"Cook & Freeze" am UKGM Uniklinikum Marburg serviert jetzt Tiefkühl-Essen vom Caterer
Seit dieser Woche wird das Essen im Marburger Uniklinikum nicht mehr in der Krankenhausküche gekocht, sondern von einem externen Dienstleister geliefert. Klinikum und Land nennen das eine Verbesserung. Das sehen nicht alle so.
Was und wie für die Patienten am Uniklinikum Gießen und Marburg (UKGM) gekocht wird, ist ein Politikum. Die Zukunft der Küchen im privatisierten Uniklinikum ist seit langem umstritten.
Zuletzt ging es hauptsächlich darum, ob die beiden Küchen zusammengelegt werden, überhaupt weiterhin vor Ort gekocht werden soll oder die Klinik auf externe Zulieferungen umsteigt.
Auslagerung, Schließung und Kündigungen sind nach einer Einigung mit dem Land inzwischen vom Tisch. Trotzdem stellt das UKGM das Verpflegungssystem nun grundlegend um: auf "Cook & Freeze"-Mahlzeiten, die ein externer Dienstleister anliefert. Nach hr-Informationen ist die Umstellung in dieser Woche angelaufen.
Umstellung am Dienstag in Marburg angelaufen
Das Uniklinikum bestätigt: Seit Dienstag werde das Essen in Marburg von einem "Systempartner" geliefert, in Gießen sei man noch in der Vorbereitung. hr-Informationen, wonach es sich beim Lieferanten um den Catering-Großkonzern Apetito handeln soll, wollte das Klinikum nicht kommentieren.
Mit der Ankündigung der Umstellung im vergangenen Jahr gaben Klinikum und Land bekannt, man werde am Zwei-Küchen-Modell in Gießen und Marburg festhalten. Für unbefristet Beschäftigte wurden Garantien ausgehandelt, für befristet Beschäftigte Wechselmöglichkeiten in andere Krankenhausbereiche.
UKGM: "Wichtiger Modernisierungsschritt"
UKGM und Land erklärten: Die Umstellung auf "Cook & Freeze" sei ein wichtiger Modernisierungsschritt und verbessere die Patientenversorgung. Das neue Verfahren sei hygienischer, nachhaltiger, ermögliche gleichbleibende Qualität und sei zudem nährstoff- sowie vitaminschonend.
Bislang wurden in Marburg rund 950 Patientinnen und Patienten täglich nach dem "Cook & Serve"-Verfahren versorgt. In Gießen kocht man derzeit noch für rund 1.100 Patienten nach dem "Cook & Chill"-Verfahren. Für Umbaumaßnahmen in Bezug auf die Umstellung werden nach Angaben des Wissenschaftsministeriums 7,8 Millionen Euro investiert.
UKGM: Weniger Verschwendung, mehr Auswahl
Das Uniklinikum teilte auf hr-Nachfrage mit: Bei den bisherigen Verfahren habe man zu großen Teilen Fertigprodukte verwendet. Statt bislang aus drei Gerichten könne künftig täglich aus 21 Menüs gewählt werden. "Zusätzlich reduzieren wir durch dieses Verfahren den Foodwaste, also das Vernichten von zu viel produzierten Speisen, da wir gezielt auf die Bestellungen der Patienten hin zubereiten."
Einen Großteil der Spezialdiäten könne das neue System abdecken, so das UKGM. Etwa zehn Prozent werde man weiterhin individuell in der Küche zubereiten. Frühstück und Abendessen seien von der Umstellung nicht betroffen.
Sorge trotz Einigung
In der Marburger Küche sieht man die Umstellung laut hr-Informationen dennoch kritisch. Mitarbeiter bedauern, dass künftig nicht mehr vor Ort gekocht wird.
Sorge gibt es trotz der Einigung mit dem Land darüber, wie viel Personal langfristig gebraucht wird und welche Auswirkungen die Umstellung auf die Arbeitsbereiche der Angestellten haben wird.
"Cook & Freeze": Geringerer Personalbedarf in der Küche?
