Vom Wasserbecken bis zur Wetterversicherung Hessische Landwirte reagieren auf Wetterextreme

Viel Sonnenschein, kaum Wolken und noch weniger Regen: Über das aktuell fast sommerliche Wetter dürften sich viele Hessen freuen. Dagegen stellt die zunehmende Trockenheit Landwirte seit Jahren vor Herausforderungen.

Ein Traktor fährt über ein Feld und wirbelt Staub auf. Aus der Vogelperspektive fotografiert.
Für die Aussaat ist die Trockenheit noch gut, aber zum Sprießen bräuchten die Pflänzchen dringend Regen. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)

Eine Art großes Schwimmbecken randvoll mit Wasser steht hinter den Erdbeerfeldern von Reiner Paul in Wiesbaden. Gerade wenn es wie jetzt wochenlang kaum regnet, ist dieses 30 mal 50 Meter große Becken für den 60-jährigen Erdbeerbauern äußerst nützlich: "Das sind etwa 10.000 Kubikmeter Wasser, das reicht für die nächsten Wochen."

Vor fünf Jahren hat Paul das Becken gebaut, um sich gegen die Folgen des Klimawandels abzusichern. Das Wasser stammt aus verschiedenen Quellen: Derzeit kommt es vor allem von Brunnen auf dem Gelände.

Dafür sammelt der Betrieb das ganze Jahr über Regenwasser. "Wir hoffen natürlich immer auf weiteren Niederschlag, damit sich das Becken selbst auffüllt", so Paul.

Landwirt Reiner Paul vor einem Wasserbecken
Landwirt Reiner Paul vor einem Wasserbecken Bild © hessenschau.de

Wasser speichern ist die Devise

Das Wasser aus dem Becken wird auf die Felder gepumpt. Es fließt durch kilometerlange Schläuche mit Löchern direkt in die Erde. "So gelangt das Wasser direkt an die Wurzeln", erklärt der Erdbeerbauer.

Mit der Tröpfchenbewässerung braucht er im Vergleich zu anderen Gießmethoden nur halb so viel Wasser. Und damit es nicht so schnell verdunstet, bedeckt er die Erde rund um die Erdbeeren mit Folien und Stroh.

Landwirt Reiner Paul zeigt seine Tröpfchenbewässerung
Landwirt Reiner Paul zeigt seine Tröpfchenbewässerung Bild © hessenschau.de

Der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen berät Landwirte und Gärtner zum Thema Bewässerung. Folienteiche und Fässer als Wasserreservoir seien auch anderswo zunehmend gefragt, berichtet Sprecher Karl-Josef Walmanns.

Und bloß kein Wasser verschwenden!

Dazu gießen laut Walmanns immer mehr Landwirte nah am Boden und nutzen dafür etwa sogenannte Düsenwagen: "Daran hängen Schläuche, über die das Wasser direkt an die Pflanzen gelangt", sagt Walmanns. Das sei wassersparend. Würde das Wasser dagegen über den Feldern in die Luft gespritzt, würde zu viel verdunsten.

Mit dem sparsamen Gießen und Wasserspeichern versuchen immer mehr Landwirte der anhaltenden Trockenheit zu trotzen. Für diese Woche erwartet der Deutsche Wetterdienst in Offenbach in Hessen weiterhin sonniges und warmes Wetter.

Audiobeitrag
Bild © hessenschau.de| zur Audio-Einzelseite
Ende des Audiobeitrags

Kommt das nächste extrem trockene Jahr?

Vor einem Monat hatte der Wetterdienst bereits darauf hingewiesen, dass dieses Jahr in Hessen wie ganz Deutschland diesbezüglich wieder extrem werden könnte. Seit Beginn der Auswertung 1931 sei es im Zeitraum von Anfang Februar bis Mitte April noch nie so trocken gewesen wie 2025, heißt es in einer Mitteilung.

Es seien pro Quadratmeter bundesweit im Schnitt nur rund 40 Liter Regen gefallen. Im Vergleich zu früheren Jahren also viel weniger – ein Minus von knapp 70 Prozent.

Deshalb setzen nach Angaben des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen auch etliche Landwirte auf Sorten, die besser mit Trockenheit zurechtkommen. "Sie bauen beispielsweise Getreide an, das früher erntereif ist", sagt Sprecher Karl-Josef Walmanns: "Wenn es dann im Sommer so trocken wird, wirkt sich das auf die Erträge nicht mehr negativ aus."

Land Hessen will Versicherungen fördern

Aber es ist nicht nur die Trockenheit allein, die den Bauern Sorgen macht. Es sind vielmehr die Wetterextreme. Punktuell gibt es nämlich doch Regen oder Starkregen, Gewitter und auch Hagel. Auch dagegen versuchen sich Landwirte zu schützen, indem sie beispielsweise über Obstbäume Hagelnetze spannen.

Nach Ansicht des hessischen Bauernverbandes müssen sich Landwirte auch zunehmend gegen Ernteausfälle versichern. In dem Zusammenhang weist der Bauernverband auf den hessischen Koalitionsvertrag hin. Dort hatte die Landesregierung eine Förderung solcher Versicherungen in Aussicht gestellt und eine faire Lösung mit dem Stichwort "Hessen-Police".

Das hessische Landwirtschaftsministerium teilte mit, es habe dazu vor einer Woche im Landesagrarausschuss detaillierte Planungen vorgestellt. Gemeinsam mit dem Bauernverband und der Versicherungswirtschaft sei man dabei, ein hessisches Modell zu entwickeln.

Nach der Sommerpause werde ein erster Entwurf für eine Richtlinie vorgelegt, erste Anträge könnten nach bisheriger Planung im Herbst 2026 gestellt werden.

Der Klimawandel dürfte die Preise steigen lassen

Selbst mit so einer staatlichen Unterstützung müssen viele hessische Landwirte laut Bauernverband aber generell immer tiefer in die Tasche greifen, um sich langfristig für die vielfältigen Folgen des Klimawandels zu wappnen. Diese Investitionen könnten sie oft auch an Verbraucher weiterreichen, und zwar über die Preise.

Zurück auf den Erdbeerfeldern von Reiner Paul in Wiesbaden: Allein für das Wasserbecken hat er rund 350.000 Euro gezahlt. Innerhalb von zehn Jahren will er dieses Geld wieder erwirtschaftet haben. Zumindest er hat die Preise zuletzt aber nicht erhöht. Ein halbes Kilo Erdbeeren kostet hier zurzeit rund 5 Euro.

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de