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Ein Haus für die Demokratie - Neue Pläne für die Paulskirche

Redering eines modernen Gebäudes neben der alten Paulskirche

Rund um den 18. Mai wird in Frankfurt das 175. Jubiläum des Paulskirchenparlaments gefeiert. Zum Jahrestag hat eine Expertenkommission jetzt Ideen für die Zukunft der Paulskirche vorgelegt. Dazu gehört auch ein neues "Haus der Demokratie", das auf einem beliebten Platz entstehen soll.

Es schwebt auf dünnen Stelzen über dem Paulsplatz, gläserne Wände lassen es beinahe transparent erscheinen. Ein Haus, offen für alle - als Sinnbild und Werkstatt der Demokratie. Diese Visualisierung des Frankfurter Architekturbüros Meixner Schlüter Wendt ist kein Entwurf, sondern nur eine Studie. Sie soll zeigen, was machbar wäre.

"Eine Sowohl-als-auch-Aufgabe" nennt es der Architekt Florian Schlüter: Ein modernes Gebäude mit Strahlkraft, das aber die historische Paulskirche nicht in den Schatten stellt, das den Paulsplatz zugleich bebaut und freihält, den Stadtraum neu ordnet – und vor allem einem Zentrum der Demokratie in Deutschland ein Zuhause gibt.

Expertenkommission empfiehlt einen Neubau

Ein solches "Haus der Demokratie" mit bundesweiter Bedeutung ist jetzt ein gutes Stück näher gerückt. Denn kurz vor dem 175. Jubiläum des ersten frei gewählten gesamtdeutschen Parlaments, das am 18. Mai 1848 zum ersten Mal zusammenkam, hat jetzt eine hochrangig besetzte Expertenkommission ein solches Zentrum empfohlen.

Ein Mann und eine Frau

Vom Bundespräsidenten angeregt, von Stadt Frankfurt, Land Hessen und der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien eingesetzt, hatte die Kommission den Auftrag, die Paulskirche "zu einem zeitgemäßen Erinnerungs-, Gedenk- und Lernort weiterzuentwickeln, ihre erinnerungskulturelle Bedeutung zu stärken und ihr in unmittelbarer Nähe ein Haus der Demokratie zur Seite zu stellen".

Die Empfehlungen wurden am 21. April an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Kultur-Staatsministerin Claudia Roth übergeben.

Paulskirche ist nur Thema im Geschichtsunterricht

"Die Paulskirche hat derzeit in Deutschland und in Europa nicht das Standing, das sie historisch haben müsste", sagt Mirjam Wenzel, Direktorin des Jüdischen Museums in Frankfurt.

Sie saß mit elf anderen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Denkmalschutz sowie Museums- und Gedenkstättenarbeit in der Kommission. Außerhalb Frankfurts sei die Paulskirche allenfalls aus dem Geschichtsunterricht oder als Ort für Preisverleihungen bekannt, beklagt Wenzel.

Eine Frau im schwarzen Oberteil schaut den Betrachter an.

Der Ort, an dem 1848 zum ersten Mal ein Grundrechtskatalog verabschiedet wurde, müsse besser erklärt und vielfältig nutzbar gemacht werden – im Sinne einer lebendigen Demokratie. Der Neubau neben der Paulskirche solle nicht nur ein Museum mit einer ergänzenden historischen Ausstellung sein, sondern ein "Ort des Austauschs und der Zukunftsgestaltung", sagt Wenzel.

"Schwellenfreie Architektur"

Für ein solches Haus müsse man eine "möglichst schwellenfreie Architektur" schaffen, meint die Architektin Claudia Meixner. Ein Architekturwettbewerb könne hier spannende Ergebnisse für die Zukunft liefern.

Meixner hat mit ihrem Büro in Frankfurt unter anderem den neuen Henninger-Turm und das Gebäude der Evangelischen Stadtakademie in der Altstadt gebaut. Sie kennt sich also aus mit modernen Neubauten, die dennoch Bezug nehmen auf ein historisches Umfeld. "Die Paulskirche speichert die Historie", sagt Meixner, "das Neue muss in Beziehung dazu treten."

Keine Rekonstruktion von 1848

Einig sind sich Architekten und Expertenkommission darin, dass der Zustand der Paulskirche von 1848 nicht rekonstruiert werden soll, wie es zuweilen gefordert worden war.

Beim Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstörten Kirche hatte der Architekt Rudolf Schwarz bewusst auf klare und moderne Formen gesetzt. Diese Gestalt der Paulskirche von 1948 steht heute unter Denkmalschutz.

Raumerfahrung soll erhalten bleiben

Der Zugang durch die eher düstere Wandelhalle hinauf ins Licht des großen Saals – darin sieht Mirjam Wenzel eine "Dramaturgie der Architektur, die zu tun hat mit der Idee eines Wiederaufbaus von Demokratie" nach dem Nationalsozialismus.

Diese Raumerfahrung soll auf jeden Fall erhalten bleiben. Im Inneren des Saals sollen nach dem Willen der Kommission die staatstragenden Fahnen und die bombastische Orgel verschwinden. Eine flexible Bestuhlung soll den Raum auch für kleinere Formate nutzbar machen.

Was wird aus dem Paulsplatz?

Sen bekommt Friedenspreis

Streit könnte es hingegen um den geplanten Standort für das Haus der Demokratie geben. Der Paulsplatz ist in seiner heutigen Form zwar selbst ein Ergebnis des Bombenkriegs, hat aber mit Platanen, Eiscafés und als Ort des Weihnachtsmarkts eine gewisse Bedeutung für die Frankfurter gewonnen.

Die regierende Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt hatte sich im Koalitionsvertrag von 2021 zwar zum Bau des Hauses der Demokratie bekannt, allerdings auch klar festgehalten: "Die Bebauung des Paulsplatzes lehnen wir ab." Wenn dennoch auf einem Teil des Platzes ein Demokratiezentrum entstehen soll, ist in der Tat eine Architektur des Sowohl-als-auch gefragt.

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