Grenzenloser Jubel nach dem 3:1 gegen Augsburg

Wenn Eintracht Frankfurt nach einer völlig verschnarchten ersten Halbzeit im zweiten Spielabschnitt gegen Augsburg komplett steil geht, muss in der Pause etwas passiert sein. Etwas, was die Hessen schon im Spiel bei Bayern München und im Saison-Endspurt zu weiteren Erfolgen tragen könnte.

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Highlights: Eintracht Frankfurt – Augsburg

Im Hintergrund sieht man ein Fussballstadion, davor links das Logo von Eintracht Frankfurt und rechts das Logo vom FC Augsburg
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In der Halbzeitpause des Eintracht-Spiels gegen Augsburg ist etwas passiert. Die Frankfurter haben ihre Stärke und letztlich ihre Wurzeln wiederentdeckt. Das, was den hessischen Bundesligisten in den vergangenen Jahren im DFB-Pokal, in der Europa League und auch in der Bundesliga zu großen Erfolgen geführt hat: bedingungsloser Kampf, Emotionen und Intensität auf dem Platz. Kurz: den Gegner auffressen zu wollen.

In der ersten Halbzeit gegen Augsburg fraß noch keiner. Zwar hatte die Eintracht sehr oft den Ball, doch der FCA haute sich wesentlich mehr rein. So lag der Wert der gewonnenen Zweikämpfe bei den Frankfurtern bis zur Pause nur bei gut 30 Prozent. Das änderte sich im zweiten Spielabschnitt komplett. Die Hessen schossen nicht nur drei Tore, sondern schraubten ihre Zweikampfquote auf insgesamt 52 Prozent hoch. Irgendetwas muss in der Halbzeitpause passiert sein.

Augsburg-Schwung kann die Eintracht nach Europa tragen

Es gibt mehrere Versionen, was genau in diesen 15 Minuten passiert ist. Zum einen sollen die Spieler nach der blutleeren ersten Halbzeit von sich aus darauf gedrängt haben, den "alten" Eintracht-Style auszupacken. Mit der totalen Intensität, mit viel Kampf und großer Dynamik nach vorne. Mit dieser Taktik fegte die Eintracht Augsburg schließlich vom Platz.

Doch es gibt noch eine zweite Version aus der Kabine: Nach der trug Trainer Dino Toppmöller durch seine Taktikänderung in der Pause maßgeblich zu diesem nicht mehr für möglich gehaltenen Aufschwung bei. Am Ende wird es, wie so oft, eine Mischung aus beiden Versionen gewesen sein.

Hellmann-Ansage geht in dieselbe Richtung

Dass gegen Augsburg lange etwas ziemlich schief lief, diesen Eindruck hatte auch Eintracht-Vorstandsboss Axel Hellmann, der sich sonst selten zu sportlichen Dingen äußert. "Man sieht, wie leicht es ist, dieses Stadion zu erwecken. Mit Zug zum Tor, mit Zweikämpfen, mit Leidenschaft ... Das muss uns auch mal von Anfang an gelingen und nicht erst in der zweiten Hälfte", erklärte er vielsagend.

Damit sprach Hellmann genau das an, was Fans, Spielern und letztlich auch Toppmöller in der Pause durch den Kopf ging. Sollte die Eintracht es schaffen, dieses Denken auch in die letzten Saisonspiele mitzunehmen, sollte ihr die ersehnte Qualifikation für den Europapokal nicht mehr zu nehmen sein. Doch dazu müssen sich weitere Dinge ändern.

Toppmöller überfachtet die Eintracht-Spieler immer noch

Auch in der Kabine. Ein grundsätzliches Problem gibt es dort aber nicht. Dass "Toppmöller die Kabine verloren hat", wie es immer wieder aus mehr oder minder gut informierten Quellen heißt, stimmt nicht. Toppmöller redet viel mit den Spielern, zuletzt mit Hugo Ekitiké und Farès Chaibi. Beide schossen gegen Augsburg ein Tor. Und: Beide bestätigten danach den guten Draht zum Trainer. Grundsätzlich falsch läuft da also nichts, das Ganze ist aber ausbaufähig.

Denn Toppmöller, der sehr viel über Fußball weiß, überfrachtet seine Spieler weiterhin taktisch. Das passiert, auch wenn er zuletzt mehrfach öffentlich bekundete, einfacheren Fußball spielen zu wollen. Legendär sind die Videoanalysen des Trainers, aus denen die Spieler zuletzt immer weniger an Nutzen gezogen haben sollen. Mit dem Wissen des Augsburg-Spiels muss da umgedacht werden. Sprich: weniger Analyse, mehr Emotionen.

Gruppenbildung in der Eintracht-Kabine?

Dazu kommt die Stimmung in der Mannschaft. Natürlich gibt es Gruppen in der Kabine. Wenn mit Junior Dina Ebimbe, Niels Nkounkou, Jean-Mattéo Bahoya, Ellyes Skhiri, Chaibi und Ekitiké gleich sechs Spieler französisch sprechen, passiert das ganz automatisch. Dass diese auch zusammen - inklusive Omar Marmoush - ihre Freizeit verbringen, verstärkt die Situation noch. Das kann schlecht sein, wenn die Stimmung durch die vielen schlechten und mittelmäßigen Leistungen der vergangenen Wochen sowieso schon schlecht ist.

Das kann aber auch befruchtend wirken, wie in der zweiten Halbzeit gegen Augsburg, wenn gleich drei Spieler aus dieser Gruppe - namentlich Chaibi, Ekitiké und Marmoush - die Tore schießen und "das Stadion anzünden", wie es Hellmann nachher formulierte. Auch in diesem Punkt müssen die Hessen aus dem Augsburg-Spiel die richtigen Schlüsse ziehen.

Leuchtturm-Effekt auch für das Bayern-Spiel

Sollten Spieler und Trainer Emotionen, Intensität und Kampf in die restlichen vier Liga-Spiele herüberziehen können, kann das Team wieder viel bewegen. Ziel ist und bleibt das Erreichen der Europa League. Und vor dem nächsten Spiel am Samstag beim FC Bayern München (15.30 Uhr) könnten die Spieler vielleicht mal wieder ein Video schauen, vielleicht nur nicht unbedingt eine ellenlange Analyse.

Toppmöller könnte sich mit seinen Spielern die Hightlights der zweiten Halbzeit gegen Augsburg ansehen, Lautstärke ganz aufgedreht. Damit die richtige Betriebs-Temperatur entsteht. Die wird die Eintracht beim Spiel bei den Bayern brauchen.