Polizisten schieben Festgenommmenen in ein Polizeiauto

Nach der Großrazzia in der "Reichsbürger"-Szene im Dezember bleiben 22 Beschuldigte in Untersuchungshaft. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. In Hessen waren drei Personen - darunter der mutmaßliche Rädelsführer - festgenommen worden.

Wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Mittwoch mitteilte, bleiben die 22 Beschuldigten unter anderem wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft. Der BGH hatte nach sechs Monaten - wie gesetzlich vorgeschrieben - die Rechtmäßigkeit der Untersuchungshaft geprüft.

"Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hatte die Haftgründe der Fluchtgefahr und - weitgehend auch - der Schwerkriminalität angenommen", heißt es in der Mitteilung. "Der besondere Umfang und die besondere Schwierigkeit des Verfahrens haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen die Haftfortdauer."

Die Gruppe soll geplant haben, das politische System in Deutschland mit Waffengewalt zu stürzen und eine neue Regierung zu installieren. Es habe einen militärischen Arm gegeben, der Waffen beschaffen sollte. Die Beteiligten hätten auch Tote in Kauf genommen.

BGH: "Hochwahrscheinlich" terroristische Vereinigung

Den bisherigen Erkenntnissen zufolge handelte es sich bei der Gruppierung "hochwahrscheinlich" um eine terroristische Vereinigung, teilte der BGH weiter mit.

"Denn sie bestand aus mehr als zwei Personen, war auf längere Dauer angelegt, hatte eine organisatorische Struktur und verfolgte mit der Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland sowie der Schaffung eines neuen deutschen Staatswesens ein übergeordnetes gemeinsames Interesse."

Bei 20 Beschuldigten bejahte der BGH den dringenden Verdacht der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung sowie der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens. Darunter ist auch ein Beschuldigter, dem bislang nur Unterstützung einer solchen Vereinigung vorgeworfen worden war. Bei den beiden anderen geht es nach wie vor nur um Unterstützung.

Festnahmen auch in Frankfurt, Wetzlar und Heppenheim

Die Bundesanwaltschaft hatte Anfang Dezember 25 Verdächtige in Deutschland, Österreich und Italien festnehmen lassen, darunter eine ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete, Ex-Offiziere und Polizeibeamte. Manche wurden zwischenzeitlich aus der U-Haft entlassen.

Damals hatte es auch drei Festnahmen in Hessen gegeben: In Frankfurt war ein mutmaßlicher Rädelsführer, Heinrich XIII. Prinz Reuß, festgenommen worden, in Wetzlar (Lahn-Dill) Alexander Q., Betreiber eines Telegram-Kanals über Verschwörungstheorien. Außerdem soll in Heppenheim (Bergstraße) das frühere AfD-Mitglied Ruth L. festgenommen worden sein, die dort astrologische Bücher vertrieben hatte.

Die Einsatzkräfte stellten bei den Razzien und Festnahmen unter anderem zahlreiche Waffen sicher. Weitere Beschuldigte gerieten nach und nach ins Visier, inzwischen wird gegen mehr als 60 Menschen ermittelt.

MDR: Reichsbürger hofften auf Russland

Die mutmaßlichen Verschwörer hofften bei ihren Umsturzplänen offenbar auf die Hilfe Russlands. Wie der MDR am Mittwoch berichtete, fanden Ermittler bei der Großrazzia bei einem der Festgenommenen einen E-Mailverkehr mit dem russischen Generalkonsulat in Leipzig.

Darin sollen die Verfasser um ein persönliches Treffen im Generalkonsulat gebeten haben. Sie hätten sich als "klar pro-russisch" ausgegeben und mitgeteilt, dass man die Berichterstattung der deutschen Medien über den Ukraine-Krieg für einseitig halte. Das Konsulat habe die Bitte um ein Treffen erwidert und den 8. Dezember vorgeschlagen. Dazu sei es wegen den Festnahmen am Vortag aber nicht mehr gekommen.

Offenbar hatte es laut den MDR-Recherchen immer wieder die Hoffnung in der Gruppe um den Frankfurter Prinzen Reuß gegeben, dass Russland einen Aufstand und die Destabilisierung der Bundesrepublik befürworte. Ein entsprechendes Signal habe die Gruppe aber nicht enthalten, was zu Frust geführt habe.

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