockenphase ist der Wasserstand des Rheins stark gesunken. In Oestrich-Winkel (Rheingau-Taunus) lag er am Dienstagmorgen bei 51 Zentimetern. Der für die Schifffahrt kritische Pegel im rheinland-pfälzischen Kaub zeigte gar nur 33 Zentimeter an. Das macht nicht nur den Schiffen, sondern auch den Tieren zu schaffen.

"Für uns und das Land Hessen ist die Situation sehr betrüblich", sagt Schwebel. Um die als gefährdet eingestuften Aale auszusetzen, wurden Stellen ausgesucht, in denen sich die Jungfische gut verstecken können, wie etwa Steinpackungen und Wurzeln nahe der Ufer. Viele dieser Bereiche sind trockengefallen. In der Flussmitte wird es immer enger, dort werden die Jungfische zur leichten Beute für Räuber.

Anfälliger für Krankheiten

Die Enge mache die Fische zudem anfälliger für Parasiten und Krankheiten wie die Rotseuche, sagt Professor Jochen Koop von der Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz. "Das ist wie bei Menschen in der Straßenbahn. Der schmal gewordene Fluss wird zum Hotspot, die Ansteckungsgefahr steigt."

Hinzu kommt die hohe Wassertemperatur und der damit einhergehende Sauerstoffmangel. Das verursacht Stress, was wiederum die Krankheitsanfälligkeit erhöht. Laut Koop kann eine Wassertemperatur von 25 Grad über 40 Tage oder mehr zu einem Massensterben führen.

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Aale im Rhein vor Massensterben?

Jungaale in einem Glas
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Der Wissenschaftler erinnert in diesem Zusammenhang an den heißen Sommer 2003. Damals seien rund 50.000 Aale im Rhein verendet. Bislang liegt die Temperatur des Flusses seit rund 30 Tagen über der kritischen Marke. Auch viele Muscheln seien seinerzeit in den Uferbereichen vertrocknet. Das könnte auch nun wieder drohen.

Illegale Fischerei gefährdet Bestände

Seit Jahren versuchen Naturschützer und Fischereiverbände, den Aalbestand in Hessen zu stabilisieren. Die Fische pflanzen sich nur einmal im Leben fort. Dazu wandern sie viele tausend Kilometer in die Sargassosee vor der Ostküste der USA und sterben. Ihre Nachkommen haben auf ihrem Weg zurück in die Heimatgewässer viele Gefahren zu überstehen.

Besonders dramatisch ist, dass viele Tonnen der Jungaale, so genannte Glasaale, vor der spanischen und französischen Küste illegal abgefischt und nach Asien verkauft werden. Schaffen es doch welche ins europäische Flusssystem, stellen sich ihnen oft unüberwindliche Hindernisse wie Wehre und Schleusen in den Weg – oder sie werden gefressen.

Besatz gemäß EU-Plänen

Mit einer Verordnung will die EU die Europäischen Aale besser schützen. Diese sieht unter anderem Bewirtschaftungspläne vor, die auch die Besatzmaßnahmen entlang des Rheins umfassen. Die Kosten für den hessischen Abschnitt von etwa 30.000 Euro übernimmt Schwebel zufolge das Land.

Durchgeführt wurde die Maßnahme im Mai von Ehrenamtlichen. "Das war ein Einsatz von einem ganzen Tag für viele Freiwillige", erklärt Fischer Schwebel. Es sei ärgerlich, wenn die akute Trockenheit jetzt den Erfolg der Aktion gefährde.

Ein bisschen Verlust ist immer dabei

Man müsse immer davon ausgehen, dass ein gewisser Prozentsatz der Jungtiere auf der Strecke bleibt, erklärt Schwebel. "Das ist ganz normal, so ist die Natur." Die jetzige Lage verschärfe die Situation jedoch.

Ein Problem sieht Schwebel auch für die Brut der Sommerlaicher. "Darunter fallen die ganzen Weißfische wie Rotaugen, Rotfedern und Brassen." Diese Arten legten normalerweise ihren Laich in den nun trockenen Uferbereichen ab. Die noch fahrenden Schiffe verursachten in den engen Fahrrinnen zudem Wellen mit hohem Druck, wodurch viele Jungfische an Land gespült würden.

Auch einige Wasservögel leiden

Gewässerkundler Koop macht sich auch Sorgen um einige Wasservögel. In stehenden Altarmen des Rheins wie an der Rettbergsaue in Wiesbaden bildeten sich zunehmend Bakterien, die Giftstoffe wie Botox ausscheiden. Schwäne, die im flachen Wasser gründeln, könnten dieses aufnehmen. Reiher und Störche fänden außerdem weniger Nahrung, weil sich Frösche und Lurche verkriechen.

Nach Auskunft der Meteorologen könnte es in Hessen am Donnerstag und Freitag heftig regnen. Die trockenen Böden wird dies kaum entlasten, da sie die Niederschläge nicht aufnehmen können. Das abfließende Wasser könnte aber die Pegel in den Bächen und Flüssen wieder etwas ansteigen lassen. Ob das reichen wird, um die Situation im Rhein nachhaltig zu entspannen, bleibt offen.

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