Wohnhäuser in Frankfurt

In keiner deutschen Großstadt fallen die Preise für Wohnimmobilien so stark wie in Frankfurt. Der Traum von Eigenheim wird für die meisten trotzdem immer unrealistischer. Dazu kommt: Die Mieten steigen an.

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Das beschäftigt die Frankfurter am meisten

Demo gegen Wohnraummangel 2018 in Frankfurt
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Jahrelang kannten die Immobilienpreise in Deutschland nur eine Richtung: nach oben. Doch bereits seit der zweiten Jahreshälfte 2022 sinken die Preise für Wohnungen und Häuser. Auch im ersten Quartal dieses Jahres verbilligten sich Wohnimmobilien im Schnitt um 2,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das zeigt der im Mai veröffentlichte Immobilienpreisindex des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp), der auf Daten zu Immobilientransaktionen von über 700 Banken basiert.

Gegenüber dem vierten Quartal 2022 gaben die Preise um 2,0 Prozent nach. Auch in den sieben größten Städten Deutschlands war der Preisrückgang spürbar, aber mit durchschnittlich 1,4 Prozent im Jahresvergleich und 1,3 Prozent im Quartalsvergleich geringer als der Bundesschnitt.

Frankfurt mit stärkstem Rückgang aller Großstädte

Einen großen Ausreißer gibt es allerdings: In keiner deutschen Großstadt sind die Preise für Wohnungen und Häuser so stark gesunken wie in Frankfurt - mit minus 6,4 Prozent binnen Jahresfrist und 2,2 Prozent gegenüber dem vierten Quartal 2022. In Berlin dagegen stiegen die Preise sogar um 1,0 Prozent im Jahresvergleich.

Als Gründe für den Preisverfall gelten unter anderem die gestiegenen Zinsen, die hohen Baukosten und die allgemeine Verunsicherung durch den Ukrainekrieg. Diese Faktoren führen zu einem Einbruch der Nachfrage.

Dass es Frankfurt besonders trifft, erkläre sich durch die Preisentwicklung in der Vergangenheit, erklärt Jürgen Pfeffer, Immobilienexperte an der Frankfurt School. "Die Steigerung der Immobilienpreise in Frankfurt war exorbitant größer als in anderen Großstädten. Deshalb verwundert es nicht, dass in Krisen auch der Preisverfall hier schneller und stärker ausfällt", so Pfeffer. Von einem Einbruch der Preise könne man bisher aber noch nicht sprechen.

Sorgen über Ursache sinkender Preise

Auf den ersten Blick können die sinkenden Preise positiv wirken, die derzeitigen Ursachen dafür bereiten Experten aber Sorgen. Ein besorgniserregender Effekt: Die Preis- und Zinssteigerungen und der Fachkräftemangel führen dazu, dass sich Bauherren mit Projekten zurückziehen oder sie stornieren.

Im März dieses Jahres verzeichnete Deutschland den stärksten Einbruch bei den Baugenehmigungen seit 16 Jahren. Auch in Frankfurt gehen die Bauprojekte massiv zurück. So hat beispielsweise der Immobilienkonzern Vonovia alle Bauvorhaben für das Jahr 2023 gestoppt.

Der Traum vom Eigenheim in Frankfurt wird trotz des Preisverfalls immer unrealistischer. "Die sinkenden Preise gleichen die teuren Finanzierungskosten in keinster Weise aus. Wer heute ein Eigenheim kauft, zahlt im Schnitt real mehr, auch wenn er die Immobilie etwas günstiger kriegt", erklärt Pfeffer.

"Ex-Käuferklientel stürmt den Mietmarkt"

Weil die Finanzierung von Eigentum teurer wird, weichen viele Menschen in Frankfurt wieder verstärkt auf Mietwohnungen aus. Die Folge: Mieten werden deutlich teurer. Im ersten Quartal 2023 lag die Angebotsmiete einer Wohnung in Frankfurt im Schnitt bei einem Quadratmeterpreis von etwa 14,30 Euro - eine Steigerung von 4,5 Prozent in einem Jahr.

Frank Alexander vom Immobilienverband Mitte (IVD) warnt deshalb vor sozialen Problemen in Frankfurt: "Der Mietmarkt wird jetzt von Ex-Käuferklientel gestürmt, was natürlich auch zu sozialen Ungleichheiten führt. Eine alleinerziehende Frau mit geringem Einkommen wird da erst mal hinten angestellt."

