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Bürgerbegehren in Nidderau scheitert an Quorum

Photorealistische Entwurfsgrafik/Simulation eines Blickes in eine Brücke, die sich durch eine grüne Umgebung schlängelt und auf welcher eine Radfahrerin und Gehende zu sehen sind.

Trotz klarer Mehrheit ist ein Bürgerentscheid zum Stopp einer umstrittenen Brücke in Nidderau knapp an der erforderlichen Wahlbeteiligung gescheitert. 185 Stimmen fehlten den Gegnern des städtischen Bauprojekts, das durch eine geschützte Flussaue führen soll.

In Nidderau (Main-Kinzig) kann die umstrittene Fußgänger- und Radfahrer-Brücke über das Landschaftsschutzgebiet Nidderaue wohl wie geplant gebaut werden. Das ist das Resultat eines Bürgerentscheids. Zwar votierten bei der Abstimmung am Sonntag 58,5 Prozent mit "Ja" - und damit für eine Rücknahme der von der rot-grünen Stadtregierung um Bürgermeister Andreas Bär (SPD) ausgearbeiteten Variante. 

Das für einen erfolgreichen Bürgerentscheid erforderliche Quorum von 25 Prozent der gut 16.000 Wahlberechtigten wurde aber knapp verpasst. 3.847 Menschen befürworteten das Brücken-Aus. Nötig gewesen wären neben der Mehrheit mindestens 4.032 Ja-Stimmen. Letztlich fehlten 185 Stimmen. Eine Minderheit von 41,5 Prozent (2.730 Stimmen) wollte - letztlich erfolgreich - an den städtischen Plänen festhalten. Insgesamt lag die Beteiligung bei 40,9 Prozent.

Brückenfrage trennt Bürger

Bei dem Bürgerentscheid ging es um die Frage, wie die grüne Aue des Flüsschens Nidder für Mensch und Tier künftig gestaltet und zugleich geschützt werden soll. Im Zentrum der Kritik stand dabei die von der Stadt forcierte Brücke.

Kartenausschnitt, der Nidderau, die Nidder, den Rundweg um die Nidderauen und die geplante Brücke darstellt, die von der Stadtmitte zum Bahnhof führt.

Seit Jahren befasst sich die Stadtpolitik mit der Renaturierung der Nidder, die dem heutigen Landschaftsschutzgebiet und der Kommune selbst den Namen gab. Im vergangenen Dezember beschloss die Stadtverordnetenversammlung schließlich ein Konzept zur Aufwertung und Beruhigung der Nidderaue.

Dadurch sollen unter anderem die Wasserqualität und die Gewässerstruktur der Nidder verbessert werden, der Fluss soll renaturiert werden. Befestigte Rundwege sollen spazierende Menschen von den Wiesen und Feldern der Aue fernhalten, wo längst Trampelpfade mitten durch den Lebensraum seltener Lebewesen führen.

Trampelpfad durch das Landschaftsschutzgebiet Nidderaue in Nidderau

Gegen dieses Konzept regte sich schnell Widerstand. "Wir befürworten ausdrücklich die Umsetzung der Renaturierung des Altarmes der Nidder", betonte Antonia Gutberlet, eine der Initiatorinnen des Bürgerentscheids. Sie störte sich aber vor allem an dem geplanten Bau der Brücke über die Nidderaue für Fußgänger und Radfahrer, die nach dem Plan der Stadtverordneten die Stadtteile Windecken und Heldenbergen verbinden soll.

Wie die Stadtverwaltung betonte, ist eine solche Verbindung zwischen dem Bahnhof in Nidderau-Windecken und der Neuen Mitte mit dem Einkaufszentrum Nidder-Forum und einem Wohngebiet in Nidderau-Heldenbergen ein jahrzehntealtes Vorhaben. Die Brücke soll in einer Höhe von drei bis vier Metern über das Grünland und das Flüsschen führen.

Schont oder gefährdet die Brücke Natur und Tiere?

Weil die Stadt mit steigenden Bevölkerungszahlen rechnet, geht sie auch von mehr Menschen in der Aue in den kommenden Jahren aus. Die sollen aber möglichst nicht auf den Trampelpfaden mitten durch das Schutzgebiet laufen oder radeln. Nur: Der Weg um die Aue herum ist etwa doppelt so weit wie die Querung über die Nidder.

Mit der geplanten Brücke führe man die Menschen über die Aue statt durch sie hindurch, argumentiert die Stadtverwaltung. Damit schütze man letztlich die Natur.

Die Initiatoren des Bürgerentscheids sahen das ganz anders. Die Brücke ziehe erst recht Menschen an und ins Schutzgebiet, wo sie laut sind oder Müll hinterlassen, so deren Befürchtung. Während der Bauzeit der Brücke würden die in der Aue lebenden Tiere verdrängt oder gar getötet, außerdem werde dauerhaft die Brut- und Setzzeit gestört.

Verhärtete Fronten

"Der Bau der Fundamente ist natürlich ein Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet und steht daher unter einem Genehmigungsvorbehalt", teilte dazu Katja Adams, Fachbereichsleiterin Umwelt und Mobilität bei der Stadt Nidderau, mit. Das Konzept sei aber mit den zuständigen Behörden abgestimmt, die erläutert hätten, die Situation in der Aue würde dadurch deutlich besser.

Die Stadtverwaltung wollte mit Führungen, Informationsveranstaltungen und Diskussionsforen ihr Anliegen erläutern und vermitteln. Stattdessen verhärteten sich die Fronten in den vergangenen Wochen zunehmend - auch weil einige Lokalpolitiker immer wieder Pressemitteilungen und Leserbriefe verfassen oder Diskussionen in Facebook-Foren anzetteln.

Wahlplakat der Brückengegner und Initiatoren des Bürgerbegehrens in Nidderau

"Demokratisches Engagement von Bürgerinnen und Bürgern ist immer sinnvoll und wünschenswert. So auch in diesem Fall, unabhängig davon, ob man die Thematik in der Sache anders beurteilt", hatte Bürgermeister Bär noch im Januar beteuert, als er die Liste mit den Unterschriften zum Bürgerbegehren überreicht bekam.

"Man kann gute Gründe für oder gegen das Konzept haben - es wäre wichtig, bei der Diskussion auf der sachlichen Ebene zu bleiben. Das gelingt leider nicht allen", bemängelte Bär später das Debattenklima rund um die Nidderaue.

Besänftigt der Bürgerentscheid die Gemüter?

So unterstellte die örtliche CDU beispielsweise einem Anwohner, er spreche sich nur deshalb öffentlich für die Pläne für die Nidder-Querung aus, weil er von der Stadt einen Zuschuss für die Sanierung von Gebäuden seines Hofguts erhalten habe. Die CDU und die Freien Wähler lehnen als Oppositionsparteien die Brücke ab, die Koalition aus SPD und Grünen will sie.

"Wir haben ausschließlich eine transparente, sachorientierte und inhaltliche Diskussion beabsichtigt", sagte Antonia Gutberlet. Sie bedauerte, "dass das Thema des Bürgerentscheides in diesem Ausmaß zwischen die politischen Fronten geraten ist". Eine Schlichtung zwischen den Streitparteien scheint nicht in Sicht.

Bürgermeister Bär hofft deshalb, "dass sich die Stimmung nach dem Bürgerentscheid beruhigen wird, und insbesondere, dass alle den Ausgang akzeptieren werden". Schließlich wollten doch alle Bürgerinnen und Bürger nur das Beste für ihre Nidderaue - aus ihrer jeweiligen Sicht. 

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