Dass das neue Verfahren weniger personalaufwendig ist als das alte, liegt zumindest nahe. Wissenschaftsminister Timon Gremmels (SPD) informierte in einer Ausschusssitzung im Februar 2024 über die damals diskutierten Szenarien und rechnete dabei zum Personalbedarf vor: "Aktuell arbeiten an beiden Standorten in den Küchen laut UKGM-Geschäftsführung 198 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, entsprechend 151 Vollkräften. Davon sind rund 26 Vollkräfte befristet beschäftigt. Durch die Umstellung auf das Cook & Freeze-Verfahren würden nach aktueller Planung bei Umsetzung der Zwei-Standorte-Lösung 53 Vollkräfte weniger benötigt."
Wie viele Mitarbeiter man tatsächlich langfristig in der Küche brauchen wird und wie viele ihren Job wohl werden wechseln müssen, beantwortete das UKGM auf Nachfrage nicht. Klinikum und Land betonten beide, dass die vergangenes Jahr getroffenen Vereinbarungen zu Kündigungsgarantien und Wechselmöglichkeiten für das Personal weiterhin gälten.
Das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) ist das drittgrößte sowie das einzige privatisierte Universitätsklinikum in Deutschland. Derzeit hält die Rhön Klinikum AG 95 Prozent der Anteile, die wiederum mehrheitlich von Asklepios Klinikkonzern gehalten wird. Das Land Hessen hat eine fünfprozentige Beteiligung.
Das UKGM ging 2006 aus der Fusion und Privatisierung der Unikliniken in Marburg und Gießen hervor. Als Krankenhaus der Maximalversorgung deckt es alle gängigen Fachgebiete der Medizin ab. Insgesamt hat es 2.230 Betten.
Universitätsklinikum Gießen und Marburg
Das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) ist das drittgrößte sowie das einzige privatisierte Universitätsklinikum in Deutschland. Derzeit hält die Rhön Klinikum AG 95 Prozent der Anteile, die wiederum mehrheitlich von Asklepios Klinikkonzern gehalten wird. Das Land Hessen hat eine fünfprozentige Beteiligung.
Das UKGM ging 2006 aus der Fusion und Privatisierung der Unikliniken in Marburg und Gießen hervor. Als Krankenhaus der Maximalversorgung deckt es alle gängigen Fachgebiete der Medizin ab. Insgesamt hat es 2.230 Betten.
Verdi: "Vertretbar - aber frisch und regional wäre besser"
Die Gewerkschaft Verdi hat in Marburg lange für den Erhalt der Küche gekämpft. Gewerkschaftssekretär Fabian Dzewas-Rehm teilte mit: "Grundsätzlich würden wir es lieber sehen, wenn vor Ort gekocht werden würde - mit regionalen Lebensmitteln." Dafür brauche es allerdings eine ausreichende Krankenhausfinanzierung.
Unter den aktuellen Umständen und angesichts der drohenden Ausgliederung sei das neue Verfahren "eine vertretbare Lösung". Für die Gewerkschaft stehe der Erhalt aller Arbeitsplätze im Fokus.
Andere Kliniken setzen auf eigene Küchen
Andere große hessische Krankenhäuser setzen dagegen bewusst auf eigene Küchen. Das Klinikum Fulda teilte etwa mit, das Essen werde vor Ort frisch von eigenen Mitarbeitern zubereitet. So könne man auf individuelle Bedürfnisse und diätetische Anforderungen flexibel reagieren und die Qualität direkt kontrollieren.
"Durch die frische Zubereitung bleiben Nährstoffe, Vitamine und Spurenelemente erhalten", heißt es aus Fulda: "Wir sind überzeugt, dass wir mit unserem eigenen Personal enger und letztlich auch besser mit den medizinischen und pflegerischen Teams zusammenarbeiten können."
Auch im Uniklinikum Frankfurt wird vor Ort gekocht. Das Krankenhaus betonte, man halte durch die Eigenproduktion in der Zentralküche mit eigenem Personal die Qualitätsmaßstäbe von Ernährungsgesellschaften ein, halte die Kosten gering und nutze regionale, saisonale Produkte.
Das Essen werde in Frankfurt jedoch nicht direkt warm serviert, sondern nach dem "Cook & Chill-Verfahren" zwischenzeitlich heruntergekühlt und dann wieder erhitzt.