War was? Stoppt die Dönerflation!
Die Preise für den Döner steigen immer weiter. War was? ist empört und fordert ein Ende der Dönerflation.
Hessen, das Bundesland, in dem immer was los ist. An dieser Stelle wirft unser Kolumnist Stephan Reich mit seiner Glosse "War was?" jeden Freitag einen ganz eigenen Blick auf die Nachricht der Woche. Nehmen Sie diesen Blick bitte keinesfalls ernst.
Um die Jahrtausendwende herum trat der Döner in mein Leben. Damals eröffnete im beschaulichen Melsungen, wo ich aufwuchs, der Dönergrill am Marktplatz. Ich war ein Teenager, und als ich das erste Mal in einen Döner biss, war das eine Offenbarung. Die Wolkendecke brach auf und der liebe Gott schickte knoblauchfarbene Sonnenstrahlen zur Erde. Meine Augen rotierten mir im Schädel wie die Zahlen eines Spielautomaten beim Jackpot-Gewinn. Meine Zunge rollte bis auf den Boden aus wie ein roter Teppich. Und um meinen Kopf herum flogen kleine Engelchen mit Flügeln aus Dönerfleisch, und auf ihren kleinen Trompeten trompeteten sie "Freude, schöner Götterfunken, mit scharf".
Na ja, so ungefähr. Auf jeden Fall schmeckte der Döner wirklich sensationell und war fortan fester Bestandteil meines Teenager-Lebens und jenes meiner Freunde. Wann immer es Zeit und Taschengeld zuließen, holten wir uns nach der Schule einen Döner. Er war ein so dominanter Teil unserer Speisekarte, dass er mit der Zeit eine Art Währungseinheit für uns wurde. Ein Döner kostete 2,50 Euro, fortan rechneten meine Kumpel und ich alles in Döner um. Ein Sparmenü bei McDonald's? Drei Döner. Die neue CD von Limp Bizkit? Sieben Döner. Die beim Schulsport zerschossene Turnhallen-Fensterscheibe? 180 Döner, für die aber glücklicherweise die Haftpflicht aufkam.
Träne aus Zaziki
Meine Dönertage sind lange vorbei (warum eigentlich?), dennoch las ich mit Bestürzung von den aktuellen Dönerpreisen in Hessen. Mittlerweile wohne ich in Frankfurt, wo eh alles teurer ist, letztens kaufte ich mir einen Coffee to go und war überrascht, als ich nach der Transaktion nicht die gesamte Kaffeemaschine ausgehändigt bekam. Der Preis eines Döners jedenfalls liegt in Frankfurt mittlerweile bei etwa zehn Euro, in ganz Hessen steigt er in ähnliche Sphären. Da läuft meinem inneren 16-Jährigen eine traurige Träne aus Zaziki die Wange herab.
Verdammt, der Döner! Er ist doch deutsches Kulturgut. Erfunden einst in Berlin, 1972, so will es die Legende, dann exportiert ins ganze Land und in die Welt, kulinarische Völkerverständigung, ein in Alufolie gewickelter, schmackhafter, warm-würziger Freund in der Not. Tagsüber ein Snack, nachts oft ein Lebensretter, immer da, immer nah, immer erschwinglich, noch Stunden später als Knoblauchwolke existent, auf der man sachte durch die Anstrengungen des Alltags schwebt.
Ein Blick auf den Big-Mac-Index
Und jetzt unbezahlbar? Bemühe ich meine Währungseinheit von damals, kostet ein Döner mittlerweile vier Döner. Ich bekomme also nur noch ein Viertel Döner für meinen Döner. Ein Skandal, eine horrende Dönerflation. Und was sagt das über den Zustand unserer Wirtschaft aus? Es gibt ja beispielsweise auch den Big-Mac-Index, der die Kaufkraft verschiedener Währungen anhand der Preise für einen Big Mac in verschiedenen Ländern bemisst. Aber wer will schon einen Big Mac?
Ich würde die Preise den Dönerverkäufern übrigens niemals vorwerfen. Sie liegen an den gestiegenen Kosten für Personal, Zutaten und Energie. "Döner ist leider im Bereich Billig-Fast-Food, obwohl er inhaltlich gut gefüllt ist. Für einen Hamburger sind die Leute bereit, viel zu bezahlen", sagt beispielsweise Mazlum Bavli, der Geschäftsführer von Crunchy Kebab in Kassel.
0,549 Döner in Frankfurt
Und er hat Recht. Ein Blick auf den Big-Mac-Index ergibt, dass der Big Mac hierzulande aktuell 5,49 Euro kostet. Das sind 2,196 Döner in Melsungen früher und 0,549 Döner aktuell in Frankfurt. Ist das nun günstig oder teuer? Ich bin mir nicht mehr sicher. Wahrscheinlich sogar günstig, bei mir schwingt ja sogar noch eine gute Portion Nostalgie mit, selige Erinnerungen an eine einfachere Zeit. Und die sind ja sowieso unbezahlbar.
Sendung: hr-fernsehen, mex, 14.02.2024, 20.15 Uhr
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