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Zahlreiche Bahnausfälle in Hessen

Menschen steigen ein und aus an einem Regionalzug im Frankfurter Hauptbahnhof.

Ausfälle und Verspätungen bei Zügen sind in Hessen seit Wochen an der Tagesordnung. Die Deutsche Bahn begründet das mit einem hohen Krankenstand. Pro Bahn hingegen sieht darin die Folgen einer "völlig verfehlten Personalplanung".

Züge fallen aus, kommen viel zu spät und halten am Ende nicht dort, wo es eigentlich hingehen sollte: Viele Reisende, Pendlerinnen und Pendler haben seit Wochen mit diesen und ähnlichen Problemen zu kämpfen, wenn sie mit der Bahn in Hessen unterwegs sind. Das ganze Bundesland sei betroffen, sagt Thomas Kraft vom Fahrgastverband Pro Bahn Hessen.

Wie es dazu kommt? Die Deutsche Bahn (DB) nennt einen hohen Krankenstand mit zahlreichen Corona-Fällen als Hauptgrund. Für Kraft von Pro Bahn steckt dahinter hingegen "eine völlig verfehlte Personalpolitik", deren Anfänge schon Jahrzehnte zurückreichten. Zwar stelle die Bahn inzwischen wieder ein - eine Bahnsprecherin spricht sogar von einem "Einstellungsrekord" im laufenden Jahr.

Doch der "eklatante Mangel" an Lokführerinnen und Lokführern, Schaffnerinnen und Schaffnern sowie beim Personal in der Fahrdienstleitung und in den Werkstätten lasse sich nicht in ein paar Jahren aufholen, meint Kraft. "Und dann kommt etwas wie Corona und der Verkehr steht still."

Ausfälle bei Hessenexpress, Mittelhessen-Express und Kurhessenbahn

Beispiele dafür gibt es in Hessen derzeit zur Genüge. So fällt der Hessenexpress zwischen Bebra, Fulda und Frankfurt bis 20. November aus, wie die Deutsche Bahn mitteilte. Kraft von Pro Bahn nennt den Mittelhessen-Express als weiteres Beispiel.

Auch bei der Kurhessenbahn im Norden gebe es seit Monaten viele Ausfälle. Auf einigen Strecken fielen die Hälfte oder sogar zwei Drittel der vorgesehenen Züge aus.

Baustellen sorgen für Fahrplanänderungen

Für weitere Einschränkungen sorgen vielerorts Bauarbeiten an den Bahnstrecken. So hält der Regionalexpress 4250 zwischen Raunheim und Rüsselsheim von Mittwoch bis Freitag wegen der Gleiserneuerung nicht am Flughafen und in Rüsselsheim, teilte die Bahn mit. Reisende sollen stattdessen mit der S-Bahn-Linie 8 fahren.

Auch das westliche Rhein-Main-Gebiet sei betroffen, erklärt eine Sprecherin der Vias GmbH. "Es gibt aktuell sehr viele Baustellen zwischen Frankfurt und Mainz", sagt sie. Die Strecke sei ohnehin schon sehr stark befahren.

Am Freitag informierte die Bahn über eine weitere Beeinträchtigung von Sonntag bis kommenden Freitag, die den Verkehr der Vlexx-Linien RE 3 und RB 33 zwischen Frankfurt und Mainz betrifft. Einige Züge werden demnach umgeleitet, andere entfallen oder fahren früher ab. Vlexx empfiehlt Reisenden, auf die S-Bahn-Linie 8 umzusteigen.

Viel Güterverkehr und Probleme im Stellwerk

Auch im Rheingau seien Verspätungen in den letzten sechs Wochen "sehr, sehr häufig und regelmäßig", sagt der zuständige Vias-Sprecher für dieses Gebiet. "Es ist sehr viel Güterverkehr unterwegs." Dieser werde von der Deutschen Bahn aber nicht optimal gesteuert, so dass es immer wieder zu Verspätungen von mehr als einer Stunde komme, obwohl die Züge pünktlich losgefahren seien.

