Eine Hochschule mit 4.000 Studierenden und eine Polizeibehörde unter einem Dach: Hessens Innenminister Peter Beuth hat in Wiesbaden die HöMS offiziell eröffnet. Muss er sie bald wieder schließen?

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Streit über neue Polizei-Hochschule

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In Wiesbaden ist die Hessische Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit (HöMS) am Freitag offiziell eröffnet worden. Die Einrichtung ist schon seit Anfang des Jahres am Start. Sie vereint unter einem Dach und einer Führung eine Hochschule mit einer Polizeibehörde – "ein bundesweit einmaliger Weg", wie Innenminister Peter Beuth (CDU) in einer Feierstunde betonte.

3.900 Menschen studieren an den Standorten in Wiesbaden, Kassel, Gießen und Mühlheim (Offenbach) derzeit: 2.800 im Fachbereich Polizei, 1.100 im Fachbereich Verwaltung. Im Wettstreit um die klügsten Köpfe für den Landesdienst habe Hessen eine moderne und zentrale Aus-, Fort- und Weiterbildungsstätte geschaffen, sagte Beuth.

Land will attraktiverer Arbeitgeber werden

Die Hochschule führt drei Einrichtungen zusammen, die es zuvor für Aus- und Fortbildung von Polizisten und Verwaltungsmitarbeitern gab: die Hochschule für Polizei und Verwaltung, die hessische Polizeiakademie und die Zentrale Fortbildung Hessen. Das stärkt laut Beuth den gesamten öffentlichen Dienst und macht das Land zu einem attraktiveren Arbeitgeber.

So könnten Lehr- und Verwaltungspersonal fachbereichsübergreifend eingesetzt werden. Der wissenschaftliche Betrieb werde attraktiver, weil man demnächst an der HöMS auch promovieren können soll. Als Beispiel für die angelaufene Professionalisierung nennt das Innenministerium die Forschungsstelle für "Extremismusresilienz", die im kommenden Wintersemester an den Start geht. In ihr sollen nach den Affären um rechte Umtriebe bei der hessischen Polizei unter anderem vorbeugende Konzepte entwickelt werden.

Man wolle nun "unseren Platz in der Hochschullandschaft festigen beziehungsweise weiter ausbauen", sagte HöMS-Präsident Walter Seubert. Er wurde im Sommer ernannt, nachdem er die Hochschule zunächst kommissarisch führte. Seubert war knapp sechs Jahre lang bis Ende 2020 Vize-Präsident des Polizeipräsidiums Frankfurt. Er war für die CDU kommunalpolitisch aktiv, unter anderem in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung.

Innenminister Beuth (l.) und HöMS-Präsident Seubert

Politischer Einfluss zu groß?

Dass die Hochschule zugleich polizeibehördliche Aufgaben übernimmt, ist hoch umstritten. Ob sie in dieser Form Bestand hat oder verfassungswidrig ist, entscheidet der Hessische Staatsgerichtshof. Seit Ende Juni läuft eine von den Oppositionsfraktionen SPD und FDP gemeinsam angestrengte Verfassungsklage. Auch die AfD hat geklagt.

Die Kritiker werfen dem Innenminister vor, eine unerlaubte Mischform aus Hochschule und Polizeibehörde geschaffen zu haben. Der politische Einfluss auf die Hochschule sei zu groß und deshalb verfassungswidrig. Die gebotene Staatsferne werde nicht gewahrt, die Freiheit der Wissenschaft sei durch politische Eingriffe in Gefahr. Der FDP-Innenexperte Stefan Müller befand zur HöMS-Eröffnung: Beuth wolle "die Macht, in die Hochschule hineinzuregieren" und "seinen Einfluss auf die Studieninhalte unserer Polizistinnen und Polizisten ausdehnen".

Polizeiwissenschaftler: Warum machen die Grünen da mit?

Der Jurist und Polizeiwissenschaftler Thomas Feltes sieht es ähnlich. "Es ist nicht Aufgabe einer Hochschule, einen Innenminister zufrieden zu stellen", sagte er dem hr. Er verstehe nicht, dass die Grünen als Koalitionspartner der CDU das mitmachten. Die HöMS-Konstruktion passe zu dem bedauerlichen Trend, dass sich die Polizei aus der Gesellschaft "ins Schneckenhaus“ zurückziehe. Verlorenes Vertrauen werde sie so nicht gewinnen - im Gegenteil. 

Beuth könne den Präsidenten letztlich aussuchen und nach Belieben entlassen, lautet ein Hauptvorwurf der Kritiker. Der Präsident sei in einer nicht hinnehmbaren Doppelrolle sowohl Chef der Hochschule als auch polizeilicher Dienstherr.

In eine ähnliche Richtung wie im Fall der HöMS gehen die Vorwürfe bei einer anderen Verfassungsklage, die SPD und FDP erst diese Woche erhoben haben. Sie richtet sich gegen den Beschluss der Regierungskoalition, die Spitze des Landeskriminalamtes (LKA) mit einem politischen Beamten oder einer Beamtin zu besetzen. Auch in diesem Fall klagt die AfD mit den gleichen Argumenten gegen die Regelung. Auch hier lautet der Vorwurf: Beuth wolle durchregieren, wo Unabhängigkeit geboten ist.

Wissenschaftsstaatssekretärin Ayse Asar (Grüne) ging auf die Kritik indirekt ein, indem sie die Neuordnung der Polizeihochschule als "wichtigen Weg zu Hochschulautonomie und Wissenschaftsfreiheit" bezeichnete. Hochschule und Polizeibehörde unter einem Dach zu haben sei "nicht trivial".

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