Ausstellungsansicht "Tod und Teufel" im Hessischen Landesmuseum Darmstadt. Das Bild zeigt einen dunklen Holzsarg in einem Eingangsbereich. Dahinter sind mehrere gerahmte Gemälde an einer schwarzen Wand angebracht.

Kaum ein Genre hinterlässt so viel Eindruck wie Horror. Das Hessische Landesmuseum in Darmstadt zeigt, wie die Faszination des Schrecklichen seit Jahrhunderten die Kunst inspiriert und hält den Besuchern den Spiegel vor - denn der wahre Horror wartet oft in der Realität.

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"Tod und Teufel" im Hessischen Landesmuseum Darmstadt

Ausstellungsansicht "Tod und Teufel" im Hessischen Landesmuseum Darmstadt. Das Bild zeigt eine schwarze Wand, an der verschiedene gerahmte Gemälde hängen. Das größte Werk am rechten Bildrand ist im Stile einer biblischen Szene der Alten Meister zu sehen und zeigt einen geflügelten Mann mit einem Dreizack und Hörnern. Darunter sind weitere Menschen zu sehen.
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Gleich am Anfang der Ausstellung starrt der Teufel die Besucherinnen und Besucher an - allerdings in einer sehr unüblichen Darstellungsweise. Er ist nicht als abscheulicher Dämon oder groteskes Monster gezeigt, sondern als muskulöser Mann.

Friedrich Wilhelm von Schadows Gemälde "Hölle" aus dem 19. Jahrhundert sei der perfekte Einstieg in den schaurigen Rundgang, "weil der Mensch Horror ist", sagt Oliver Sandrock, Co-Kurator der Ausstellung "Tod und Teufel - Faszination des Horrors" im Hessischen Landesmuseum in Darmstadt (HLMD).

"Wir definieren Horror", so Sandrock. "Es waren Menschen, die dem Teufel eine Gestalt gegeben haben." Heute glaube man nicht mehr an den Teufel, denn man wisse: "Wir sind das wahre Böse."

Gruseln hat Tradition

Mehr als 100 Austellungsobjekte werden im HLMD gezeigt, die meisten davon sind zeitgenössisch. Gemälde von Friedrich Wilhelm von Schadow, Albrecht Dürer und Johann Heinrich Füssli geben eine Einführung in den Horror - eine Kunstgattung, die von Anfang an zur Kulturgeschichte gehört habe, wie Museumsdirektor Martin Faas betont.

Ausstellungsansicht "Tod und Teufel" im Hessischen Landesmuseum Darmstadt. Zu sehen sind zwei spinnenartige Figuren, die auf einem grau gemusterten Steinboden liegen. Davor liegt eine in schwarz gekleidete Puppe mit einem schwarzen Tuch über dem Oberkörper und Gesicht. Im Hintergrund sind Filmposter an einer schwarzen Wand zu sehen.

Das Gruseln habe eine jahrhundertealte Tradition und sei in der künstlerischen Auseinandersetzung nicht wegzudenken, erklärt Faas und nennt mit den Gorgonen in der griechischen Mythologie, den Totentänzen des Mittelalters und der schwarzen Romantik des US-amerikanischen Schriftstellers Edgar Allan Poe einige Beispiele.

Kuratorin: Horror in Kunstkreisen oft benachteiligt

In Kunstkreisen würde Horror oft benachteiligt, sagt Kuratorin Westrey Page. Die in den USA geborene Kunsthistorikerin kritisiert, Horror werde häufig als "oberflächlich und abgedroschen" abgestuft.

Für sie gehört das Abscheuliche zum Kunstkanon. Künstler und Künstlerinnen benutzten die Brutalität des Horrors, um die Normen der Gesellschaft herauszufordern und auf Missstände aufmerksam zu machen.

Mit "Tod und Teufel" wolle sie nicht nur die Wurzeln des Horrors zeigen, sondern auch seine Allgegenwärtigkeit und Vielfalt in unserer Kultur. An einer Wand etwa hängen Album-Cover von Heavy-Metal-Bands wie Iron Maiden und Metallica, an einer anderen Plakate von Filmen wie "Der Exorzist" und "The Shining".

