Portrait von Awet Tesfaiesus

Die erste Schwarze Frau im Bundestag kommt aus Hessen: Awet Tesfaiesus wird Abgeordnete für die Grünen. Als in Hanau neun Menschen getötet wurden, hatte sie beschlossen, für den Bundestag zu kandidieren. Am Montag machte sie sich auf den Weg nach Berlin.

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Neu im Bundestag: Awet Tesfaiesus

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Awet Tesfaiesus steht am Montagmittag mit einem Koffer vor dem ICE-Bahnhof in Kassel. Gleich geht es mit dem Zug nach Berlin. Denn die 47-Jährige zieht als erste Schwarze Frau für die hessischen Grünen in den Bundestag ein. Bis vor wenigen Stunden war noch gar nicht klar, ob sie es überhaupt schafft. Dann kam die erlösende Mitteilung vom Bundeswahlleiter.

Tesfaiesus ist sichtlich erleichtert, dass sie über die Landesliste den Sprung nach Berlin geschafft hat. Alle Schwarzen Menschen hätten in den letzten Jahren viel nachzudenken gehabt, sagt sie: Black Lives Matter, die Anschläge in Hanau. "Es war ein Schlag ins Gesicht für uns alle." Für sie und andere seien die Morde in Hanau ein entscheidender Moment gewesen: "Viele haben sich gesagt: Wir müssen jetzt etwas ändern". Seit Montag ist zumindest für Tesfaiesus klar, dass sie künftig in Deutschland etwas verändern kann.

Hanau als Auslöser für die Kandidatur

Die 47-Jährige ist Anwältin für Asylrecht, seit 2009 bei den Grünen und seit 2016 Sprecherin für Integration und Gleichstellung der Grünen-Fraktion im Kasseler Stadtparlament.

Der rassistische Anschlag in Hanau habe sie dazu bewegt, überhaupt für den Bundestag zu kandidieren, erzählt sie. Damals habe sie zuerst überlegt, ob sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn das Land verlassen soll. Sie entschied dann aber zu bleiben und für eine bessere Zukunft zu kämpfen.

Die Frage, wie sie sich nach dem Anschlag von Hanau gefühlt habe, bewegt Tesfaiesus stark. "Es hat mich sehr getroffen", sagt sie unter Tränen. Nach dem Anschlag war Tesfaiesus in Kassel sehr aktiv, sprach bei Kundgebungen zum Gedenken an die Opfer des rassistischen Mörders.

"Als Kind konnte ich mir keine Schwarze Politikerin vorstellen"

Das Thema Rassismus sei viele Jahre von der Politik ignoriert worden. "Wir sind da am Anfang der Arbeit", sagt Tesfaiesus. Nach den rassistischen Anschlägen in Mölln und Solingen in den 90er Jahren sei in der Politik nicht viel passiert in Sachen Kampf gegen Rassismus. "Es ist gar nichts besser geworden und das ist 30 Jahre her", meint die Grünen-Politikerin. Das will sie nun in Berlin angehen: "Es geht darum, jetzt Veränderung zu bringen und der zukünftigen Generation etwas Schöneres zu ermöglichen".

Im Bundestag will sich Tesfaiesus für Chancengleichheit, Diversität und ein Asylgesetz einsetzen sowie Rassismus und Diskriminierung bekämpfen. Tesfaiesus ist selbst noch skeptisch, ob das tatsächlich so funktionieren wird, wie sie es sich wünscht.

Für den Augenblick ist die 47-Jährige aber stolz: Es sei eine große Ehre, die erste Schwarze Frau im Bundestag zu sein. "Als Kind konnte ich mir das nicht vorstellen, dass es irgendwo auf der Welt eine schwarze Anwältin, Ärztin oder Politikerin gibt". Sie würde sich wünschen, dass kleine Mädchen jetzt damit aufwachsen, dass auch das möglich ist.

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Awet Tesfaiesus

Tesfaiesus wurde 1974 in Eritrea geboren. Noch als Kind flüchtete sie mit ihrer Familie nach Deutschland, die 47-Jährige wohnt mittlerweile seit über 20 Jahren in Nordhessen. Sie kandidierte als Direktkandidatin im Wahlkreis Werra-Meißner/ Hersfeld Rotenburg, lebt aber in Kassel.

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