Plakat vor Haus

Rund um eine AfD-Veranstaltung in Rabenau bei Gießen liegen die Nerven blank: Auf der Straße gibt es lautstarke Auseinandersetzungen und im Nachgang erstattet der SPD-Bundestagsabgeordnete Felix Döring Anzeige - wegen eines Vergleichs mit KZ-Arzt Josef Mengele.

Videobeitrag

Video

Nazivergleich bei AfD-Veranstaltung

Veranstaltung der AFD
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Der Wahlkampf hat begonnen, auch bei der AfD in Mittelhessen. Am Samstag hatten die AfD-Kreisverbände Vogelsberg und Gießen zur Auftaktveranstaltung ins Dorfgemeinschaftshaus in Rabenau-Geilshausen (Gießen) geladen. Rund 40 Menschen waren erschienen, rund 100 zu einer zuvor angemeldeten Gegendemonstration.

Während Veranstaltung und Gegendemonstration friedlich verliefen, kam es allerdings auf der Straße vor dem Dorfgemeinschaftshaus zu verbalen Auseinandersetzungen zwischen Teilnehmern und Vertretern der AfD mit einem Video-Reporter der regionalen Videogruppe "Hessencam".

Über eine Million Ansichten

Ein etwa 90 Sekunden langer Videoclip von dem Abend macht nun die Runde auf X (früher Twitter) und wurde bereits über eine Million mal angesehen. Inzwischen hat "Hessencam" auch ausführlicheres Videomaterial auf Youtube veröffentlicht.

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Darauf ist unter anderem zu sehen, wie ein Mann den Video-Reporter immer wieder anschreit und auffordert, das Filmen einzustellen. Inzwischen ist bekannt: Bei dem Mann handelt es sich um Gert Morgenthaler, derzeit AfD-Bürgermeisterkandidat für Ulrichstein (Vogelsberg).

Veranstaltungsbesucher: "Ich bin Nationalsozialist"

Zudem zeigt das Video die Aussage eines Veranstaltungsbesuchers, der sich selbst auf dem Weg dorthin offen als "Nationalsozialist" bezeichnet. "Sie können mich am Arsch lecken!", sagt er offensichtlich wütend zu dem Kameramann. Kurz darauf wird er von Morgenthaler in Empfang genommen.

Für besondere Aufregung sorgt im Nachgang auch eine Szene: Ein Besucher zieht einen Vergleich mit NS-Kriegsverbrecher und KZ-Lagerarzt Josef Mengele, mutmaßlich bezogen auf den SPD-Bundestagsabgeordneten Felix Döring, der an der Gegendemonstration teilnimmt.

Im Video sagt der Mann wörtlich: "Der Dr. Mengele ist auch da, guck". Es folgt ein Schnitt zu einem Fahrzeug der SPD, auf dem Wahlkampfwerbung mit Dörings Portrait zu sehen ist. Auf Rückfrage des Reporters, wen genau er meine, antwortet der Mann: "Dieser Verbrecher hat für die Impfpflicht gestimmt."

Hessencam-Reporter beschreibt aufgeheizte Stimmung

"Hessencam" ist nach eigenen Angaben ein Jugendbildungsprojekt zur Demokratieförderung, betrieben von der Katholischen Kirchengemeinde Unsere Liebe Frau Wetzlar. Federführend steht dahinter der Wetzlarer Pastoralreferent Joachim Schaefer, der am Wochenende auch die Aufnahmen machte und online stellte.

Mann vor PC-Bildschirm mit Videoaufnahme eines Manns

Gegenüber dem hr sagte Schaefer später zu dieser Situation: Aus seiner Sicht habe sich der Mann mit dem Mengele-Vergleich eindeutig auf Döring bezogen und auf das SPD-Fahrzeug gezeigt.

Schaefer spricht von einer insgesamt aufgeheizten Stimmung. Er sei an dem Abend immer wieder lautstark angegangen und beleidigt worden. Mehrfach habe man ihn bei Interviews gestört und versucht, ihn wegzuschicken.

SPD-Bundestagsabgeordneter Döring erstattet Anzeige

Der Bundestagsabgeordnete Döring sagte im Nachgang über den Vorfall: "So etwas geht überhaupt nicht, und das werde ich mir auch nicht gefallen lassen." Im Gespräch mit dem hr erklärte er: Für ihn sei so etwas keine legitime Form der Meinungsäußerung oder Debatte, er habe den Vorfall umgehend zur Anzeige gebracht.

Döring sieht darin ein Zeichen für die voranschreitende Radikalisierung innerhalb der AfD. Insgesamt werde aus seiner Sicht die Stimmung auf derartigen Veranstaltungen in letzter Zeit immer aggressiver. "Der Diskurs darf sich nicht immer weiter nach rechts verschieben."

AfD-Kreisverbände distanzieren sich

Die AfD-Kreisverbände Gießen und Vogelsberg bezogen auf hr-Anfrage ebenfalls Stellung und distanzierten sich sowohl von dem Veranstaltungsbesucher, der den Mengele-Vergleich aufstellte, als auch von dem, der sich selbst als "Nationalsozialist" bezeichnet hatte. AfD-Mann Morgenthaler habe dessen Aussage nicht gehört, bevor er ihn begrüßt habe.

Die Veranstalter teilten mit: Die auf dem Video getätigten Aussagen seien "nicht zu tolerieren". Es handle sich nicht um Mitglieder der AfD oder Personen, die anderweitig mit der Partei in Kontakt stünden. Man verurteile die Äußerungen "aufs Schärfste" und prüfe derzeit, inwieweit man gegen die Männer strafrechtlich vorgehen könne.

Das "teilweise erregte Verhalten" Morgenthalers erklärten die Kreisverbände damit, dass man dies im Kontext mit dem aus Sicht der AfD "übergriffigen Verhalten" des Kameramanns Schaefer betrachten müsse. Dieser habe in der Vergangenheit mehrfach Besucher von AfD-Veranstaltungen "bedrängt" und "subtil provoziert", heißt es.

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