Jubelnde Menschen stehen um ein Loch herum und packen eine große Platte ein.

Gerade mal eine Woche liefen die neuen Grabungen an der Grube Messel - und schon förderten sie eine kleine Sensation zutage: Forscher haben ein versteinertes Säugetier gefunden - vermutlich ein junges Urpferdchen.

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Säugetier in der Grube Messel gefunden

Säugetier in der Grube Messel gefunden
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Es war ein Block aus Ölschiefer, der den neuen fossilen Schatz verbarg. Am vergangenen Freitag legten Forschende einen Sensationsfund an einer neuen Grabungsstätte in der Grube Messel frei: den hinteren Teil eines gut erhaltenen Säugetiers.

"Die Beine mit Unter- und Oberschenkeln sind gut zu erkennen", freut sich Präparator Mario Drobek im Gespräch mit der hessenschau. "Der komplette Beckenbereich, die Wirbelsäule und ein Großteil des Brustkorbs sind auch zu sehen." Die Paläontologen gehen vorsichtig davon aus, dass sie tatsächlich ein neues Urpferdchen gefunden haben. Wahrscheinlich ist es ein Jungtier, denn es ist etwas kleiner als die vorangegangenen Pferdchen-Funde.

Urpferde seien ein ausgestorbener Zweig innerhalb der Pferde, erklärt Wappler. "Sie waren nicht so groß, hatten andere Zähne und auch die Füße sahen deutlich anders aus als bei heutigen Pferden." Sie lebten vor etwa 50 Millionen Jahren in Mitteleuropa und seien Vorläufer der Pferde von heute.

Mit Fund nicht gerechnet

"Es ist ein besonderes Gefühl und eine besondere Ehre, dass man so etwas während seiner Berufstätigkeit finden kann", sagt Grabungsleiter Torsten Wappler, der zudem Kurator für die Grube Messel am Hessischen Landesmuseum Darmstadt ist. "Vor 2015 hatten wir fast 30 Jahre lang keinen einzigen Fund von einem Urpferdchen. Daran ist messbar, dass so ein Fund wirklich etwas Spektakuläres ist."

Grube Messel

Das Team habe nicht damit gerechnet, sagt Wappler. Es findet normalerweise Fossilien von Pflanzen, Insekten oder Fischen und will damit erforschen, wie es in der Gegend um Darmstadt vor 50 Millionen Jahren aussah.

Erkenntnisse für den Klimawandel erhofft

Daraus wollen die Wissenschaftler auch aktuelle Schlüsse ziehen: "Wir hatten damals hier ein subtropisch-tropisches Klima", erklärt Wappler. "Wenn wir die Prognosen für Klimaveränderungen in die Zukunft sehen, dann wird es wieder ähnlich."

Fossil eines Urpferds aus der Grube Messel

Über die Grabungen habe das Team die Möglichkeit, in das damalige Ökosystem zu schauen und Fragen zu beantworten wie: Wie haben Tiere, Pflanzen und Organismen damals reagiert? Wie konnten sie unter solchen Bedingungen leben?

Mit einer genauen Bestimmung und Einordnung des möglichen Urpferdchens sei im Spätherbst zu rechnen, nachdem die Präparation abgeschlossen wurde, sagt Wappler. Präparator Drobek kann es kaum erwarten: "Wenn man das Endergebnis sieht, das komplette Fossil auf einer Platte, dann weiß man, was man geleistet hat." Noch ist das Tier in zwei Hälften geteilt: Vor einer Woche wurde das Hinterteil ausgegraben, am Dienstag der Vorderteil.

Einzigartiges Archiv der Erdgeschichte

Die Fossilienlagerstätte Grube Messel liegt nordöstlich von Darmstadt. Der ehemalige Ölschiefer-Tagebau steht seit 1995 auf der Weltnaturerbe-Liste der Unesco und gilt als eines der bedeutendsten Naturdenkmäler der Welt. Die dort konservierten Fossilien sind ein einzigartiges Archiv der Erdgeschichte. Der erste Fund war 1876 ein Alligatorenskelett, danach wurden mehr als 1.000 verschiedenen Tier- und Pflanzenarten entdeckt.

Lebensmodell eines Urpferds aus der Grube Messel

Unter anderem fanden Wissenschaftler über 30 Skelette, darunter 2009 das Primatenfossil "Ida" oder 2015 und 2016 je ein Urpferd in der Größe eines Hundes. Das Hessische Landesmuseum Darmstadt besitzt nicht nur eine der ältesten und weltweit bedeutendsten Messel-Sammlungen, sondern nimmt seit 1966 auch selbst regelmäßig Ausgrabungen vor.

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