Alle noch nicht versorgten Regionen in Hessen warten auf den Glasfaserausbau. Doch mancherorts im Rheingau-Taunus-Kreis könnte das noch dauern. Schuld sei die Telekom, kritisieren einige Bürgermeister.

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Ärger um Glasfaserausbau in Taunusstein und Idstein

Verteilerkasten für Glasfaser Technologie der Deutschen Telekom, in einem Wohngebiet.
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"Wir digitalisieren den ländlichen Raum": Das verspricht GlasfaserPlus, ein Gemeinschaftsunternehmen der Telekom und eines australischen Investmentfonds, auf seiner Homepage. Tatsächlich passiert aber anscheinend gerade das Gegenteil: Die Telekom bremst den Glasfaserausbau im ländlichen Raum. Das behaupten zumindest die Stadtverwaltungen von Idstein und Taunusstein (beide Rheingau-Taunus). 

Sie sehen sich vor einem Scherbenhaufen. Flächendeckendes Breitbandnetz für alle Stadtteile in Taunusstein war das Ziel, jetzt macht der Kooperationspartner GVG Glasfaser einen Rückzug. Der Grund: Die Telekom strebt - nicht abgestimmt mit den Kommunen - einen Parallelausbau an, allerdings nur in den beiden größten Stadtteilen Hahn und Bleidenstadt.

"Mischkalkulation bricht zusammen"

Der Bürgermeister von Taunusstein, Sandro Zehner (CDU), äußert Verständnis für den Rückzug von GVG: "Wenn Sie aus einer Mischkalkulation die rentabelsten Bereiche ausklammern, dann bricht sie in sich zusammen." Als Folge würden die verbleibenden, unrentablen kleinen Stadtteile auf der Strecke bleiben und eben keine Glasfaserverbindungen für schnelles Internet erhalten. 

Das könnte auch Folgen für den Gewerbestandort Taunusstein haben: In den Stadtteilen, die abgehängt zu werden drohen, befinden sich die Firmen Feinkost Dittmann und Brita Wasserfilter. Der Vorwurf: Die Telekom nutze ihre Marktmacht aus und grätsche Wettbewerbern in ihr Geschäftsmodell. Das gefährde den Breitbandausbau im ländlichen Raum insgesamt.

"Telekom pickt sich die Rosinen heraus"

Christian Herfurth, Bürgermeister von Idstein und ebenfalls in der CDU, glaubt, die Telekom wolle sich nur "die Rosinen herauspicken". "Es gab ein Interessensbekundungsverfahren, daran hat sich auch die Telekom beteiligt", berichtet er. "Sie hätte von Anfang an sagen können, wir machen da mit und bauen alle Stadtteile aus. Das hat sie nicht gemacht."

Eine Sprecherin der Telekom-Tochter GlasfaserPlus teilt dem hr auf Nachfrage mit, man habe den beiden Städten und weiteren Rheingau-Taunus-Kommunen seine "eigenwirtschaftlichen Ausbaupläne bereits Mitte des vergangenen Jahres offen und transparent vorgestellt". An den Plänen halte man fest.

In Idstein schließe GlasfaserPlus die Kernstadt, in Taunusstein die einwohnerstärksten Stadtteile Bleidenstadt und Hahn an. Alle übrigen Stadtteile hätten das Nachsehen, so sehen es jedenfalls die Bürgermeister beider Städte.

Ähnliches berichtet Björn Sommer (FDP), erster Stadtrat und Vertreter des Bürgermeisters der Rheingau-Kommune Oestrich-Winkel. Auch dort komme die Telekom einem Wettbewerber, der deutschen Giganetz, in die Quere. "Die deutsche Telekom wird nicht flächendeckend Oestrich-Winkel versorgen und hat schon ganz klar kommuniziert, dass der Stadtteil Hallgarten wirtschaftlich uninteressant ist", sagt Sommer.

Telekom-Tochter verteidigt ihr Vorgehen

Die Sprecherin von GlasfaserPlus sieht das Problem dagegen eher bei den Wettbewerbern. "Wir erleben häufiger, dass Unternehmen ihre Vorvermarktungsziele nicht erreichen und sich dann trotz Ausbauankündigung aus den Kommunen zurückziehen", erklärt sie. "Da die Planung solcher Projekte viele Monate Vorlauf benötigt, können wir sie nicht davon abhängig machen, ob andere Unternehmen ihre Ausbauankündigungen wahrmachen oder nicht."

Was aber geschieht mit den Ortsteilen, in denen die Telekom-Tochter nicht tätig werden möchte? Dazu teilt die GlasfaserPlus-Sprecherin mit: "Für Gebiete, die nicht eigenwirtschaftlich erschlossen werden können, haben Kommunen die Möglichkeit, am Bundesförderprogramm Breitband teilzunehmen."  

Breitbandausbau auf Steuerzahlerkosten

Für den Taunussteiner Bürgermeister Zehner heißt das im Klartext: Die Bürger sind doppelt gestraft - sie müssen auf ihren Breitbandausbau nicht nur länger warten, sondern ihn mit Steuergeld auch noch fördern.

Immerhin stellt GlasfaserPlus in Aussicht, dass es sein Engagement im Rheingau-Taunus noch überdenken möchte. "Aufgrund der Veränderung der Situation (gemeint ist der Rückzug von GVG, Anm. d. Red.) werden wir jedoch eine Erweiterung unseres eigenwirtschaftlichen Ausbaus prüfen", teilt die Sprecherin der Telekom-Tochter mit.

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