Audio

Klimaaktivisten müssen Polizeieinsätze bezahlen

Auf einer mehrspurigen Straße stehen mehrere Polizistinnen und Polizisten. Auf der Straße sitzen Menschen in Warnwesten.

Wer sich auf Straßen festklebt, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen, muss sich in Hessen auf eine saftige Rechnung einstellen. Dabei gilt laut Innenministerium das Motto: Wer besser klebt, zahlt mehr.

Die Polizei in Hessen stellt Klimaaktivisten wegen ihrer Klebe-Aktionen die Kosten für die Einsätze ihrer Beamten in Rechnung. Das hat das Innenministerium in Wiesbaden auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mitgeteilt. Dabei gilt offenbar die Regel: Je sorgfältiger geklebt wird, desto teurer wird es für die Aktivisten.

Denn die Einsätze würden von Anfang bis Ende genau dokumentiert, dabei würde vor allem die Zahl der aufgebrachten Stunden berücksichtigt, die Polizisten beim Einsatz verbringen, teilte das Ministerium mit. Weiterer Kostenfaktor seien die benötigten Einsatzmittel, um die Aktivisten von der Straße zu lösen. Und natürlich die Zahl der Beamten. Daraus ergebe sich eine "Kostentragungspflicht".

Bisher 20 Verfahren in Hessen

In Hessen seien bisher 13 Klima-Kleber der Aktivistengruppe "Letzte Generation" für Einsätze der Polizei zur Kasse gebeten worden. Dabei hätten sich die Kosten auf insgesamt 2.800 Euro belaufen, das macht im Schnitt rund 215 Euro pro Person. Weitere sieben solcher Verfahren laufen derzeit noch.

Deutlich teurer war eine Abseilaktion an der A3 nahe Wiesbaden im Oktober 2020. Dort hatten drei Menschen aus Protest gegen Rodungen für den Bau der Autobahn 49 im Dannenröder Forst bei Stadtallendorf (Marburg-Biedenkopf) und weiteren Waldgebieten den Verkehr blockiert und einen größeren Polizeieinsatz provoziert. Hier beliefen sich die Kosten auf insgesamt 13.393,90 Euro. Eine Teilnehmerin weigerte sich, ihren Anteil daran zu bezahlen - zu Unrecht, wie das Verwaltungsgericht Gießen kürzlich entschied.

Auch im Rahmen der Einsätze im Dannenröder Forst sowie dem Fechenheimer Wald wurden nach Angaben des Ministeriums Kostentragungspflichten einzelner Personen in Rechnung gestellt. Bei den Aktionen ging es um die Räumung von Protestcamps.

Zuständig für die Prüfung und Erhebung der Gebühren ist das hessische Polizeipräsidium für Technik.

Justizminister stellt Aktivisten auf eine Stufe mit Terroristen

Hessens Justizminister Roman Poseck (CDU) hatte kürzlich eine Diskussion über höhere Strafen für Klimaaktivisten angestoßen. Er halte es "unter Umständen" auch für möglich, diese als Terroristen zu bestrafen. Die Dimension der Proteste mache ein konsequentes Handeln des Staates erforderlich, sagte Poseck zur Begründung. Blockaden dürften nicht hingenommen werden, wenn sie unzählige Menschen und auch Rettungswege beträfen, womit Lebensgefahr ausgelöst werde. 

Vertreter der oppositionellen Landtagsfraktionen SPD, FDP und Linke reagierten darauf mit scharfer Kritik. Die Linke etwa warf Poseck Populismus vor, SPD-Fraktionschef Günter Rudolph erinnerte daran, dass das Strafgesetzbuch für Gesetzesverstöße der Klimaschützer angemessene Strafen vorsehe.

Schulterschluss mit der "Letzten Generation" in Marburg

Bundesweite Schlagzeilen schrieb jüngst Marburgs Oberbürgermeister Thomas Spies (SPD) mit einer Art Schulterschluss mit der "Letzten Generation". Spies erklärte, er solidarisiere sich mit den Zielen der Aktivisten und forderte die Bundesregierung auf, diese ebenfalls wohlwollend zu prüfen. Im Gegenzug hatte die "Letzte Generation" erklärt, auf weitere Proteste in Marburg verzichten zu wollen.

Mit seinem Vorgehen zog Spies nicht nur Ärger aus der Marburger Stadtverordnetenversammlung auf sich, sondern auch Rügen aus der Bundes- und Landespolitik. Justizminister Poseck sprach von einem "fatalen Signal, wenn jetzt einzelne Oberbürgermeister Kompromisse mit der Letzten Generation eingehen, um weitere Straftaten in ihrer Stadt zu verhindern".

Seit Anfang 2022 blockiert die "Letzte Generation" immer wieder Autobahnausfahrten und Knotenpunkte in Innenstädten. Die Aktivisten kleben sich auf den Straßen fest oder seilen sich von Autobahnbrücken ab. Im Frankfurter Städel klebten zwei Aktivisten ihre Hände an den Rahmen eines Gemäldes von Nicolas Poussin - gegen den "tödlichen fossilen Kurs" der Bundesregierung.

Weitere Informationen Ende der weiteren Informationen