Lebensmittel mit Bio-Label

In Zeiten hoher Inflation kaufen die Menschen weniger Bio-Lebensmittel ein. Und wenn doch, dann gehen sie meist zum Supermarkt oder Discounter. Ein hessischer Biohof muss deshalb nun zahlreiche Mitarbeiter entlassen.

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Inflation runter: Wie sich unser Kaufverhalten ändert

Zahlreiche Erdbeeren sind auf einem hessischen Hof zu sehen.
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In Hessen kaufen viele Verbraucherinnen und Verbraucher Bio-Lebensmittel ein. Zumindest war das so, bevor die hohe Inflation kam. Knapp 13 Prozent der Ausgaben für den Einkauf gingen in Hessen 2021 für frische Bio-Lebensmittel drauf. Das geht aus Zahlen der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (Ami) hervor.

Während Corona stieg der Bio-Boom weiter. Doch seit die Preise für Lebensmittel gestiegen sind, sieht das anders aus. Die Inflation verändert das Kaufverhalten der Menschen.

Neue Mitarbeiter entlassen

Das hat Folgen und diese spüren die Beschäftigten auf dem Pappelhof in Reichelsheim (Wetterau) deutlich. Bio und regional sind die Produkte des Unternehmens Querbeet, das hier unter anderem sein eigenes Gemüse und Obst anbaut. Mit beiden Trends ist das Unternehmen in den vergangenen 30 Jahren mitgewachsen, verkaufte immer mehr Ware auf Wochenmärkten und mit dem Lieferdienst.

"Wir haben in Corona-Zeiten stark aufgebaut, weil eine große Nachfrage bestand", sagt Firmengründer Thomas Wolff. Doch die Zeiten seien vorbei: "Seit einem Jahr, seit der Krise geht es rückwärts." Für das Unternehmen bedeutet das konkret einen Einbruch der Einnahmen von bis zu 30 Prozent im vergangenen Jahr.

Und das macht sich auch bei der Beschäftigung bemerkbar. "Im Corona-Boom konnten wir noch 30 weitere Mitarbeiter einstellen. Inzwischen mussten wir die neuen leider wieder entlassen", so Wolff.

Abnehmerschaft ist gesunken

Denn auch die bio-affine Kundschaft spart in Zeiten steigender Preise. Zum einen bestellen weniger Kunden ihre Bio-Kiste. Und wer noch bestellt, kauft weniger Produkte. Damit steht der hessische Betrieb für die gesamte Branche, in der es über Jahrzehnte nur aufwärts ging.

Im Jahr 2000 gaben die Deutschen über zwei Milliarden Euro für Bio-Lebensmittel aus, mit dem Corona-Boom stieg der Umsatz auf fast 16 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr dann ging es zum ersten Mal abwärts: auf etwas über 15 Milliarden Euro. Das geht aus die Zahlen der AMI hervor.

In Zeiten steigender Preise kann offenbar nur der Lebensmitteleinzelhandel, also Supermärkte und Discounter, das Geschäft mit Bio-Lebensmitteln ausbauen. Sie verzeichneten sogar ein Umsatzplus von über drei Prozent im vergangenen Jahr. Die Verlierer sind teurere Bioanbieter: Der Naturkosthandel verlor über 12 Prozent, andere wie Wochenmärke, Reformhäuser oder Versandhandel sogar über 18 Prozent gegenüber 2021.

Kein Ende des Bio-Booms in Sicht

Ist das nun das Ende des jahrzehntelangen Bio-Booms in Deutschland? Nein, denn die Bio-Branche wie auch Verbraucherinnen und Verbraucher haben allen Grund zur Hoffnung, dass die Preis-Rallye ein Ende hat. "Wir haben den Höchststand des Verbraucherpreisindex, also die höchste Inflationsrate wohl hinter uns", sagt Professor Volker Wieland, Wirtschaftswissenschaftler an der Goethe-Universität in Frankfurt.

Im Mai betrug die Inflationsrate in Hessen 5,9 Prozent und lag damit deutlich unter den Werten der Vormonate. So lag die Inflationsrate im März noch bei 8,3 Prozent, im Oktober 2022 sogar bei 9,9 Prozent.

Preise sinken wieder

Zudem machen die jüngsten Statistiken Hoffnung, dass auch in den nächsten Monaten die Preise langsamer steigen. Denn der Preisanstieg bei den Erzeugerpreisen hat spürbar nachgelassen. Das kommt dann mit Verzögerung bei den Preisen im Laden an. "Kostensenkungen will natürlich erst mal keiner weitergeben", erklärt Wirtschaftsexperte Wieland. "Aber der Wettbewerbsdruck wird für sinkende Preise sorgen."

Für Verbraucherinnen und Verbraucher sind die Aussichten gut: Wenn die Preise nicht mehr so stark steigen, müssen sie sich weniger einschränken. Nach der Delle können dann wieder mehr regionale Bio-Produkte im Einkaufskorb landen.

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