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Grüne wollen Zinsbremse statt Hessengeld

Baustelle eines Eigenheims

Wer sich erstmals ein Haus kauft, bekommt jetzt Hessengeld. Die Grünen halten CDU-Ministerpräsident Rhein den Bruch eines Wahlversprechens vor und kontern mit dem Vorschlag einer "Zinsbremse". Großverdiener kämen nicht in den Genuss.

Mission erfüllt – das meldete Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) gleich mehrfach, als vor kurzem die 100-Tage-Bilanz der schwarz-roten Landesregierung anstand. Ganz oben auf der Liste stand für ihn das Hessengeld, mit dem er schon den Landtagswahlkampf erfolgreich bestritten hatte.

"Grunderwerbsteuer geht aufs Haus" – dieses Versprechen hat Rhein nach Meinung der seit Januar oppositionellen Grünen aber gebrochen. Denn die Grunderwerbsteuer für die erste selbstgenutzte Immobilie werde gar nicht wie angekündigt direkt beim Kauf erstattet, sondern über zehn Jahre gestreckt.

Mit dem eigenen Modell einer "Zinsbremse" haben die Grünen am Montag in Wiesbaden dagegengehalten. Vor dem Hintergrund gestiegener Hypothekenzinsen soll das Land Kredite gewähren, die 1,5 Prozentpunkte günstiger als die der Banken sind - und das auch für frühere Käufe, bei denen Anschlussfinanzierungen anstehen.

Grüne: Höhere Zinsen sind das Problem

"Wir setzen genau da an, wo die Menschen Probleme bei der Immobilienfinanzierung haben. Und das sind die stark gestiegenen Zinsen", sagte Miriam Dahlke, haushaltspolitische Sprecherin der Grünen, zu dem Modell. Es läuft zwar auch über zehn Jahre für die Nutznießer. Es sei aber wirksamer, gerechter und unbürokratischer als das Hessengeld.

Rheins Modell, gegen das sich die Grünen wenden, sieht 10.000 Euro je Käufer (maximal 20.000 Euro) vor und 5.000 Euro für jedes Kind unter 18 Jahren, das mit in die Immobilie einzieht. Die Förderung wird bis zur Höhe der tatsächlich gezahlten Grunderwerbsteuer gewährt und jährlich in zehn gleichen Raten ausgezahlt.

Das dagegen sind die Details des Grünen-Modells:

  • Ob Single oder Familie: Wer das erste selbstgenutzte Haus, eine Eigentumswohnung oder einen Bauplatz kauft, erhielte vom Land Hessen einen zinsgünstigen Kredit. Der soll zehn Jahre lang 1,5 Prozentpunkte billiger sein als marktüblich. Nach aktuellem Stand veranschlagen die Grünen derzeit 2,0 statt 3,5 Prozent.
  • Die Darlehen würden über die landeseigene, in der Vergabe von Förderkrediten erprobte WIBank abgewickelt. Laut Grünen-Fraktionschef Mathias Wagner ist das ein entscheidender Vorteil gegenüber dem Hessengeld, für dessen Bearbeitung Finanzminister Alexander Lorz (CDU) einen "riesigen bürokratischen Aufwand" angekündigt habe.
  • Auf eine Darlehenshöhe von bis zu 250.000 Euro und maximal der Hälfte der gesamten Kreditlast könnte ein Kredit des Landes sich belaufen.
  • Käufer würden demnach im Fall der Maximalförderung von der Zinsbremse um 37.500 Euro entlastet. Beim Hessengeld von CDU und SPD erhält ein Paar mit zwei Kindern maximal insgesamt 30.000 Euro.
  • Anders als beim Hessengeld, das für Kaufverträge ab 1. März 2024 beantragt werden kann, haben die Grünen keine Frist für den Hausverkauf festgelegt. Es dürfe nicht sein, dass alle "in die Röhre schauen", die vorher gekauft hätten. Wer derzeit bei einer Anschlussfinanzierung mit hohen Zinsen zu kämpfen hat, könnte nach dem Grünen-Modell günstig umschulden.
  • Noch ein Unterscheid zum Hessengeld: Es gibt Einkommensgrenzen, die laut Grünen einen "Gießkanneneffekt" zugunsten von Menschen verhindern sollen, "die richtig gut verdienen". Sie liegen bei 60.000 Euro brutto im Jahr für Singles, bei 110.000 Euro für Paare. Um zusätzlich 5.000 Euro pro Kind steigen die Grenzen.

Einkommensgrenzen verteidigt

"Die bisherige Förderung adressiert nicht die Mitte der Gesellschaft", sagte Grünen-Politikerin Dahlke zu den Einkommensgrenzen. Man wolle anders als die CDU gezielt fördern. "Wenn jemand den Verdienst einer Landtagsabgeordneten hat, ist die Förderung nicht notwendig." Die Grünen halten ihre Einkommensgrenzen bei einem monatlichen Durchschnittsverdient von 4.571 Euro in Hessen für angemessen.

So sehen Beispielrechnungen der Grünen aus: Wer sich ohne Kredite eine Wohnungskauf oder einen Hausbau leisten kann, erhält als Single 10.000 Euro an Hessengeld, Paare bekommen 20.000 Euro. Von der Zinsbremse der Grünen würden sie nicht profitieren.

Dagegen kämen im Grünen-Modell auch Menschen zum Zug, die vor Jahren gekauft haben und die nun in einer Zeit höherer Zinsen eine Anschlussfinanzierung brauchen. Bei 100.000 Euro Darlehenssumme würden Eltern von zwei Kindern Zinsen in Höhe 15.000 Euro sparen können. Hessengeld bekommen sie nicht.

Signal ohne Chancen

Was die Kosten für das Land betrifft: In einer Summe von 40 Millionen Euro jährlich, wie die Landesregierung sie für das Hessengeld veranschlagt, sehen die Grünen auch für ihr Modell eine plausible Größenordnung.

Wenn Finanzminister Lorz im Juni seinen Entwurf für einen Nachtragsetat des Landes einbringt, will die Oppositionspartei vorschlagen, die Zinsbremse statt des Hessengelds zu wählen. Dass die Aussichten angesichts der Mehrheitsverhältnisse gleich Null sind, ist den Grünen klar.

Grunderwerbsteuer mehrmals erhöht

Hintergrund der Debatte ist die Grunderwerbssteuer, die bei den Nebenkosten des Immobilienerwerbs der teuerste Faktor ist. Die Steuer wird als Anteil des Kaufpreises fällig und ist stetig angestiegen - in Hessen von 2 Prozent im Jahr 1997 auf aktuell 6 Prozent.

Seit dem Jahr 2007 können die Länder die Höhe selbst bestimmen. CDU-geführte Landesregierungen hatte die Steuer seitdem zweimal erhöht. Anfang 2013 ging es von 3,5 auf 5,0 Prozent. Im Sommer 2014, zu Beginn der inzwischen beendeten schwarz-grünen Koalition, auf 6,0 Prozent.

In neun der 16 Bundesländer ist die Grunderwerbsteuer geringer als in Hessen. Am wenigsten verlangt das benachbarte Bayern mit 3,5 Prozent. In vier Ländern ist die Steuer mit 6,5 Prozent dagegen noch etwas höher. Die hessische Grünen-Haushaltsexpertin Dahlke sagte dazu auf Nachfrage: "Ich sehe nicht, dass jetzt die Zeit ist für eine Senkung."

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