"Staatspolitische Verantwortung": Die Fraktionschefs René Rock (FDP, v.l.), Ines Claus (CDU), Mathias Wagner (Grüne) und Günter Rudolph (SPD).

In der Krise wollen vier Parteien im Landtag ein Zeichen für die Handlungsfähigkeit der Demokratie setzen: Die schwarz-grüne Koalition hat sich mit SPD und FDP auf Eckpunkte eines Abwehrschirms gegen die hohen Energiepreise verständigt.

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Energiekrise: Landtagsparteien üben den Schulterschluss

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Rund ein Jahr noch, dann ist Landtagswahl in Hessen. Der Ausgang könnte knapp und der Wahlkampf entsprechend hart ausfallen. Trotzdem üben die schwarz-grüne Regierungskoalition sowie die Oppositionsfraktionen SPD und FDP einen ungewöhnlichen Schulterschluss.

Die Parteien haben sich auf Eckpunkte des geplanten hessischen Abwehrschirms gegen die Auswirkungen der Energiepreise geeinigt, die als Folge des russischen Kriegs gegen die Ukraine so stark gestiegen sind.

Zu den am Dienstag in Wiesbaden vorgestellten Vorhaben zählen unter anderem ein Härtefallfonds zum Schutz vor Energiesperren, Darlehen für Kleinunternehmen, Schutz für Mieter sowie Unterstützung für Vereine und Initiativen, für Tafeln und Heilbäder.

Regierung arbeitet aus

Die rund 95 Millionen Euro teuren Maßnahmen sollen dort greifen, wo die von Bund und Ländern gemeinsam beschlossenen Entlastungspakete nicht ausreichen, um Härten zu verhindern. Sie sollen den Kern des Landesprogramms "Hessen steht zusammen" bilden. Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) hatte das Programm, das insgesamt bis zu 200 Millionen Euro umfassen soll, nach einem Sozialgipfel Ende September angekündigt.

Die "staatspolitische Verantwortung" nannte CDU-Fraktionschefin Ines Claus als Grund für die nicht alltägliche ganz große Koalition, die gebildet wurde. Gemeinsam mit ihren Amtskollegen Mathias Wagner (Grüne), Günter Rudolph (SPD) und René Rock (FDP) stellte Claus vor, auf was sich die Fraktionen geeinigt hatten.

Zusammenhalt - auch im Parlament

Fast alles hatte Regierungschef Rhein bereits als Ziel des Abwehrschirms skizziert. Die gemeinsamen Eckpunkte der vier Fraktionen im Einzelnen:

  • Ein Härtefonds mit bis zu 30 Millionen Euro soll Privathaushalte vor Energiesperren bewahren.
  • Ebenfalls bis zu 30 Millionen Euro sollen als "passgenaue Hilfe" in Form von "Energie-Mikrodarlehen" unbürokratisch an kleine Unternehmen wie Bäckereien fließen.
  • Weitere 30 Millionen Euro an Zuschüssen werden für Vereine, Verbände und Projekte in Sport, Kultur, Bildung, Soziales und Umwelt bereitgestellt. Hier werde viel ehrenamtlich geleistet, kurzfristig könnten viele auf die Krise nicht reagieren.
  • Die Wohnungsbaugesellschaften des Landes garantieren, auf Kündigungen wegen Zahlungsrückständen bei Heizungs- oder Stromkosten zu verzichten.
  • Mindestens 1,5 Millionen Euro für ihre Krisenhilfe erhalten Verbraucherzentralen, Schuldnerberatungen und Tafeln zusätzlich. Das Sozialministerium hatte jüngst bereits weitere 2,2 Millionen Euro für die Tafeln als Soforthilfe angekündigt.
  • Kur- und Heilbäder, die wegen ihres Energieverbrauchs unter Druck geraten, erhalten Zuschüsse, Insgesamt sind bis zu 3 Millionen Euro dafür vorgesehen.

Ungewöhnliche Einigkeit

Der Staat könne nicht alle Kriegs- und Krisenfolgen auffangen, erklärten die Fraktionschefs gemeinsam. Er müsse aber "zielgenau vor allem denjenigen helfen, die die aktuelle Krise nicht aus eigener Kraft bewältigen können". Die Einigkeit über das Notwendige sei am Ende der vor drei Wochen begonnenen Verhandlungen groß gewesen, hieß es übereinstimmend.

"Die Politik steht zusammen, der Staat ist handlungsfähig" - dieses Signal soll nach Angaben von Grünen-Fraktionschef Wagner von der ungewöhnlichen Zusammenarbeit zwischen Koalition und Opposition ausgehen. In der vielleicht größten Krise der deutschen Nachkriegsgeschichte werde gegen Populisten und Extremisten so der "Konsens der Demokraten sichtbar", befand SPD-Fraktionschef Rudolph. Bei Bedarf werde man nachsteuern müssen. Und auch der Liberale Rock hielt die Vereinbarung denen entgegen, "die uns erzählen wollen, dass unsere Demokratie auseinanderfällt".

Zusammenarbeit hat Grenzen

Auf Basis der Eckpunkte soll die Landesregierung nun den kompletten 200-Millionen-Abwehrschirm ausarbeiten. Zur Abstimmung stehen die Hilfen dann als Änderungsanträge, wenn der Landtag über den Etat beschließt. So können die oppositionellen Fraktionen von SPD und FDP den Hilfen zustimmen und gleichzeitig den Etatentwurf von Schwarz-Grün insgesamt ablehnen.

Weder die AfD, mit der keine andere Fraktion zusammenarbeitet, noch die Linkspartei waren gefragt worden, ob sie sich beteiligen. Grünen-Fraktionschef Wagner begründete dies damit, dass lediglich SPD und FDP erkennbar ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit angeboten hätten.

Linke doppelt enttäuscht

Als unzureichendes "Sozialpäckchen" bewertete der Linken-Fraktionsvorsitzende Jan Schalauske die Eckpunkte der vier anderen Fraktionen. Die meisten Bundesländer hätten längst reagiert und nähmen auch deutlich mehr Geld in die Hand. Schalauske beklagte, dass seiner Fraktion kein Angebot zur Mitarbeit unterbreitet worden sei.

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