Der Weihnachtszirkus in Wiesbaden.

Wiesbaden hat dem in der Stadt gastierenden Weihnachtszirkus eine Show mit Löwen verboten. Das Veterinäramt sah eklatante Mängel beim Tierschutz. Der Zirkus reagierte mit Verständnis.

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Haltungsbedingungen schlecht und fehlende Dokumente – keine Löwenshow in Wiesbaden

hs
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Die Show wurde als "absolutes Highlight" angekündigt: "The Lion King - Hynek Navratil aus Tschechien präsentiert Europas zweitgrößte Löwengruppe erstmals in Wiesbaden."

Vom 21. Dezember bis 7. Januar will der "Wiesbadener Weihnachtscircus" auf dem Festplatz Gibber Kerb im Stadtteil Biebrich laut Werbung "eine Show für alle Generationen" bieten. Dazu sei unter anderem Navratil "mit 14 afrikanischen Löwen" nach Wiesbaden gekommen, wie der Zirkus mitteilte. Das lasse die Herzen der Wiesbadener Tierfreunde höher schlagen.

Doch der Weihnachtszirkus hat die Rechnung ohne das Veterinäramt der Stadt gemacht.

Stadt: mehrere Vor-Ort-Termine

Die Behörde stoppte die Löwen-Show "nach ausgiebiger Prüfung und mehreren Vor-Ort-Terminen", wie sie mitteilte. Behörden-Mitarbeitende hätten bei ihren Kontrollen "eklatante Mängel im Hinblick auf tierschutz- und tierseuchenrechtliche Anforderungen festgestellt", erklärte Tierschutzdezernentin Milena Löbcke (Linke).

Diese Mängel führten laut der Mitteilung vom Mittwoch dazu, dass die beantragte Erlaubnis für den Auftritt der Löwen-Show nicht erteilt werden konnte. Am Donnerstag sollten die Tiere abtransportiert werden - ins Winterquartier des Dompteurs.

Abtransport der Löwen am Donnerstag in Wiesbaden.

Haltungsanforderungen nicht erfüllt

Die Stadt hatte ihre Entscheidung auch damit begründet, dass der Dompteur dem Veterinäramt keine ausreichende Qualifikation im Umgang mit den Tieren habe vorweisen können. Zudem seien die Tiere vor Ort, entgegen vorheriger Angaben, nicht entsprechend tierschutzrechtlicher Vorgaben untergebracht worden.

Da der Dompteur die Haltungsanforderungen nicht erfülle, könne die Genehmigung zum Auftritt der Löwen nicht erteilt werden. "Zum Schutz der Tiere musste entsprechend gehandelt werden", teilte Tierschutzdezernentin Löbcke weiter mit.

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Sind Zirkustiere noch zeitgemäß?

Zirkus zeigt Verständnis

Der Zirkus reagierte mit Verständnis auf das Verbot seiner Löwen-Show. Da das Tierwohl an erster Stelle stehe und die tierschutzrechtlichen Bestimmungen seitens des Dompteurs nicht eingehalten werden könnten, habe man sich gemeinsam mit dem Veterinäramt zu diesem Schritt entschlossen, teilte der Zirkus am Donnerstag mit.

Man habe im Vorfeld von dem Dompteur über die Haltung der Tiere vorbildliches Material erhalten, erläuterte ein Sprecher. Daher habe man mit gutem Gewissen den Vertrag mit ihm abgeschlossen. Die jetzige Situation passe jedoch mit dem vorgelegten Material nicht zusammen. "Nach wie vor stehen wir hinter dem traditionellen Zirkus, jedoch unter den Bedingungen, die eine tiergerechte Haltung garantiert", erklärte der Zirkus.

Der Zirkus muss also ab sofort ohne sein Highlight auskommen. Die mitgebrachten dressierten Pferde, Hunde und Kamele dürfen aber wie geplant in die Manege.

Schwierige Rechtslage

Das Land Hessen setzt sich seit Jahren im Bundesrat für ein Verbot von verschiedenen Wildtieren im Zirkus ein und hat entsprechende Beschlüsse erwirkt. "Es ist seit Jahrzehnten bekannt, dass Wildtiere in einem reisenden Zirkusunternehmen in ihrer Bewegung und artgerechten Verhalten hochgradig eingeschränkt werden und dadurch anhaltend leiden", argumentierte die Landestierschutzbeauftragte Madeleine Martin (parteilos).

Die Vorstöße scheiterten allerdings immer im Bundestag. Während in den meisten EU-Ländern die Wildtierhaltung im Zirkus inzwischen teilweise oder ganz verboten ist, müssen in Deutschland letztlich die Kommunen darüber entscheiden, ob sie Auftritte von Wildtieren zulassen oder unterbinden.

Rechtlich ist das allerdings nicht ganz einfach, wie das Beispiel aus Rodgau (Offenbach) zeigt. Dort hatte 2022 ein Zirkus den Antrag gestellt, samt Tieren aufzutreten. Konkret ging es um den Auftritt von Pferden, Trampeltieren, Lamas, Ziegen, Rindern und Hunden.

Die Stadt lehnte ab, woraufhin der Betreiber klagte - und vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt in Teilen Recht bekam. Der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, generell keine Veranstaltungen mit Tieren wie in Zirkussen oder auf Jahrmärkten mehr zuzulassen, befand das Gericht damals als "rechtsfehlerhaft": Die Einschränkung greife "unzulässig in Grundrechte der Antragsteller" und somit in die Freiheit der Berufsausübung ein.

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