Finale in Balingen Nur nicht verlieren! Friedberg greift nach historischem Regionalliga-Aufstieg

Lange lief die Saison eher durchwachsen, doch nach einem starken Schlussspurt trennt Türk Gücü Friedberg nun nur noch ein Unentschieden von der Regionalliga. Trainer Enis Dzihic hat aber noch einen anderen Wunsch.

Enis Dzihic
Sah, dass es gut war: Friedbergs Trainer Enis Dzihic bei Türk Gücüs 6:0-Sieg gegen Kaiserslautern II. Bild © Imago Images
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Der Erfolg kam keineswegs über Nacht. Seit Jahren hat Türk Gücü Friedberg am Tor zur Regionalliga gekratzt. Dass es sich ausgerechnet in dieser Saison öffnen würde und der Klub schon einen Fuß im Türspalt hat, ist dann aber doch eine etwas wundersame Geschichte.

2023 fehlte eine geeignete Spielstätte für die vierte Liga. Ein Jahr darauf legte TGF die beste Saison der Vereinsgeschichte hin, inklusive eines knapp verlorenen Hessenpokalfinales gegen Kickers Offenbach. In der Liga war allein der Abzug von drei Punkten wegen fehlender Jugendmannschaften ursächlich dafür, dass der FC Gießen mit zwei Zählern Vorsprung Meister wurde und in die Regionalliga aufstieg. Friedberg wurde Zweiter und scheiterte in der Aufstiegsrunde.

Fünf Siege aus den letzten fünf Ligaspielen

In dieser Saison schienen die Sterne lange nicht günstig zu stehen. Ende April und fünf Spieltage vor Toreschluss war Türk Gücü noch Siebter. "Vor fünf, sechs Wochen hatte uns keiner mehr auf dem Radar", erinnert sich Trainer Enis Dzihic. "Aber ich habe die Jungs drauf eingeschworen: Solange es rechnerisch möglich ist, sind wir da. Dass wir uns danach nicht vorwerfen können: hätten wir doch!" Gesagt, getan – die letzten fünf Saisonspiele gewann Friedberg.

Und wie das dann so laufen kann, damit haben sie ja Erfahrungen. Diesmal verzichtete der FSV Fernwald als Hessenliga-Meister auf den Aufstieg, der FC Bayern Alzenau spielt dafür in der kommenden Saison viertklassig. Türk Gücü durfte als Dritter an einer Dreier-Aufstiegsrunde mit dem 1. FC Kaiserslautern II (Vizemeister Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar) und der TSG Balingen (Vizemeister Oberliga Baden-Württemberg) den letzten Aufstiegsplatz ausspielen.

Als Dritter der Abschlusstabelle wähnten sich die Hessen zwischen zwei Vizemeistern als natürlicher Außenseiter. "Wir sind als Underdog in die Spiele reingegangen. Unser Vorteil ist vielleicht, dass wir vom letzten Jahr wissen, wie solche Spiele laufen können", sagt Dzihic.

6:0-Kantersieg gegen Kaiserslautern

Seit Freitagabend ist die Außenseiterrolle dahin. Gegen Kaiserslauterns U21 gelang ein satter 6:0-Sieg. "Großen Respekt" zollt der Trainer seinem Team, das seine taktischen Vorgaben exzellent umgesetzt habe. Gegen die hoch pressenden Pfälzer nutzen die Wetterauer die offenen Räume nahezu perfekt. Das zahlt kräftig aufs Selbstbewusstsein ein.

Hinzu kommt, dass Kaiserslautern und Balingen im ersten Spiel der Aufstiegsrunde 1:1 gegeneinander spielten – und Friedberg damit voll in die Karten. Im letzten Spiel der Saison bei der TSG Balingen am Pfingstmontag (14 Uhr) reicht Türk Gücü folglich schon ein Unentschieden, um den Aufstieg in die Regionalliga zu feiern. "Das wäre ein Novum für den Verein, für Friedberg oder für den Wetteraukreis, dass ein Verein in der vierten Liga spielt. Das wäre die Krone, das Sahnehäubchen", sagt Dzihic. Neun Jahre nach dem Aufstieg in die Hessenliga wäre der 1988 gegründete Klub auf dem Höhepunkt seiner Erfolgsgeschichte angekommen.

Kältekammer, Massagen, frühe Anreise

Die Favoritenrolle schiebt der Coach dennoch weit von sich. Balingen habe sich den Wiederaufstieg auf die Fahne geschrieben, für sein Team sei diese Chance nur ein ganz besonderes Extra. "Die Jungs haben überhaupt keinen Höhenflug. Wir haben uns diesen Bonus erarbeitet, wollen jetzt noch mal alles raushauen und einfach genießen. Ich habe meiner Mannschaft gesagt: Ihr könnt stolz auf euch sein, egal was dabei rauskommt."

Nicht um die mentale Verfassung sorgt sich Dzihic, er macht sich vor allem Gedanken darüber, sein Team körperlich noch einmal fit zu bekommen. Deswegen standen am Samstag Kältekammer und Massagen auf dem Programm, bevor Türk Gücü am Sonntag schon einen Tag vor dem Spiel gemeinsam Richtung Südwesten aufbricht.

Zweite Heimat beim FSV Frankfurt

Um die theoretischen Voraussetzungen für die Regionalliga zu schaffen, musste sich der Klub frühzeitig um eine Ausweichspielstätte kümmern und ist in Frankfurt-Bornheim fündig geworden. Sollte der Aufstieg gelingen, würden die Friedberger seine Heimspiele im Stadion des FSV austragen. Dass im eigenen Burgfeldstadion Viertligafußball gespielt wird, ist derzeit noch Utopie. Dabei würde ein Ausbau auch dem ansässigen Leichtathletik-Verein TSV Friedberg-Fauerbach profitieren, gibt Dzihic zu bedenken. Entsprechende Pläne habe man bereits an die Stadt herangetragen. Dass diese zeitnah umgesetzt werden, davon sei aber nicht auszugehen.

Wichtiger sei ihm aber zunächst ohnehin, dass sich die Trainingsmöglichkeiten für seinen Klub verbessern, die Dzihic bereits für Oberliga-Verhältnisse "suboptimal" findet. Sein Wunsch: "Dass da von der Stadt vielleicht mal wieder mehr Initiative kommt. Wir haben Werbung für den Friedberger Fußball gemacht und Friedberg überregional in ein gutes Licht gestellt. Das sollte die Stadt versuchen, mehr anzuerkennen. Ich habe das Gefühl, das kommt noch nicht so ganz oben an."

Ein Fußball-Viertligist würde durchaus ins Auge fallen. Davon, einer zu werden, ist Friedberg nur noch 90 Minuten ohne Niederlage entfernt. Auf Unentschieden verstehen sie sich eigentlich ganz gut, elf waren es in der abgelaufenen Hessenliga-Saison. Ein weiteres würde reichen, um Geschichte zu schreiben.

Quelle: hessenschau.de