Polizisten schieben Festgenommmenen in ein Polizeiauto

Bei den bundesweiten Razzien gegen die Reichsbürgerszene sind insgesamt drei Menschen in Hessen festgenommen worden. Was bislang über sie bekannt ist.

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Reichsbürger-Razzien: Festgenommener aus Wetzlar ist Alexander Q.

Beamte der Polizei bei einer Razzia im thüringischen Saaldorf, die sich im Dezember 2022 gegen die Reichsbürger-Szene richtet. (dpa)
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Die Bundesanwaltschaft ließ am Mittwochmorgen vergangener Woche bei einer bundesweiten Razzia gegen Reichsbürger 25 Verdächtige festnehmen, einem Sprecher zufolge drei davon in Hessen. Neben Frankfurt gab es nach hr-Informationen je eine Festnahme in Heppenheim und Wetzlar.

Bei dem Festgenommenen in Wetzlar soll es sich um Alexander Q. handeln. Nachbarn bestätigten gegenüber dem hr, dass er im Rahmen eines Polizeieinsatzes in seiner Wohnung in Wetzlar-Dutenhofen verhaftet worden sei.

Telegram-Kanal mit 130.000 Abonnenten

Q. ist in Mittelhessen schon länger als Reichsbürger bekannt und auch in der deutschlandweiten Szene gut vernetzt. Er betreibt einen Telegram-Kanal mit rund 130.000 Abonnentinnen und Abonnenten. Dort verbreitete er regelmäßig Posts und lange Sprachnachrichten rund um verschiedene Verschwörungstheorien, Weltuntergangsszenarien und Esoterik.

Q. vertritt dort beispielsweise die Vorstellung, dass Deutschland von einem sogenannten "Deep State" regiert wird, also von einer angeblichen geheimen "Elite", die im Verborgenen herrscht. Beruflich gibt Q. im Internet an, als selbstständiger "Autor und Speaker" aktiv zu sein. Youtube-Videos aus den vergangenen Jahren zeigen ihn bei verschiedenen Vorträgen in ganz Deutschland. 

Reichsbürger-Festnahme in Heppenheim

Auch in Heppenheim gab es eine Festnahme in Zusammenhang mit den Reichsbürger-Razzien. Bei der Verhafteten soll es sich um eine Frau namens Ruth L. handeln. Nach hr-Informationen ist sie als Astrologin tätig und betreibt einen Buchverlag, der astrologische Bücher und Wahrsagekarten im Angebot hat.

Sie soll außerdem Mitglied bei der AfD in Hessen gewesen sein. Die Mitgliedschaft ist inzwischen annulliert worden. Die Frau habe bei ihrem Aufnahmeprozess in die Partei im Jahr 2018 sowohl eine Mitgliedschaft bei den Reichsbürgern als auch eine inhaltliche Nähe zu deren Gesinnung verschwiegen, sagte der hessische Landessprecher Robert Lambrou am Montag.

"Die Reichsbürger stehen auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD, daher wurde ihre Mitgliedschaft am Samstagmittag, als uns der Vorgang bekannt wurde, annulliert", teilte Lambrou mit. "Sie wurde damit aus Sicht der AfD nie wirksam in die Partei aufgenommen."

Familie distanziert sich von Prinz Reuß

Aus Frankfurt stammt der Hauptbeschuldigte der Gruppierung: der 71 Jahre alte Heinrich XIII. Prinz Reuß, der als Immobilienunternehmer arbeitet. Der Prinz soll der Reichsbürger-Szene nahestehen, die die Bundesrepublik in ihrer Staatsform und mit ihren Grenzen nicht anerkennt.

Seine Familie, das frühere Fürstenhaus Reuß, distanzierte sich laut einem Bericht des MDR aus dem August 2022 bereits vor einiger Zeit von ihrem Verwandten. Heinrich XIII. sei nach Angaben von Fürst Heinrich XIV., dem Sprecher des Hauses Reuß, ein teilweise verwirrter Mann, der "verschwörungstheoretischen Irrmeinungen" aufsitze, berichtete der MDR.

Vom Prinzen existieren nur wenige Videoaufnahmen im Netz - darunter eine gut 15-minütige Rede auf dem sogenannten Worldwebforum 2019, in dem er über den "Aufstieg und den Fall der blaublütigen Elite" referierte.

Im Vortrag selbst touchiert er jede wohl denkbare Verschwörungsideologie: Der Adel sei zerstört worden, von denen die davon profitierten - und er nennt im selben Atemzug die jüdische Bankiersfamilie Rothschild. Ebenso sei Deutschland kein souveräner Staat und das Grundgesetz sei ein Unterdrückungsinstrument der Alliierten, aber keine Verfassung.

Verdacht der terroristischen Vereinigung

Bei der großangelegten Razzia am Mittwoch beteiligten sich nach Angaben des hessischen Innenministers Peter Beuth (CDU) in Hessen rund 300 Einsatzkräfte. Die Maßnahmen richteten sich gegen eine weit verzweigte und bundesweit agierende Gruppierung, erklärte Beuth.

Diese stehe im Verdacht, eine terroristische Vereinigung gebildet zu haben, um die staatliche Ordnung in Deutschland zu überwinden. Offenbar hatte die mutmaßliche terroristische Vereinigung einen bewaffneten Angriff auf den Bundestag geplant.

22 der Festgenommenen wird vorgeworfen, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein. Drei weitere Festgenommene gelten den Angaben zufolge als Unterstützer. In Untersuchungshaft sitzen mittlerweile 23 Menschen. Der Kreis der Beschuldigten wurde am Donnerstag vom Bundeskriminalamt (BKA) von 52 auf 54 hochgestuft. Diese Zahl könne noch weiter wachsen, sagte BKA-Präsident Holger Münch im ARD-Morgenmagazin.

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