Die schwarz-grüne Landesregierung hat ihre Finanzpläne für die kommenden zwei Jahre vorgelegt. Trotz Krisenmodus hält Hessen an der Schuldenbremse fest. "Unverantwortlich", heißt es aus der Opposition.

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Landesregierung präsentiert Haushaltspläne

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Ob Ukraine-Krieg und steigende Energiekosten, Inflation, Pandemie oder Klimawandel: Die schwarz-grüne Landesregierung sieht das Land gut für die Überwindung der vielen aktuellen Krisen gerüstet. "Wir werden die Herausforderungen meistern“, sagte Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) am Freitag in Wiesbaden.

Gemeinsam mit Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) stellte der Regierungschef den Entwurf für den Doppeletat des Landes für die kommenden zwei Jahre vor. Er sieht Einnahmen und Ausgaben von jeweils rund 33,7 Milliarden Euro im Jahr 2023 und rund 34,7 Milliarden Euro im Jahr 2024 vor.

Das Land plant unter anderem Rekord-Investitionen in Höhe von erstmals mehr als drei Milliarden Euro. Die Schuldenbremse soll trotzdem eingehalten werden. Statt neuer Schulden sei vielmehr 2024 vorgesehen, rund 110 Millionen Euro zu tilgen.

Entlastungspaket noch nicht dabei

Weil über die Aufteilung der Kosten noch gestritten wird, findet sich noch kein Beitrag des Landes für seine Beteiligung am dritten Entlastungspaket des Bundes im Etatentwurf. Rhein sprach von zusätzlichen Ausgaben in Höhe von vermutlich rund zwei Milliarden Euro.

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Landesregierung präsentiert Doppelhaushalt für 2023 und 2024

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Den Doppel-Etat hat das Kabinett beschlossen, er wird demnächst im Landtag beraten. Seine geplante Dauer reicht über die Legislaturperiode hinaus, die nach den Landtagswahlen im Herbst 2023 endet. Unter anderem sind vorgesehen:

  • 1,8 Milliarden Euro für den Klimaschutz. "Das gehört in den Mittelpunkt unseres Handelns", sagte Rhein. Die Energiewende sei die langfristige Lösung der Energiekrise, sagte Al-Wazir. Die Mittel für Energieberatung steigen.
  • An den Schulen sind rund 4.000 neue Stellen vorgesehen, an den Hochschulen 120. In Wissenschaft, Forschung und Lehre will das Land 2023 und 2024 gut 500 Millionen Euro investieren.
  • Die Justiz soll in den zwei Jahren 447 neue Beschäftigte einstellen können, 45 die Polizei und der Verfassungssschutz .
  • Für die Krankenhäuser und ihre Infrastruktur ist eine Milliarde Euro vorgesehen.
  • In die Digitalisierung sollen 600 Millionen Euro fließen.

Schuldenbremse zur Krisenbekämpfung?

Finanzminister Boddenberg verteidigte das Festhalten an der Schuldenbremse. Sie sei selbst ein Instrument der Krisenbewältigung, schaffe Vertrauen und wirke der Inflation entgegen. Als Vorsorge für "weitere krisenhafte Entwicklungen" verfügt das Land laut Entwurf für 2023 noch eine 200-Millionen-Euro-Rücklage.

Die Pläne zeigen laut Wirtschaftsminister Al-Wazir, dass die schwarz-grüne Landesregierung Kurs halte "und dass wir als Koalition handeln". Man könne im Rückblick auf die Corona-Pandemie Mut schöpfen. Gemeinsame Anstrengungen und staatliche Maßnahmen hätten gewirkt, wie die Wirtschaftszahlen zeigten.

Ein Gipfel und harte Verhandlungen

Auf einem Sozialgipfel soll es Ende kommender Woche um konkrete Hilfen gehen, nach dem ein Gasgipfel im August weitgehend ergebnislos verlaufen war. Auf der Tagesordnung stehen laut Ministerpräsident Rhein auch Verhandlungen über einen Verzicht auf Gas- und Stromsperren. Sein Stellvertreter Al-Wazir sagte: "Wir müssen und werden alles Nötige tun, um niemanden im Regen stehen zu lassen."

Zum vor allem wegen der Finanzierung umstrittenen dritten Entlastungspaket der Bundesregierung werde Hessen seinen Beitrag leisten, betonte Rhein. Er wiederholte aber seine Forderung nach Mitsprache und mehr Geld vom Bund.  Finanzminister Boddenberg sagte, er rechne mit harten Verhandlungen.

Umstritten ist unter anderem die ÖPNV-Finanzierung mit einer Nachfolgeregelung für das bundesweit geltende Neun-Euro-Ticket, das Ende August nach drei Monaten auslief.

Hohe Kosten kommen auf Hessen auch zu, weil das Entlastungspaket eine Reform des Wohngeldes vorsieht. Der Kreis der Empfänger soll ab 2023 wegen der Teuerung auf bis zu zwei Millionen Bezieher steigen – eine Verdreifachung. Das Budget für Sozialwohnungen und Wohngeld soll dem hessischen Doppeletat-Entwurf zufolge in den kommenden zwei Jahren im Schnitt um zehn Prozent steigen.

Lob von der Wirtschaft, Kritik von der Opposition

Lob für den Umgang mit der Schuldenbremse kam prompt von der Wirtschaft. Von einem "guten Zeichen der Stabilität" sprach die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU). Die Oppositionsfraktionen im Landtag fanden dagegen kaum ein gutes Wort für die Etatpläne der Landesregierung. Aus unterschiedlichen Gründen befanden sie den Entwurf für völlig ungeeignet, um das Land durch die Energiekrise zu bringen.

SPD-Haushaltsexperte Marius Weiß warf der Regierung vor, sie stelle nicht die Probleme im Land in den Mittelpunkt, sondern orientiere sich am aufziehenden Landtagswahlkampf von CDU und Grünen. So könnten die 4.000 neuen Stellen für die Schulen wegen einer verfehlten Studienpolitik gar nicht besetzt werden. Die Zahl werde wohl für CDU-Wahlplakate gebraucht.

Ein Personalzuwachs von nicht einmal 25 Stellen jährlich bei der Polizei sei "geradezu lächerlich", sagte Weiß. Gerade gemessen an zusätzlichen Steuereinahmen von fünf Milliarden Euro sei der Etat enttäuschend.

Linke: Not wird nicht abgefedert

"Der Haushalt ist fantasielos und geht an den Bedürfnissen der Menschen vorbei", sagte Marion Schardt-Sauer von der FDP. Es brauche zielgenauere Maßnahmen, zum Beispiel für den Mittelstand. Die neuen Stellen für Polizei und Justiz seien zu wenig, aber ein richtiger Schritt. Lob äußerte die FDP-Haushaltsexpertin für das Bekenntnis zur Schuldenbremse.

Als "unverantwortlich" bewertet es dagegen Linken-Fraktionschef Jan Schalauske, dass die Regierung der Krise "hinterherspart". Mit der Schuldenbremse als Last und Investitionsbremse drohe nun "ein dramatischer Kahlschlag in allen Bereichen". Konkrete Maßnahmen zur Abfederung sozialer Not wie ein Härtefallfonds fehlten völlig.

Eine "illusorische Lageeinschätzung" warf die AfD der Landesregierung vor. Nach Meinung ihres haushaltspolitischen Sprechers Erich Heidkamp gibt es weitere Spielräume zum Sparen, etwa an "fragwürdigen Klimaausgaben". Das Geld könne man besser in die Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen und industriellen Struktur verwenden.

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