Ausstellungsansicht "Tod und Teufel" im Hessischen Landesmuseum Darmstadt. Das Bild zeigt Plakate von Horrorfilmen, die in drei Reihen übereinander an einer schwarzen Wand hängen.

Sie zeigten, dass Horror längst nicht mehr nur Aberglaube oder ein Relikt vergangener Zeiten sei, sondern gesellschaftsfähige Sozialkritik und im Mainstream der Popkultur angekommen, so die Kuratorin.

Exponate bringen Schönheit und Ekel zusammen

Wie Künstlerinnen und Künstler absichtlich Schönheit und Ekel zusammenbringen, zeigt sich in der Ausstellung an Modekreationen von Haute-Couture-Designer Alexander McQueen und Rei Kawakubo, Gründerin der Marke Comme des Garçons, oder Fotografien von Mat Collishaw.

Ausstellungsansicht "Tod und Teufel" im Hessischen Landesmuseum Darmstadt. Das Bild zeigt rechts ein großformatiges Bild von einem Mann mit Tattoos am ganzen Körper, die ihn wie ein Skelett erscheinen lassen. In der Bildmitte sind an einer Wand drei Fotos von Personen mit Piercings, Tattoos und gegelten Frisuren über- und nebeneinander angebracht.

Der Brite hat Henkersmahlzeiten von zum Tode verurteilten Kriminellen in den USA so inszeniert, dass sie an Stillleben der europäischen Kunsttradition erinnern - dabei handelt es sich um die Schicksale echter Menschen.

Einer ähnlichen Linie folgt das Lieblings-Exponat von Co-Kurator Oliver Sandrock: Die Fotografie "Die Leichenhalle (Mord)" von Andres Serrano zeigt den Oberkörper eines echten Mordopfers, aufgebahrt in einer Leichenhalle. Nur ein rotes Tuch bedeckt seinen Kopf. "Es strahlt diese ultimative Brutalität aus", sagt Sandrock. "Das ist nicht aus einem Film, nicht auf Netflix, sondern echt."

Horror-Szenen als Anklage

Mit einem echten Horror schließt der Rundgang auch: einem alten und dreckigen Fliesenboden aus der mexikanischen Stadt Guadalajara, einer der Hauptstädte des kriminellen Sinaloa-Kartells. Auf diesem Boden wurde ein Freund der Künstlerin Teresa Margolles hingerichtet. Nun ist er als Kunstobjekt in Darmstadt ausgestellt.

Das Bild zeigt einen Ausstellungsraum im Hessischen Landesmuseum Darmstadt. An den Wänden hängen Gemälde und in einem Glaskasten rot beleuchtete künstliche Fleischstücke an Fleischerhaken. Rechts am Bildrand ist wie auf einer Art Podest ein weiß gekachelter Fliesenboden zu sehen.

"Das ist ein allgegenwärtiger, von Menschenhand verursachter Horror, den Sie genau vor sich liegen haben", sagt Sandrock. "Das sind Künstler, die uns mit Horror sagen wollen: Schaut mal, was mit uns passiert. Das ist eine Anklage."

Eindrückliche Gesellschaftskritik

Regisseur Alfred Hitchcock sagte einst, ein Blick in die Welt beweise, dass Horror nichts anderes sei als Realität. Genau der darf man sich im HLMD nun bis 2. Juni stellen.

Es ist eine Begegnung mit dem Teuflischen und dem Abscheulichen, aber auch mit außergewöhnlichen Ästhetiken und eindrücklicher Gesellschaftskritik. Empfohlen wird die Ausstellung für Kinder ab 12 Jahren.

Weitere Informationen

Begleitprogramm zu "Tod und Teufel"

Begleitend zur Ausstellung bietet das HLMD öffentliche Führungen auf dem Darmstädter Waldfriedhof an. Vorträge zur Horror-Thematik gibt es unter anderem von Insektenforscher und Kriminalbiologe Jens Amendt. Auch an schaurigen Filmen darf es nicht fehlen: Im Deutschen Filmmuseum (DFF) in Frankfurt werden im März Klassiker wie "Rosemary's Baby" oder "The Witch" gezeigt. Weitere Informationen gibt es hier.

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