Nach den Kürzungen im Verkehrshaushalt streicht die Deutsche Bahn ihre Neubauprojekte praktisch auf null zusammen. Das betrifft auch ein zentrales Projekt für den ICE- und Güterverkehr in Hessen.

Der Aufschub wichtiger Projekte wird neben dem Personenverkehr vor allem den Güterverkehr hart treffen, wie aus einer Aufstellung der Bahn-Netzgesellschaft Infrago hervorgeht, die der Nachrichtenagentur Reuters in Auszügen am Freitag vorlag. Zunächst hatte das Nachrichtenmagazin Der Spiegel darüber berichtet.

Die verbliebenen Mittel für die nächsten Jahre sollen demnach praktisch ausschließlich in die Sanierung bestehender Trassen fließen, bereits laufende Bauprojekte sollen noch beendet werden. Zentrale Neubauvorhaben wie die sowohl für den Personen- als auch für den Güterverkehr zusätzliche Verbindung zwischen Frankfurt und Mannheim haben dagegen keine Chance, wenn man der Aufstellung folgt.

Die von der Deutschen Bahn favorisierte ICE-Strecke: Die Neubaustrecke ist rot eingezeichnet, die bestehenden Bahnstrecken gelb (Planungsstand 2020). Bild © hessenschau.de

Der Bund hatte der Bahn bis 2027 eigentlich rund 40 Milliarden Euro zusätzlich in Aussicht gestellt. Nach dem Verfassungsgerichtsurteil zur Rechtswidrigkeit der Haushaltspläne der Ampel-Regierung und den daraus folgenden Kürzungen bleiben noch rund 27 Milliarden Euro.

Wichtige Neubaustrecken müssen warten

Die Streichliste der Bahn-Netzgesellschaft umfasst auch Projekte wie die geplanten Neubaustrecken zwischen Hamburg und Hannover oder Nürnberg und Würzburg. Zudem ist die lange geplante und für den Güterverkehr in Mitteldeutschland wichtige Trasse von Uelzen (Niedersachsen) über Magdeburg nach Halle (Sachsen-Anhalt) betroffen.

Unangenehm für Deutschland ist ferner, dass der Zulauf für den Schweizer Gotthardtunnel zwischen Karlsruhe und Basel ebenfalls betroffen ist. Der Abschnitt ist für den europäischen Güterverkehr zentral, der zwischen dem italienischen Genua und dem holländischen Rotterdam mit einer ausgebauten Trasse beschleunigt werden soll. Dies gilt ebenso wie ein Abschnitt bei Oberhausen (Nordrhein-Westfalen), der den Anschluss an die Nordseehäfen der Niederlande verbessern sollte. Auf niederländischer Seite ist die Strecke seit 2017 in Betrieb.

Bahn: Halten grundsätzlich an Plänen fest

Die Deutsche Bahn erklärte, man halte grundsätzlich an allen Ausbauplänen fest. Allerdings habe man angesichts der aktuellen Haushaltslage die zeitliche Abfolge der Projekte überprüfen müssen. "Der Fokus bei der Umsetzung liegt, wie mit dem Bund vereinbart, zunächst auf der Modernisierung und Erneuerung des Bestandsnetzes und auf den Projekten, die bereits im Bau sind", sagte eine Bahn-Sprecherin. Man wolle nun Lösungen für eine Fortführung der Planungen erarbeiten, bis die Finanzierung geklärt sei.

Das Bundesverkehrsministerium verwies darauf, man in der Haushaltsrunde rund drei Viertel des erwarteten zusätzlichen Bedarfs habe decken können. Zudem setze man sich weiter dafür ein, die für die Schiene notwendigen Mittel bereitzustellen. Zwar setze man vor allem auf die Sanierung, es brauche aber auch weiter Neu- und Ausbau.

Grüne: Bundesregierung braucht rasch Lösungen

Der Bahn-Experte der Grünen, Matthias Gastel, warnte vor einem Kahlschlag. Ziele der Bundesregierung wie die Verlagerung des Schienengüterverkehrs oder die Elektrifizierung von Bahnstrecken drohten zu scheitern. "Verkehrs- und Finanzministerium müssen jetzt mit Lösungen kommen, ansonsten droht ein massiver Schaden für die Wirtschaft", betonte Gastel.