Garten wird gewässert

Das sinkende Grundwasser macht Mensch und Natur in Hessen zunehmend zu schaffen. Das Land plant offenbar die Einführung einer Gebühr. Damit soll der sparsame Umgang gefördert werden.

Videobeitrag

Video

Ulrichstein kämpft mit Brunnen gegen Wasserknappheit

hs_220422
Ende des Videobeitrags

Als Folge des Klimawandels wird Grundwasser in Hessen vermehrt zum knappen Gut. Vor allem im Vogelsberg und dem südhessischen Ried sind die Pegel zuletzt stark gesunken - auch, weil die Metropolregionen Frankfurt und Rhein-Main dort ihr Trinkwasser beziehen.

Um zu verhindern, dass das nasse Lebenselexier bald zur Mangelware wird und Wälder weiter absterben, will die Landesregierung offenbar eine alte Institution reaktivieren: den sogenannten "Wasserpfennig", respektive "Wassercent".

Der "Wassercent" ist ein Entgelt auf die Entnahme von Wasser. Wer also - etwa durch einen Brunnen im Garten - Grundwasser aus dem Boden holt, müsste demnach einen bestimmten Betrag zahlen. Bislang war die Grundwasserentnahme gratis. Eine ähnliche Abgabe gab es in Hessen bereits, wurde aber 2003 von der damaligen CDU-geführten Regierung abgeschafft.

Ministerium prüft Optionen

"Ich halte einen Wassercent für Hessen für sinnvoll", sagte Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) dem hr. Ihr Ministerium hat bereits mit der Durchführung einer Studie begonnen, in deren Rahmen "mögliche Optionen für ein Wasserentnahmeentgelt in Hessen" erarbeitet werden sollen. Mit Ergebnissen sei aber nicht vor Frühjahr 2023 zu rechnen, teilte die Behörde dem hr am Dienstag mit.

Mit der Abgabe soll der sparsame Umgang mit der kostbaren Ressource gefördert werden. Die Einnahmen, die der "Wassercent" generieren würde, sollen dann in Maßnahmen fließen, die "eine klimaangepasste Nutzung der Wasserressourcen sicherstellen", wie das Ministerium mitteilte.

Konkret nennt die Behörde unter anderem den Ausbau eines interkommunalen Verbundsystems, die Errichtung zusätzlicher künstlicher Wasserspeicher oder die Förderung sparsamer Installationen, etwa im Sanitärbereich.

Hessen ist derzeit eines von nur drei Bundesländern, das keinen "Wassercent" verlangt. Die Regularien in den einzelnen Ländern sind sehr unterschiedlich: So kostet etwa die Grundwasser-Entnahme in Rheinland-Pfalz sechs Cent pro Kubikmeter, für oberirdisches Wasser nimmt das Land 2,4 Cent. In Nordrhein-Westfalen gilt ein einheitlicher Betrag von fünf Cent pro Kubikmeter. Wie hoch eine mögliche Abgabe in Hessen sein könnte, ist noch unklar.

Umweltschützer begrüßen Pläne

Der hessische Landesverband des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) würde die Einführung des "Wassercents" begrüßen. "Die Umweltprobleme nehmen zu, die finanziellen Mittel werden knapp. Wir müssen jetzt etwas tun", sagte der stellvertretende Geschäftsführer Thomas Norgall im Gespräch mit dem hr.

Auch der Vorsitzende Jörg Nitsch fordert zeitnahes Handeln: "Hessen muss seine Wasserpolitik schnell und umfassend an die durch den Klimawandel veränderten Rahmenbedingungen anpassen."

Nach Vorstellung des BUND Hessen könnten die zusätzlichen Einnahmen etwa für die Tilgung der "Sünden aus der Vergangenheit" genutzt werden. "Man könnte damit zum Beispiel Flüsse und Seen renaturieren und somit zur Verbesserung der Wasserqualität beitragen", erklärte Norgall. In der Vergangenheit seien solche Projekte oft an der Finanzierung gescheitert.

Stärkere Nutzung von Flusswasser gefordert

Nach Ansicht des BUND könnten sich Land und Kommunen bei der Trinkwasserversorgung aber nicht allein auf das Grundwasser verlassen. Er fordert deswegen eine stärkere Nutzung von Flusswasser, etwa aus Rhein und Main.

Solche Konzepte gebe es bereits, betonte das Umweltministerium. Demnach fördert das Land aktuell mehrere Projekte an Flüssen, wie etwa die Aufbereitung von Flusswasser zu Trinkwasser im Unterlauf des Kinzig-Stausees oder eine Machbarkeitsstudie zur Erweiterung der Rheinwasseraufbereitung im Ried.

Letztgenannte Maßnahme lässt sich das Land nach eigenen Angaben 400.000 Euro kosten. Auch die Stadt Frankfurt hat jüngst beschlossen, vermehrt Mainwasser entnehmen und somit das Grundwasser unter dem Stadtwald entlasten zu wollen.  

Weitere Informationen

Grundwasser in Hessen

Kurzfristig hat Hessen nach Angaben des Umweltministeriums noch keine Probleme, den Wasserbedarf von Mensch und Industrie zu decken. Im langjährigen Mittel würden sich in Hessen rund 2,13 Milliarden Kubikmeter Grundwasser pro Jahr neu bilden. Dem gegenüber stünde eine Entnahme von nur 407 Millionen Kubikmetern. Aufgrund des Klimawandels mit häufigeren und länger anhaltenden Trockenperioden rechnet das Ministerium aber mittel- bis langfristig mit einer Verschärfung der Situation.

Ende der weiteren Informationen

Grundwasserspiegel noch nicht erholt

Die Dürrejahre 2018 und 2019 haben den Grundwasserspiegel in Hessen sinken lassen. Auch im zurückliegenden Herbst und Winter hat sich der Pegel nicht grundlegend erholt.

Auf einen viel zu trockenen November und einen trockenen Dezember folgten laut Umweltministerium zwar zwei außergewöhnlich regenreiche Monate. Im März allerdings lag die Niederschlagsmenge rund 66 Prozent unter dem Mittel der Jahre 1991 bis 2020. Damit war der März der zehnttrockenste seit 1881.

Dabei ist gerade das Winterhalbjahr sehr wichtig für die Regeneration des Grundwassers. In dieser Zeit ruht die Vegetation, das Regenwasser kann also zu großen Teilen im Boden versickern.

Weitere Informationen Ende der weiteren Informationen