Dazu kämen Probleme im Stellwerk Mainz-Bischofsheim, das häufig nicht ausreichend besetzt sei - wegen hoher Krankenstände, wie die Bahn erklärt. Diese Stellwerkprobleme kennt auch der Fahrgastverband Pro Bahn. Betroffen seien die Strecken Wiesbaden - Mainz-Kastel - Frankfurt sowie Mainz-Hauptbahnhof - Frankfurt und Rüsselsheim - Darmstadt - Groß-Gerau - Frankfurt.

Sofern der Krankenstand hoch bleibt, ist eine zeitnahe Lösung für die hessenweiten Ausfälle und Verspätungen bei der Bahn offenbar nicht in Sicht. Thomas Kraft von Pro Bahn sagt, es müsse "ganz anders" an die Planung herangegangen werden. Es brauche zunächst eine Inventur zur besseren Einschätzung, was die Bahn überhaupt leisten könne. Zwar sei eine sehr viel höhere Verkehrsdichte wünschenswert. Doch neue Verbindungen nützten wenig, wenn sie dann nicht gefahren werden könnten.

Ihre Kommentare Wie erleben Sie derzeit die Situation in Hessens Bahnverkehr?

33 Kommentare

  • Die DB ist deutschlandweit und insbesondere im Rhein-Main-Gebiet eine einzige Katastrophe, ich bin leider als Flughafenbeschäftigter seit Jahren täglich auf die S-Bahn angewiesen, kaum ein Tag ohne Chaos!

    Meist sind Betriebsstörungen der Grund, kein Wunder, wenn die größte Betriebsstörung die DB selbst ist!

    Kundenservice ist für die DB ein Fremdwort und die Informationspolitik bei Störungen ist ein schlechter Witz.

    Den Schuh muss sich aber vor allem der Bund anziehen, der jahrzehntelang, seelenruhig dabei zugesehen hat, wie der Laden runtergewirtschaftet wurde. Aber da es nicht schnell genug mit der Vernichtung von Staatskapital ging, wurde ein gewisser Herr Mehdorn damit beauftragt, dem ganzen effizient und gnadenlos seine jetzige Form zu verleihen.

    Der öffentliche Nahverkehr als Alternative zum Auto, sicher nicht mit der DB!

  • Übrigens:

    ein funktionierendes, respektables Unternehmen versucht, auf die Interessen und Belange aller Gruppen Rücksicht zu nehmen, nicht, sie gegeneinander auszuspielen.

    Politiker, die die Vorgaben für das Unternehmen Deutsche Bahn machen, sollten dies wissen - und auch ansatzweise praktizieren. Die Kommentare der hiesigen Betroffenen lassen daran zweifeln. Die klingen eher nach einem krachenden Scheitern.

  • Die Bahn ist für mich schon seit ziemlich genau 25 Jahren ein leider notwendiges Übel.
    Früher waren es wirkliche Schäden an Zug und Gleis, die zu Verzögerungen führten. Dazu kamen dann noch die Lebensmüden, die sich zur Pendlerzeit "feiern" lassen mussten. Das dauerte dann mindestens drei Stunden. Aber insgesamt war der Betrieb recht stabil. Sonst hätte ich es auch nicht 11 Jahre durchgehalten, täglich von Nordhessen nach Frankfurt am Main zu pendeln.

    Aktuell jedoch ist die Bahn ein extrem filigranes Gebilde, das bereits durch den Schlag eines Schmetterlingsflügels aus dem Takt gerät und unzählige Spielarten von "Verzögerungen" im Betriebsablauf" gebiert. Es wird immer kurioser und immer öfter zum Fremdschämen.
    Das 9-Euro-Ticket war für den Berufspendler die wahre Hölle!

    Es kann nur besser werden!

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