Hessenlöwe in schwarz-grün

Der Streit um mehr klimaneutrales Heizen hat auch den hessischen Landtag erreicht. Zwei Berliner Ampel-Koalitionäre gerieten aneinander. Noch deftiger und heikler war ein anderer Schlagabtausch im Vorfeld der Debatte.

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CDU und Grüne in Hessen gehen wegen Wärmewende aufeinander los

hs
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Es ist eine Angelegenheit der Bundespolitik, aber sie bewegt die Gemüter vieler Menschen - und im Oktober ist Hessen-Wahl: Es verstand sich also von selbst, dass die Auseinandersetzung um den umstrittenen Plan von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zur Energiewende beim Heizen bei nächster Gelegenheit den Landtag erreichen würde.

Dass sie heftig werden würde, war ebenfalls klar. So kam es dann am Donnerstag auch. Und doch ereignete sich ein für die Landespolitik ungewöhnlicher Zusammenprall.

Feuer auf Twitter

Es war nicht der zwischen den Grünen und der FDP. Der war eher erwartbar: Die im Bund so zerstrittenen Partner der Ampelkoalition stehen sich in Wiesbaden ohnehin als Regierungs- und Oppositionspartei gegenüber.

Noch bevor es im Plenarsaal losging, hatten aber zwei Vertreter der schwarz-grünen Koalition die Heizungsdebatte auf ungewöhnliche Weise befeuert: Sie gingen öffentlich aufeinander los.

"Weder Anstand noch Sachkenntnis sind beim Generalsekretär der hessischen CDU zu erkennen", verbreitete der Grünen-Landtagsabgeordnete Frank Kaufmann am Mittwoch via Twitter. Es war die Antwort auf einen Tweet eines wichtigen Vertreters des größeren Koalitionspartners: Manfred Pentz, Chef der Parteizentrale und Landtagsabgeordnete der Union.

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Die schlechte Note in Betragen und im Fach Energiewende hatte sich Pentz mit einem Tweet eingehandelt, der die neueste Schlagzeile der Bild-Zeitung kommentierte. "Nach dem Heizungs-Hammer kommt die Heizungs-Polizei!", setzte der bekannt angriffslustige CDU-Politiker neben die Überschrift, die das Blatt zu einem Habeck-Titelbild gestellt hatte: "Das wollen Grüne und SPD über Ihre Heizung wissen."

Habeck und die Ampelkoalition verlören jedes Maß, verunsicherten die Bevölkerung und drohten ihr mit Überwachung: Für den Grünen Kaufmann verbreitet CDU-Politiker Pentz mit solchen Vorwürfen Lügen, "die sich gegen den eigenen Koalitionspartner" richten. Das sei "erbärmliches Niveau".

Tonlage geändert

Mit der in Wiesbaden gemachten Ankündigung, die Grünen im Bund gerade in der Energiepolitik härter zu attackieren, hat CDU-Bundeschef Friedrich Merz erst vor einer Woche die grüne Landtagsfraktion verärgert. Erstmals tritt die Partei im Herbst bei einer Landtagswahl mit dem erklärten Ziel an, bald selbst den Ministerpräsidenten zu stellen.

Trotz des Zündstoffs: In der Debatte am Donnerstag kehrten die Beteiligten des hessischen Regierungsbündnisses rasch wieder zu alten Gepflogenheiten zurück. Sie ließen einander auch bei Konfliktthemen öffentlich in Ruhe. Dabei half, dass die Kontrahenten Pentz und Kaufmann nicht zu den Rednern zählten.

So mahnte der CDU-Abgeordnete Jörg Michael Müller in deutlich moderaterer Tonlage als sein Generalsekretär Pentz, die Umrüstung von Heizungen auf Wärmepumpen funktioniere nicht von "jetzt auf gleich". Der Weg sei nicht falsch, aber er müsse so gegangen werden, dass ihn alle mitgehen könnten.

SPD bohrt nach

Dafür legte SPD-Fraktionschef Günter Rudolph den Finger in die frische Wunde der schwarz-grünen Koalition. Er sprach angesichts des Twitter-Gefechts und in Anspielung an den "Heizung-Hammer" vom "Pentz-Hammer", der wieder zugeschlagen habe. Dass sich CDU und Grüne wenige Monate vor der Landtagswahl auseinandergelebt hätten, will die SPD schon länger beobachtet haben.

Im Streit um das Heizungsgesetz nahm sich Rudolph vor allem die CDU vor. Er warf ihr eine "plumpe Kampagne" vor, mit der sinnvoller Klimaschutz boykottiert werden solle. Es gebe zwar Nachholbedarf bei dem Gesetzesvorhaben, aber die SPD werde für soziale Lösungen sorgen. Und die Energiewende sei eben so wichtig, dass die demokratischen Parteien gemeinsam Lösungen erarbeiten müssten.

Al-Wazir wirft FDP Blockade vor

"Die Zeit läuft uns davon", sagte Rudolph, und Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) äußerte sich im gleichen Sinne. Dass viele die Sorge vor Energieknappheit und unbezahlbaren Preisen des vergangenen Winters offenbar schon vergessen hätten, verwundere ihn. Bei dem Heizungsgesetz gebe es zwar "Verbesserungspotenziale". Dazu müsse es jedoch erst einmal im Bundestag beraten werden, was von der FDP derzeit blockiert werde.

Wegen grundsätzlicher Bedenken hatte die FDP verhindert, dass der vom Bundeskabinett bereits beschlossene Gesetzentwurf in dieser Woche im Bundestag behandelt wird. Darin ist vorgesehen, dass vom kommenden Jahr an jede neueingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden muss.

"Liebe Freunde von den Grünen"

Es war dieser Ampel-Konflikt auf Bundesebene zwischen Grünen und FDP, der die Debatte im Landtag bestimmte. Den "lieben Freunden von den Grünen" bescheinigte FDP-Fraktionschef René Rock, "dass dieses Gesetz hinten und vorne nicht funktioniert".

Es sei falsch, einzig auf Wärmepumpen-Technologie zu setzen. Für viele Menschen seien die Pläne wegen der Kosten zudem existenzbedrohend. Die FDP blockiere in dieser Lage keine Lösung. Es gehe ihr einzig um die "intelligenteste und bezahlbarste Lösung".

Ganz andere Motive unterstellte ein sichtlich aufgebrachter Grünen-Fraktionschef Mathias Wagner den Liberalen. "Die FDP führt einen Überlebenskampf und in diesem Überlebenskampf ist ihr alles recht", sagte er. Verständliche Sorgen nehme man ernst. Wenn Deutschland 2045 klimaneutral sein solle, ergebe es aber einfach keinen Sinn, jetzt noch massenweise neue Öl- und Gasheizungen einzubauen.

Linke warnt vor Scheitern, AfD vor "Ammemärchen"

Andreas Lichert von der AfD nannte die Politik zur Energiewende auf Bundesebene eine "Katastrophe in Endlosschleif". Es sei zudem ein "Ammenmärchen", dass die erneuerbaren Energien den Strom verbilligten. "Die Energiewende muss sozial gerecht sein, sonst wird sie scheitern", gab der energiepolitische Sprecher der Linksfraktion, Axel Gerntke, zu bedenken.

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