Rückenansicht eines schwarz gekleideten islamischen Predigers. Auf dem Kopf sieht man eine schwarze Kappe. Sein Bart sprießt erkennbar in alle Richtungen. Sein Gesicht ist nicht zu sehen.

Vier einschlägig bekannte salafistische Prediger wollen kommendes Wochenende in Frankfurt ein Seminar abhalten. Der genaue Ort wird noch geheim gehalten. Der Verfassungsschutz betrachtet die Veranstaltung mit Sorge.

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Verfassungsschutz warnt vor Salafisten-Seminar in Frankfurt

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Die Ankündigung kommt auf den ersten Blick harmlos daher. Im Hintergrund mehrere Reihen leerer Stühle, im Vordergrund die Gesichter von vier Männern, deren Barttracht und Kopfbedeckungen einen islamischen Kontext nahelegen. Darüber der Titel der Veranstaltung: "Islam Seminar Frankfurt". Im unteren Teil des Bildes die Namen der Männer: Abul Hussain, Abu Jamal, Abul Baraa und Wisam Kouli.

Bei den Sicherheitsbehörden lassen die Namen jedoch die Alarmglocken klingeln. Die vier Männer, die am zweiten Juli-Wochenende ein "Islam-Seminar" in Frankfurt abhalten wollen, gehören nämlich zu den prominentesten salafistischen Predigern in Deutschland. Genau deshalb betrachtet unter anderem das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) die Veranstaltung mit Sorge.

Ablehnung von Demokratie und Pluralismus

"Wir müssen aufgrund der angekündigten Prediger davon ausgehen, dass die Veranstaltung und Redebeiträge der salafistischen Islamauslegung folgen werden", erklärt Hessens Verfassungsschutz-Präsident Bernd Neumann auf hr-Anfrage. "Salafisten lehnen unsere freiheitliche Demokratie und pluralistische Gesellschaft ab. Als LfV Hessen weisen wir deshalb ausdrücklich darauf hin, dass hier unter dem Deckmantel eines religiösen Islam-Seminars eine extremistische Agenda verfolgt wird."

Tatsächlich lässt die Auswahl der Prediger wenig Zweifel am ideologischen Hintergrund der Veranstaltung aufkommen. Die Predigten von Ahmad Armih alias Abul Baraa aus Berlin etwa, enthalten nach Einschätzung des Niedersächsischen Verfassungsschutzes "klassische Elemente des Salafismus wie die Erhebung salafistischer Muslime über alle anderen Menschen sowie die klare Trennung zwischen Gläubigen und Ungläubigen".

Ankündigung des Islam-Seminars

Dem in Leipzig ansässigen Hassan Dabbagh alias Abul Hussain wiederum bescheinigt der sächsische Verfassungsschutz, seinen Zuhörern "Ressentiments gegenüber der deutschen Gesellschaft sowie der freiheitlichen demokratischen Grundordnung" zu vermitteln.

Ideologien der Ungleichwertigkeit

Zu einer ähnlichen Einschätzung wie die Verfassungsschutzbehörden kommen auch Beobachter der salafistischen Szene in Deutschland. "Alle vier lassen sich dem klassischen politischen Salafismus zurechnen. Also einer Strömung im Salafismus, die grundsätzlich die demokratische Ordnung ablehnt und eine archaisch islamische Gesellschaft befürwortet", betont Heiner Vogel, Politikwissenschaftler und seit über zehn Jahren Mitarbeiter des Islamismus-Watchblogs "Erasmus Monitor".

Die für Frankfurt angekündigten Prediger gehörten zur "alten Garde" des Salafismus in Deutschland, erläutert Vogel. In ihren Ansprachen werde eine Gegnerschaft zwischen Muslimen und Anhängern anderer Religionen postuliert, wobei sich Muslime ausschließlich in der Opferrolle befänden. "Dementsprechend stark sind die Reden dieser Prediger von Ideologien der Ungleichwertigkeit geprägt", so Vogel.

Allerdings betont Vogel auch, dass alle vier Prediger nicht für Gewaltaufrufe oder direkte Werbung für den bewaffneten Dschihad bekannt seien. "Allerdings wissen sie genau, mit welchen Narrativen sie da spielen."

Kontaktbörse für die Szene

Die Namen der Männer sind allerdings nicht nur in Sicherheitskreisen ein Begriff. Einige von ihnen sind schon seit Jahren immer wieder auf Tour durch Moscheegemeinden in ganz Deutschland. Auf Youtube und in jüngster Zeit vor allem auf Tik Tok erreichen Kurzvideos der Prediger, in denen sie Glaubens- und Alltagsfragen beantworten, teils enorme Reichweiten - und ein vorwiegend junges Publikum.

Öffentliche Auftritte etwa in Form mehrtägiger Islam-Seminare dienen dabei der Vernetzung. "Das Publikum kommt oft aus verschiedenen Regionen angereist", so Heiner Vogel. Die Präsenz-Veranstaltungen seien für die Szene so etwas wie Kontaktbörsen.

Die Veranstalter des Seminars - eine Gruppe namens "Islamkenntnis" - weisen derweil den Vorwurf, dass es sich um eine salafistisch geprägte Veranstaltung handeln würde, zurück. Man könne nicht nachvollziehen, wie der Verfassungsschutz zu dieser Einschätzung komme. Sinn des Treffens sei, die eigene Religion besser kennenzulernen, seelische Inspiration zu erhalten und gemeinsam zu beten.

Man selbst befürworte die "freiheitlich demokratische Grundordnung". Nach Erhalt der hr-Anfrage habe man zudem die Prediger mit den Vorwürfen konfrontiert und sich von ihnen mündlich wie schriftlich bestätigen lassen, "dass sie nur die Religion lehren und keine Politik und Ideologie verbreiten."

Behörden vorgewarnt

Ob das Seminar wie geplant stattfinden kann, ist derweil unklar. Kurz nach Erhalt der hr-Anfrage verschwanden die Ankündigungen von den Instagram und TikTok-Profilen von "Islamkenntnis". Am Montagvormittag dann erklärten die Organisatoren, dass die Veranstaltung abgesagt sei, da ihnen die geplanten Räumlichkeiten gekündigt worden seien.

Wo genau das Seminar stattfinden sollte, hätten angemeldete Teilnehmerinnen oder Teilnehmer kurz vor Beginn erfahren. Ein Vorgehen, dass die Organisatoren damit erklären, dass bis zuletzt nicht feststand, wo die Veranstaltung stattfinden sollte. Vielleicht aber sollte damit auch vermieden werden, dass städtische Behörden einschreiten. Die nämlich wurden inzwischen vom Landesamt vom Verfassungsschutz vorgewarnt.

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