Eigentümern drohen Erhöhungen Finanzminister empfiehlt den Grundsteuer-Rückwärtsgang

Im nächsten Jahr greift bei der Steuer auf Grundstücke ein neues Berechnungsmodell. Vielen Eigentümern und indirekt auch Mietern drohen höhere Zahlungen. CDU-Finanzminister Lorz rät den Kommunen zum Maßhalten – und hat eine Liste mit Vorschlägen für ganz Hessen vorgelegt.

Mehrere Einfamilienhäuser in einem Wohngebiet.
Einfamilienhäuser in einem Wohngebiet. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)
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Finanzminister empfiehlt den Grundsteuer-Rückwärtsgang

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Das eigene Häuschen, die vermietete Eigentumswohnung oder die Obstbaumwiese: Für 2,8 Millionen Grundstücke in Hessen mussten die Besitzer Anträge abgeben, weil die Grundsteuer reformiert wird. Die meisten Bescheide der Finanzämter sind rausgegangen und haben viele alarmiert: Das könnte künftig teurer werden.

Das liegt an der vom Bundesverfassungsgericht vorgeschriebene Neubewertung der Flächen, weil die alte nicht mehr zeitgemäß war. Oft wurde eine Höherbewertung daraus.

Weil es am Ende die Kommunen sind, die mit den sogenannten Hebesätzen über die Höhe der Steuerzahlung entscheiden, hat Hessens Finanzminister Alexander Lorz (CDU) am Donnerstag eine Liste mit Empfehlungen vorgelegt. Demnach sollten neun von zehn Kommunen ihren Hebesatz zur Berechnung der Abgabe senken. Konkret legt der Minister dies 344 von 421 Kommunen nahe.

Kommt der Mitnahmeeffekt der klammen Kommunen?

Dagegen empfiehlt Lorz 72 Städten und Gemeinden, den Hebesatz zu erhöhen. Fünf Kommunen sollen ihn lassen, wie er ist. Dem Rat zufolge würde die Westerwald-Gemeinde Elbtal (Limburg-Weilburg) zum Beispiel ihren Hebesatz um rund die Hälfte senken, damit ihre gesamten Einnahmen aus der Grundsteuer unter dem Strich nicht steigen.

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Empfehlungen im Überblick

Die Liste des Finanzministeriums mit den Empfehlungen für jede hessische Kommune finden Sie hier: Hebesatzempfehlungen von Aarbergen bis Zwingenberg

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Diese Einkommensneutralität hatten Bund und Länder den Bürgerinnen und Bürgern zugesagt. Ob es wirklich so kommt, ist offen und nach Einschätzung von Kritikern angesichts klammer Kassen fraglich.

Die Grundsteuer ist eine rein kommunale Steuer. Alle 421 Städte und Gemeinden dürfen sie erheben und den Hebesatz selbst festlegen. Die Steuer wird auf inländischen Grundbesitz erhoben. Neben der Grundsteuer B für unbebaute und bebaute Grundstücke sowie Eigentumswohnungen gibt es die Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Betriebe und deren Flächen. Die Einnahmen gehen an die jeweilige Kommune. 2023 flossen aus der Grundsteuer 1,36 Milliarden Euro an hessische Kommunen. Mit dem Geld werden etwa Kindergärten oder die örtliche Infrastruktur finanziert.

Hartmut Ruppricht, Präsident der Steuerberaterkammer Hessen, hatte sich schon vor knapp zwei Jahren gegenüber dem hr auf Mitnahmeeffekte festgelegt: "Die Kommunen werden das nutzen, um die Einnahmen durch die Grundsteuer zu erhöhen."

Mehr als empfehlen kann Lorz nicht

Lorz betonte den Empfehlungscharakter der Liste. Es sagte zu seinen berechneten Steuerwerten aber auch: "Sie stehen aber nun allen transparent zur Verfügung und können Kommunen wie Bürgerinnen und Bürgern Orientierung geben."

Es sind die Stadtverordnetenversammlungen und Gemeindevertretungen, die über die künftige Höhe der Hebesätze in ihren Orten entscheiden. In der Regel legen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister entsprechende Vorschläge vor. Die Kommunen sind zudem verpflichtet, ausgeglichene Haushaltspläne vorzulegen.

Erst wenn die Hebesätze feststehen, weiß jeder Grundbesitzer, was er künftig an Grundsteuer entrichten muss. Wird vermietet, dürfen die Kosten umgelegt werden. "Nur für die wenigsten wird die Grundsteuer gleich bleiben", hatte der frühere hessische Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) gesagt.

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Bei der Berechnung der maßgeblichen Grundstückswerte hat Hessen sich ein eigenes Modell gebaut. Das des Bundes war der damaligen schwarz-grünen Landesregierung zu kompliziert. Deshalb habe man eine "schlanke Ausgestaltung" gewählt, sagte Boddenberg.

Hessen mit eigenem Berechnungsmodell

Beim hessischen Flächenfaktor-Modell mussten die Bürgerinnen und Bürger vieles nicht angeben, was der Bund hätte wissen wollen: weder das Baujahr noch Kernsanierungen oder die Zahl der Garagenstellplätze. Am Ende sollen vor allem Größe, Lage und Nutzung über die Höhe der Steuer entscheiden. Mehr als 95 Prozent der Anträge sind laut Lorz bearbeitet.

Es kam zu rund 265.000 Einsprüchen gegen die Bescheide. Wie viele von ihnen erfolgreich sind, bleibt abzuwarten. Unklar ist unter anderem, wie viele Einsprüche vorsorglich und ohne detaillierten Anlass erhoben wurden, um mögliche Ansprüche auf eine kostengünstigere Bewertung zu wahren.

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Redaktion: Wolfgang Türk

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 06.06.2024, 16.45 Uhr

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Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe