Retter beschreibt außergewöhnliche Situation Autogeburt am Telefon: "Ich werde schon Patenonkel genannt"
Eine Geburt im Auto, angeleitet übers Telefon: Leitstellenmitarbeiter Marquardt erzählt, wie er die Ausnahmesituation auf der A66 bei Wiesbaden erlebt hat. Und die Mutter verrät, wer bei "Hebamme" auf der Geburtsurkunde steht.
Rettungskräfte haben oft mit Notfällen zu tun. Nicht immer hinterlassen sie so positive Erinnerungen wie die Geburt eines Mädchens in einem Auto auf der A66 bei Wiesbaden. Philipp Marquardt von der Leitstelle Wiesbaden durfte den werdenden Eltern am Telefon zur Seite stehen.
Zunächst ein Notruf wie jeder andere
Für den 25-Jährigen war das ein ganz besonderes Erlebnis. "Einsetzende Geburten hat man schon häufiger", erzählt er im Gespräch mit dem hr. "Aber dass das Kind noch vor Eintreffen der Rettungskräfte zur Welt kommt, das passiert relativ selten."
Der Notruf sei zunächst reingekommen wie jeder andere, berichtet er. "Der Anrufer gab an, dass er auf der A66 kurz vor der Anschlussstelle Frauenstein war und seine Frau Presswehen hat", schildert Marquardt. Er leitete den Ehemann an, bei der Geburt so gut es geht tatkräftig zu helfen. Für das Paar war es das zweite Kind.
Strukturierter Leitfaden hilft
Natürlich seien die Eltern aufgeregt gewesen. "Das ist für jeden in diesem Telefonat eine außergewöhnliche Situation gewesen", sagt Marquardt. In einer solchen Lage sei es wichtig, den Eltern zu vermitteln, dass sie nicht alleine sind und dass es jemanden gibt, der ihnen hilft. Dass er selbst auch aufgeregt war, ließ sich Marquardt nicht anmerken. "Das kann man in solchen Momenten auch nicht, da muss man souverän auftreten."
Er selbst sei kein Vater, sagt Marquardt. Doch zum einen schöpften er und seine Kollegen aus einem gewissen Erfahrungsschatz. "Zum anderen haben wir eine strukturierte und protokollierte Notrufabfrage, die uns dabei unterstützt, die richtigen Fragen zu stellen und dann auch die richtigen Rettungsmittel zu alarmieren."
Geschichte ging herum wie ein Lauffeuer
Dass alles reibungslos lief, hat auch ihn erleichtert. "Das Kind hat nach einer Minute geschrien und alle waren glücklich." Bei den Kollegen habe sich die Geschichte schnell herumgesprochen. "Das ging durch wie ein Lauffeuer. Ich werde schon Patenonkel genannt."
Bilder von dem Kind habe er noch nicht gesehen, sagt Marquardt. Er würde sich aber freuen, wenn ein Kontakt zur Familie zustande käme. Und vielleicht bekommt das Mädchen ja einen zweiten Vornamen - zum Beispiel Philippa.
Mutter: "Sie hatte es plötzlich sehr eilig"
Mutter und Tochter sind wohlauf. Einen Tag nach der Geburt schilderte die Mutter dem hr die Blitzgeburt ihrer Tochter. "Sie hatte es plötzlich sehr eilig", berichtet sie. "Als wir losgefahren sind, war noch alles normal. Da war nicht abzusehen, dass das plötzlich so schnell geht."
Doch kurz vor Eltville (Rheingau-Taunus), ehe die B42 zur A66 wird, habe sie ihrem Mann vorgewarnt, und dann – auf der A66 kurz vor der Ausfahrt Frauenstein – gab es einen Notstopp auf dem Standstreifen. Ihr Mann rief direkt die 112 an, während seine Frau schon auf der Rückbank in den Presswehen lag.
Während Leitstellenmitarbeiter Marquardt den Ehemann anleitete und fragte, ob er schon etwas vom Kind sehe, "habe ich noch zweimal gedrückt – und die Kleine war schon da. Es war für mich gefühlt eine große Presswehe", schilderte die Mutter die Blitzgeburt.
"Das Ganze dauerte nicht länger als drei Minuten, mein Mann hatte es nicht mal geschafft, auszusteigen, um zu mir auf die Rückbank zu kommen, während er mit dem Mann am Notruf auf Lautsprecher sprach. Fünf Minuten später waren Rettungswagen und Notarzt da – und dann ging's weiter ins Krankenhaus."
Geburtsort: A66 Richtung Frankfurt
Im Krankenhaus mussten sich die Eltern erstmal schlau machen, welcher Geburtsort ihrer Tochter anzugeben sei. "Auf der Geburtsbescheinigung vom Notarzt steht tatsächlich: Geburtsort A66 Fahrtrichtung Frankfurt, ca. Kilometer 35", berichtet die Mutter.
Auf dem Anmeldebogen fürs Standesamt sollte sie auch die A66 eintragen. "Ich bin mal gespannt, was zum Schluss auf der Geburtsurkunde steht", lacht sie. Bei dem Punkt "Hebamme" war die Sache klar, da trug das Krankenhaus ein: "Mein Papa."