Was Sie über den geplanten Frankfurter Fernbahntunnel wissen müssen

Es ist das vielleicht wichtigste Verkehrsprojekt Hessens der beiden kommenden Jahrzehnte: Am Frankfurter Hauptbahnhof soll der Fernverkehr in einen unterirdischen Tunnel verlagert werden. Alles Wichtige zum Milliardenprojekt.

Viele Züge stehen nebeneinander auf vielen Gleisen.
Ein ICE am Hauptbahnhof Frankfurt. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)
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Kürzere Fahrzeiten, schnellere Umstiege, weniger Verspätungen: Am Frankfurter Hauptbahnhof soll der Fernverkehr bis 2040 in einen kilometerlangen Tunnel verlagert werden. 

So sehen die Pläne für den Fernbahntunnel bislang aus:

Was genau plant die Bahn unter der Frankfurter City?

Nicht weniger als ein Mammutprojekt. Der Frankfurter Hauptbahnhof - eines der wichtigsten Verkehrskreuze in Deutschland - soll um eine Station in 40 Metern Tiefe ergänzt werden. In diesem Tiefbahnhof sollen künftig ICEs und möglicherweise auch andere Schnellzüge halten. Vor allem aber sollen sie von dort ohne aufwendige Wendemanöver weiterfahren können.

Die unterirdischen Gleisanlagen sollen so angelegt werden, dass auch Doppelstockzüge mit einer Länge von bis zu 400 Metern dort halten können.

Denn nach dem Willen der Bahn wird der Frankfurter Hauptbahnhof bis etwa 2040 zumindest für den Fernverkehr vom Kopf- zum Durchgangsbahnhof umgebaut. Damit sich dieses Ziel verwirklichen lässt, muss der neue Tiefbahnhof von Osten und Westen her durch einen neuen Tunnel angesteuert werden.

Im Westen würden die Fernzüge nach Vorstellung der Bahn auf Höhe der Stadtteile Gallus und Gutleut "abtauchen". Wo der Tunnel im Osten der Stadt enden würde, ist derzeit noch nicht ganz klar. Möglich wären zwei separate Tunnelausgänge - einer nördlich, einer südlich des Mains. Die Tunnelröhre soll etwa achteinhalb Kilometer lang werden.

Planungskarte Fernbahntunnel Frankfurt
Bild © hr/OpenStreetMap

Was verspricht sich die Bahn von dem Tunnelprojekt?

Nach Angaben der Bahn hat der Frankfurter Hauptbahnhof seine Kapazitätsgrenzen erreicht und kann weder im Fern- noch im Regionalverkehr weitere Züge aufnehmen.

Durch die Verlagerung des Fernverkehrs unter die Erde soll die Kapazität um rund 20 Prozent erhöht werden. Vorgesehen sind vier unterirdischen Gleise mit zwei breiten Bahnsteigen. Zudem verspricht sich die Bahn vor allem auf Langstrecken eine Reduktion der Fahrzeit sowie durch die Entzerrung von Fern- und Regionalverkehr deutlich weniger Verspätungen.

Als Zielmarke hat die Bahn eine Umstiegszeit vom Fern- auf den Nah- und Regionalverkehr in acht bis zehn Minuten vorgegeben.

Was soll das kosten und wie weit sind die Planungen schon gediehen?

Die Deutsche Bahn gibt sich in Anbetracht der Kosten-Explosion beim Bau von "Stuttgart 21" in ihrer Kostenschätzung sehr optimistisch. Rund 3,6 Milliarden Euro - so die aktuelle Prognose - könnte die Umsetzung des Tunnelprojekts kosten.

Die Planungen stehen dabei noch am Anfang, aber die Bahn versucht, Tempo zu machen. 2021 wurde eine erste Machbarkeitsstudie vorgestellt.

Nun wird die Detailplanung ausgeschrieben. Das Ingenieursbüro, das den Zuschlag erhält, soll im Anschluss in drei bis vier Jahren die konkrete Planung für Tiefbahnhof und Tunnel abschließen. Anfang der 2030er-Jahre sollen nach dem Willen der Bahn dann die Bauarbeiten beginnen.

Dazu sollen die Planungen beschleunigt werden: Mehrere Maßnahmen – darunter eine enge Abstimmung mit Stadt und Region, eine frühe Einbeziehung der Bauindustrie sowie die gesamte Vergabe aller Planungsleistungen auf einmal – sollen dabei bis zu fünf Jahre sparen.

Wer unterstützt das Projekt?

Die Deutsche Bahn hat sich die Unterstützung einer ziemlich breiten Front von Politik und Wirtschaft gesichert. Als die Bahn im Juli ihren Fahrplan für die Umsetzung des Tiefbahnhofs vorstellte, äußerte sich nicht nur Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) positiv, sondern auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne).

Grundsätzlich positiv bewertet auch der Fahrgastverband Pro Bahn und Bus in Hessen das Tunnelprojekt.

Wer kritisiert das Mammut-Projekt?

Kritik kommt vor allem von Umweltverbänden und der Initiative Frankfurt 22. Diese monieren, dass finanzieller und zeitlicher Aufwand für den Umbau in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen. Hinzu kommen Umwelt- und Sicherheitsbedenken.

So kritisieren etwa die Naturfreunde Frankfurt, dass das Geld, das in den Fernbahntunnel gesteckt werden soll, an anderer Stelle besser angelegt wäre. Nämlich beim Ausbau der Bahn in der Fläche und dem (Wieder-)Anschluss des ländlichen Raums an das Eisenbahnnetz. Der Zulauf zum Frankfurter Hauptbahnhof ließe sich auch oberirdisch optimieren - entsprechende Pläne lägen schon seit 2003 vor.

Stattdessen werde Geld in ein Projekt gesteckt, bei dem jetzt bereits Kostensteigerungen auf bis zu 10 Milliarden Euro absehbar seien. Durch die Bauarbeiten würden einige oberirdische Gleise über Jahre unbenutzbar, ebenso vermutlich wichtige Straßen in der Innenstadt. All das werde zu weiteren Verspätungen bei der Bahn und Stau auf den Straßen führen.

Die Zeitplanung der Bahn sei zudem unrealistisch, eine Fertigstellung vor 2045 kaum zu erwarten.

Wie reagiert die Bahn auf die Kritik?

Die Bahn reagiert auf die Kritik gelassen. Auf hr-Anfrage erklärte eine DB-Sprecherin, dass man bereits in der Vorplanung Umweltbelange und Auswirkungen auf die Anwohnerinnen und Anwohner untersucht habe.

Das Bauvorhaben solle "ein Modellprojekt für nachhaltiges Bauen mit geringen Immissionen" werden. Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Industrie würden dazu eingebunden.

Darüber hinaus sei dem Konzern daran gelegen, den Zugverkehr während der Bauphase so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Die genauen Auswirkungen ließen sich allerdings erst abschätzen, wenn die genaue Lage des Tiefbahnhofs und die Route des Tunnels endgültig feststünden.

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Redaktion: Danijel Majic, Bernhard Böth

Sendung: hr-iNFO, 08.03.2024, 6 Uhr

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Quelle: hessenschau.de, mit Material von dpa/lhe