Ausbau in Zeitlupe Schnelle Radwege, ganz langsam
Radschnellwege sollen Radfahren schneller und sicherer machen. In Kassel laufen nun die Bauarbeiten zur Verbindung nach Vellmar. Doch trotz jahrelanger Planungen stockt es vielerorts: Kein Projekt in Hessen ist bisher abgeschlossen.
Er ist rund 7,5 Kilometer lang, soll komplett beleuchtet sein und im Winter bei Schneefall geräumt werden. Der Radschnellweg zwischen Kassel und Vellmar zählt zu den wenigen Projekten dieser Art, die sich immerhin schon im Bau befinden. Irgendwann sollen hier bis zu 8.400 Fahrräder täglich drüber rollen. In Vellmar (Kassel) haben die Arbeiten bereits im vergangenen Jahr begonnen. Seit dieser Woche baut auch Kassel – in mehreren Abschnitten.
Läuft alles nach Plan, könnte zumindest der größte Teil des Radschnellwegs in Vellmar schon im kommenden Jahr fertig sein. Für einen letzten 300 Meter langen Abschnitt fehlt aber noch die Genehmigung. Wann die vorliegt, ist noch offen, sagte Uwe Niede von der Stadt Vellmar. Und auch in Kassel kann die Verwaltung zum Zeitplan für das Gesamtprojekt derzeit keine genauen Angaben machen.
Planung hat über zehn Jahre gedauert
Dabei wurde schon lange geplant. Über zehn Jahre sind seit der ersten Idee bereits verstrichen. Und komplett neue Fahrbahnen müssen zwischen Kassel und Vellmar auch nicht gebaut werden. Größtenteils werden schon vorhandene Wege umgebaut und damit für Fahrradpendler alltagstauglich gemacht. Viel Planungszeit, wenig Wegebau - damit ist die Verbindung zwischen Vellmar und Kassel kein Einzelfall.
"Inzwischen sind in ganz Hessen rund 13 Kilometer Radschnellwege fertiggestellt. Immerhin rund fünf davon in den vergangenen knapp zwei Jahren", sagt Sofrony Riedmann vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Hessen. "Rund ein Jahrzehnt nachdem erste konkretere Planungen zu Radschnellwegen in Hessen angestellt wurden, kenne ich jedoch niemanden, der mit dieser Zwischenbilanz zufrieden ist." Beim Autobahn- und Straßenbau gehe es teils deutlich schneller.
ADFC: Land soll Radschnellwege selber bauen
Hauptkritik des Fahrrad-Clubs: Die Kommunen stünden mit der Planung und Umsetzung der Radwege alleine da. Wo es Städte und Gemeinden nicht selber schaffen, müsste das Land anpacken und die Radschnellwege bauen. "Diese Möglichkeit gibt es zum Beispiel in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen", sagt Riedmann. "Wer Staus vermeiden und den unter Personalmangel leidenden ÖPNV entlasten will, muss die Radschnellwege zügig umsetzen."
Weiterer Kritikpunkt sind die Kosten. Zwar fördert das Land großzügig mit bis zu 80 Prozent. Das reiche aber laut ADFC nicht aus. "Denn viele Kommunen stehen finanziell stark unter Druck und können die Eigenanteile nur sehr schwer aufbringen. Sie brauchen für diese überörtliche Infrastruktur eine 100-Prozent-Förderung", sagt Riedmann.
Derzeit sind in Hessen vier Projekte mit einer Gesamtlänge von rund 50 Kilometern in Bau, heißt es von der Arbeitsgemeinschaft Nahmobilität des Hessischen Verkehrsministeriums. Bei zwölf Radschnellverbindungen mit einer Gesamtlänge von über 290 Kilometern ist zwar die Machbarkeitsstudie abgeschlossen. Vom Baustart ist man hier aber teils noch weit entfernt. Bei sechs weiteren Vorhaben laufen noch die Machbarkeitsstudien.
Verkehrsministerium will Prozess beschleunigen
"Für Großprojekte dieser Art sind umfassende Abstimmungen mit allen Beteiligten zu den Planungsprozessen notwendig", heißt es dazu auf Anfrage vom Verkehrsministerium. Man wolle aber "durch den Abbau unnötiger Bürokratie Prozesse beschleunigen". Das Ministerium verweist dabei auf die Fortschritte bei der Verbindung Frankfurt-Darmstadt. Hier sind mittlerweile elf der insgesamt 25 Kilometer fertig.
Auf die Forderung des ADFC, dass das Land auch für den Bau der Radschnellwege zuständig sein soll, geht das Ministerium von SPD-Minister Kaweh Mansoori aber nicht ein und verweist lediglich auf die Fördermittel vom Land. Dabei hatte sein Parteikollege Tobias Eckert als verkehrspolitischer Sprecher der SPD in der Opposition im Jahr 2023 vor der Landtagswahl noch gesagt, dass es "nur folgerichtig sei", wenn das Land die Baulast für Radschnellwege trage. Sie seien Angesichts der Klimakrise von überragendem öffentlichen Interesse.
Zweiter Kasseler Radschnellweg muss weiter warten
Überragend schnell geht es aber auch in Kassel nicht. Zwar wird seit dieser Woche der Radschnellweg nach Vellmar gebaut. Bei einem anderen Projekt stockt es aber seit Jahren – die Verbindung nach Baunatal ist weiter in der Planungsphase. "Das Projekt ordnet sich innerhalb der Stadt Kassel in eine Vielzahl von Projekten ein und ist zeitlich noch nicht festgelegt", heißt es dazu aus dem Rathaus. Immerhin, der Baunateiler Teil des Radwegs ist schon fertig.