Das Hauptportal der Goethe Uni in Frankfurt. Über den Säulen steht in großen Lettern "Johann Wolfgang Goethe-Universität".

Er beharrte auf dem N-Wort und verglich sich mit Juden im Holocaust: Diese Entgleisung bei einer Konferenz in Frankfurt hatte für Tübingens OB Palmer Konsequenzen. Solche sollte es auch für die Organisatorin der Tagung geben, finden Studierende und Lehrkräfte an der Uni Frankfurt.

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Empörung über Palmer-Auftritt an Frankfurter Uni

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Er kam, sprach und - verlor. Die Rede ist vom Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, der am vergangenen Freitag an der Frankfurter Goethe-Uni mit rassistischer und den Holocaust verharmlosender Wortwahl für einen Eklat gesorgt hat. Geladen war Palmer als Schlussredner bei einer Konferenz unter dem Titel "Migration steuern, Pluralität gestalten - Herausforderungen und Konzepte von Einwanderungspolitiken".

Die Tragweite des Vorfalls wird schon daran deutlich, dass Palmer inzwischen bei den Grünen ausgetreten ist und eine Auszeit als OB angekündigt hat, um Hilfe in Anspruch zu nehmen. Doch welche Konsequenzen zieht die Uni aus dem Vorfall?

Für den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Uni Frankfurt kamen Palmers sprachlichen Entgleisungen nicht überraschend. Dennoch sind dort die Empörung und die Wut darüber sowie über die Konferenz an sich nach wie vor groß. "Es macht uns wütend, und wir finden es erschreckend, dass im Saal der Uni Frankfurt Palmer eine Bühne geboten und ihm dann auch Beifall geklatscht wurde", sagte Bleta Berisha, Mitglied des AStA-Vorstandskollektivs, dem hr.

AStA: Richtlinien allein reichen nicht

Bereits im Vorhinein hatte der AStA die Veranstaltung scharf kritisiert und den Organisatoren unter anderem vorgeworfen, sie hätten die Redner bei der Migration-Konferenz einseitig ausgewählt. Dabei bezog er sich explizit auch auf Palmer. Nun fordert der AStA von der Uni-Leitung, Konsequenzen aus dem Vorfall zu ziehen.

Das Präsidium der Uni kündigte nach dem Eklat lediglich an, "sich in einem statusübergreifenden Dialog auf gemeinsame Werte und Guidelines zur Organisation und Ausrichtung von Veranstaltungen an der Nahtstelle von Wissenschaft und Öffentlichkeit zu verständigen, um den wichtigen Dialog mit der Gesellschaft angemessen führen zu können". Mit dieser Stellungnahme will sich der AStA jedoch nicht zufriedengeben.

Richtlinien seien zwar das Mindeste, kämen aber schon zu spät, sagt Berisha. Die Uni müsse aus der Konferenz lernen. "Was wir uns wünschen würden, ist eine Stellungnahme des Präsidiums, in der sie sich nicht nur distanziert, sondern auch zu den Referenten äußert und die Veranstaltung als unwissenschaftlich benennt", so Berisha.

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Ausschluss auf Forschungsverbund gefordert

Darüber hinaus fordert der AStA Konsequenzen auch für die Organisatoren der Veranstaltung, namentlich für die Ethnologin Susanne Schröter. Sie leitet das Forschungszentrum Globaler Islam, das die Konferenz maßgeblich organisierte. Schröter habe zwar vor Ort versucht, den Schaden zu begrenzen, aber das Gegenteil erreicht, findet Berisha. Außerdem fordert das AStA-Vorstandsmitglied, Schröters Forschungszentrum aus dem Forschungsverbund Normative Orders auszuschließen und ihre Lehrtätigkeit einzuschränken.

Rückenwind bekommt der Studierendenausschuss vom Institut für Ethnologie der Goethe-Uni, das ebenfalls Schröter in der Verantwortung für den Eklat sieht. Es sei ihr als Organisatorin der Konferenz nicht gelungen, die schon vorab vielfach geäußerte Kritik und "die damit zusammenhängenden Bedenken als unbegründet zu widerlegen", heißt es in einer Stellungnahme des Instituts. Darin fordert der Geschäftsführende Institutsdirektor Mirco Göpfert von Schröter "eine Aufarbeitung ihrer Rolle in diesem Vorfall".

Bereits in der Vergangenheit habe Schröter Veranstaltungen an der Goethe-Uni organisiert, die mit Blick auf Maßstäbe des Instituts - wie "respektvolles Miteinander und Empathie im Umgang miteinander, Verständnis für die Wirkung von Sprache" - als problematisch einzustufen seien, heißt es in dem Schreiben.

Uni-Leitung im Abstimmungsprozess

Der Forschungsverbund Normative Orders, wozu das Forschungszentrum Globaler Islam unter Schröters Leitung zählt, distanzierte sich bisher lediglich von Palmers Äußerungen. "Der Geist kritischer Toleranz darf gerade an einer Universität nicht fehlen, aber Rassismus liegt jenseits von deren Grenzen wie auch jeden produktiven Streits", erklärten die beiden Verbundssprecher Nicole Deitelhoff und Rainer Forst auf der Homepage des Forschungsverbunds.

Ob es, wie vom AStA gefordert, Konsequenzen für Schröter selbst geben wird, ist offen. Das Uni-Präsidium teilte am Mittwoch auf hr-Anfrage mit, vor der Einigung auf Richtlinien für "Veranstaltungen an der Nahtstelle von Wissenschaft und Gesellschaft" müsse "zunächst eine gründliche und besonnene Prüfung der Vorgänge vom vergangenen Freitag erfolgen".

Dazu bedürfe es erst einiger Gespräche. Im Mittelpunkt solle die Frage stehen, wie die Goethe-Universität derlei Veranstaltungen "zukünftig durchführen kann, ohne dabei radikalen Positionen Vorschub zu leisten".

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