Nach einer Prognose der Stadt Frankfurt werden bis 2035 rund 60.000 Menschen mehr in der Stadt leben als jetzt. Auch das könnte die Entwicklung weiter verschärfen: "Die allermeisten werden sich keine Immobilie kaufen können, mehr als 95 Prozent werden zunächst nach Mietwohnungen suchen“, erwartet Alexander. Wer in Frankfurt nicht fündig werde, müsse dann ins Umland. Auch dort würden Mietpreise steigen.

Anreize für Anleger gefordert

Um Lösungen für diese Herausforderungen zu finden, müsse die Politik aktiv werden. Die Idee von Alexander: Das Land Hessen solle das Bauen mit Steuervorteilen oder Zinsvergünstigungen attraktiver für Anleger machen. Die Bedingung dafür: gedeckelte Mieten. "Das ist nötig, um schnell bezahlbare Mietwohnungen bereitzustellen. Der Wunsch von Anlegern ist da, aber es gibt mit den aktuellen freien Marktbedingungen keinen Match. Der ist nur mit politischen Anreizen herzustellen", so Alexander.

Immobilienexperte Pfeffer von der Frankfurt School fordert, einkommensschwächere Menschen bei der Bildung von Eigenkapital zu unterstützen. Außerdem müsse der soziale Wohnungsbau massiv gefördert werden, um soziale Unruhen zu vermeiden. "Das Angebot muss erhöht werden, der Baugenehmigungsprozess muss flexibler und schneller sein. Die Kommunen müssen verstehen, dass es fünf nach zwölf ist und nicht fünf vor zwölf", sagt Pfeffer.

Maßnahmen der Politik

Damit mehr Wohnungen gebaut werden, stellt das hessische Wirtschaftsministerium nach eigenen Angaben zusammen mit dem Bund die "Rekordsumme von 2,7 Milliarden Euro" zur Verfügung. Zugleich greife man auf die Mietpreisebremse zurück, um den Mietanstieg in Ballungsräumen schnell zu dämpfen. "Unser Ziel ist, dass jede Hessin und jeder Hesse eine angemessene Wohnung zu einem bezahlbaren Preis finden kann", teilt das Ministerium mit.

Das Planungsdezernat der Stadt Frankfurt habe ebenfalls konkrete Maßnahmen ergriffen, um die Entwicklung des Wohnungsmarkts zu fördern, heißt es auf hr-Anfrage. Eine zentrale Strategie bestehe darin, mehr Bauland zu erschließen und bereitzustellen. Zusätzlich würden vergünstigte Darlehen für den Bau von Sozialwohnungen und Wohnungen für den Mittelstand angeboten, um die Kosten im Griff zu behalten. Auch ein spezielles Förderprogramm für Wohnungen für Studierende sei eingeführt worden.

"Wir sind dabei, den Antragsprozess für Bauwillige zu digitalisieren, um ihn einfacher und effizienter zu gestalten", sagt der Referent des Planungsdezernats, Marcus Gwechenberger. Aktuell befänden sich mehr als 5.000 Wohnungen im Bau, die in den nächsten Jahren fertiggestellt würden - davon mehr als 1.500 Wohnungen gefördert von der Stadt.

Prognosen für den Immobilienmarkt in Frankfurt bis 2035

Der Wohnatlas der Postbank gilt als renommierte Untersuchung und hat kürzlich eine Prognose für den Immobilienmarkt in Frankfurt veröffentlicht, die bis zum Jahr 2035 reicht. Demnach werden die Immobilienpreise in der Stadt in den kommenden zwölf Jahren inflationsbereinigt im Schnitt um 1,93 Prozent pro Jahr steigen.

Allerdings sei bei langfristigen Prognosen stets Vorsicht geboten, erklärt Jürgen Pfeffer von der Frankfurt School. Gerade im Moment sei die Lage sehr undurchsichtig. Es gebe preissteigernde Effekte wie etwa wenig Boden und stornierte Projekte, und es gebe preissenkende Effekte wie die abnehmende Nachfrage. "Mit einer langfristigen Preissenkung tue ich mich aber auch schwer, weil Wohnraum immer knapper wird und es immer noch viel Nachfrage in Frankfurt gibt", so die Einschätzung Pfeffers.

Rekord-Wohnungsmangel erwartet

Zumindest aktuell geht der Trend aber in diese Richtung: Der Verband deutscher Pfandbriefbanken erwartet auch für die nächsten Quartale fallende Preise. Zeitgleich bleibe der Druck auf die Neuvertragsmieten groß. Nach wie vor bestehe eine echte Knappheit an Wohnraum.

Nach einer Studie des Pestel-Instituts und des Bauforschungsinstituts Arge droht 2023 ein Rekord-Wohnungsmangel. Demnach fehlten deutschlandweit über 700.000 Wohnungen. Das sei der größte Wohnungsdefizit seit mehr als 20 Jahren.

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