Wiedersehen mit Lieberknecht Lilien haben in Kaiserslautern keine Zeit für Freundlichkeit
Torsten Lieberknecht und Florian Kohfeldt sind ein wenig mehr als nur Vorgänger und Nachfolger bei den Lilien. Einen freundschaftlichen Austausch sieht die Konstellation beim Aufeinandertreffen am Sonntag aber nicht vor.
Der Profifußball lässt nur wenig Raum für Freundschaften. Das illustriert die Beziehung zwischen Florian Kohfeldt und Torsten Lieberknecht. "Wir waren lange in derselben Berateragentur", erklärt Kohfeldt vor dem Spiel seiner Darmstädter in Kaiserslautern, wo Kohfeldts Vorgänger Lieberknecht Nachfolger von dessen Vorgänger in Darmstadt, Markus Anfang, geworden ist.
Durch den gemeinsamen Berater habe sich auch zwischen Kohfeldt und Lieberknecht etwas entwickelt. "Wir haben den einen oder anderen netten Abend zusammen gehabt", sagte Kohfeldt. Eine feine Skizze, die Platz für fantasievolle Ergänzungen lässt. Es gab da durchaus ein Verbindung zwischen beiden.
Wer zu enge Bindungen zu anderen Trainern aufbaut, gerät in diesem Geschäft aber schnell in ein Dilemma. Nun ist es keinesfalls so, dass Kohfeldt seinem Vorgänger den Job streitig gemacht hatte. Lieberknechts Abgang in Darmstadt verlief ja sogar einvernehmlich, das Verhältnis zwischen Klub und Ex-Trainer ist bis heute von großem Respekt getragen. Eine Seltenheit.
"Sehr, sehr nette Nachricht" von Lieberknecht
Dennoch ist es so eine Sache, die sportliche Nachlassverwaltung eines geschätzen Kollegen zu übernehmen. Lieberknecht hat Darmstadt 98 sportlich besenrein übergeben, sich menschlich nie etwas vorwerfen lassen müssen. "Er hatte mir eine sehr, sehr nette Nachricht hinterlassen, als ich hier übernommen habe", sagte Kohfeldt.
Dennoch habe er damals keinen direkten Austausch mit ihm gesucht. Aus eigener Erfahrung wisse er: "Auch wenn man sich grundsätzlich schätzt. Der Moment, wenn man nicht mehr da ist, ist kein ganz einfacher. Ich habe diese Themen auch schon gehabt."
Dass man sich grundsätzlich schätzt, daran lässt auch Lieberknecht keinen Zweifel. Vor dem streng beruflichen Wiedersehen am Sonntag (13.30 Uhr) auf dem Betzenberg spielt das aber kaum eine Nebenrolle. Für die Lilien geht es nur noch um ein wenig Tabellenästhetik. Kaiserslautern steht dagegen unter Hochspannung.
Kaiserslautern hilft nur ein Sieg
Die Tabelle ist obenrum zwar bemerkenswert unübersichtlich, komplizierte Rechenspiele müssen die "Roten Teufel" aber nicht anstellen. Da wortwörtlich die halbe Liga vor dem 33. Spieltag noch theoretisch auf den Aufstieg hoffen kann, ist ein Heimsieg gegen Darmstadt erste, zweite und dritte Pflicht, um noch eine Chance auf den Relegationsplatz zu wahren.
Lieberknecht wäre nun nicht Lieberknecht, wenn er sich zumindest trotzdem einen kurzen gedanklichen Schlenker zum Ex-Klub herausnehmen würde. "Es wäre gelogen zu sagen, dass es ein Spiel wie jedes andere wäre. Ich hatte dort eine sehr erfolgreiche und wertschätzende Zeit. Eine Zeit, die ich nie vergessen werde."
Das war dann aber genug der Rückschau. "Das viel Wichtigere ist das Spiel Lautern gegen Darmstadt", betonte der Trainer der Pfälzer. Und das wird alle Aufmerksamkeit der Protagonisten einfordern. "Das wird ein Spiel, wo Lautern von Anfang an mit sehr viel Energie auftritt, sehr hoch anlaufen wird, sehr schnell den Ball in unseren Strafraum bringen will" – wer Kohfeldts Ausführungen lauscht, will gleich dranbleiben und den Rest des Spiels sehen.
Kohfeldts Premiere auf dem Betzenberg
Zu viel Spektakel sieht sein Matchplan allerdings nicht vor. Für die Lilien gehe es darum, resilient zu bleiben gegenüber dem prognostizierten Sturmlauf des FCK. Kohfeldt glaubt, dass es gut für die Südhessen wäre, "wenn es ein etwas ruhigeres Spiel wird". So richtig lauschig wird das Drumherum aber keinesfalls, was Kohfeldt ausdrücklich begrüßt. Wenn er nichts unterschlagen habe, sei das sein erstes Mal auf dem Betzenberg. "Meine Premiere. Ich freue mich sehr auf die Atmosphäre." Wenig später relativierte er wieder. "Es ist auch nicht so, dass ich deshalb nicht schlafen kann."
Deutlich mehr Kopfzerbrechen bereitet ihm das eigene Team. Genauer: Die Leistung bei der 0:4-Niederlage gegen den Hamburger SV. Die Analyse fiel dem Trainer danach so schwer wie lange nicht. Zwei nachlässig verteidigte Standard-Tore und zwei Kontertore, nachdem die Lilien aufgemacht hatten, besiegelten eine am Ende zu klare Niederlage. Mit vielen Aspekten der Leistung war Kohfeldt gar nicht unzufrieden.
Es war nicht alles schlecht gegen Hamburg
Zum Beispiel der Haltung, die schon gegen den HSV erkennbar wurde: Auch wenn die Lilien letzte Abstiegssorgen los sind, will Kohfeldt an den mutigen Ansatz anknüpfen und auch in Kaiserslautern "unbedingt gewinnen". Lieberknecht ahnt das: "Das wird bestimmt ein wenig ein Katz-und-Maus-Spiel, was da entstehen könnte am Sonntag. Ich weiß nur noch nicht, welches Tier wir sind."
Dass Kohfeldt sich auf das Wiedersehen mit seinem Gegenüber freut und "null Brisanz" in dem Aufeinandertreffen erkennt, dürfte nur wenig zur Entspannung beitragen. Für Kaiserslautern geht es um die letzte Chance. Die Lilien, die die gelbgesperrten Aleksandar Vukotic und Andreas Müller ersetzen müssen, würden keinen Augenblick zögern und den Partycrasher spielen. Freundlichkeiten sind bei dieser Konstellation nicht vorgesehen – bei aller Sympathie.