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Talk zu UKGM-Durchbruch: "Das Land hat mehr rausgehandelt"

Uni-Klinik Gießen von außen

Die Beteiligten sprechen von einem Durchbruch und einem historischen Tag für das Uniklinikum Gießen-Marburg: Im jahrelangen Streit um die Zukunft der Klinik steht eine Einigung unmittelbar bevor. Mindestens 800 Millionen Euro sollen fließen.

Es sei ein "historischer Tag", sagte Werner Seeger, der Ärztliche Geschäftsführer des Uniklinikums Gießen-Marburg (UKGM) am Montag. Nach jahrelangen Bemühungen, in denen es darum ging, sichere Investitionsmittel für die Zukunft der privatisierten Klinik zu erreichen, sei er "unendlich erleichtert, dass jetzt das Tor für verbesserte Arbeitsbedingungen am UKGM aufgestoßen ist".

Zuvor hatten Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne) und Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) mitgeteilt, dass Land, Klinikbetreiber Rhön Klinikum und UKGM einen Durchbruch erzielt hätten. Ein neues Zukunftspapier zur weiteren Zusammenarbeit und zur Absicherung der Investitionsbedarfe des UKGM steht den Angaben zufolge für die nächsten zehn Jahre.

Vertrag bis Ende Januar geplant

"Wir sind zuversichtlich, dass wir nun alle zentralen Punkte geklärt haben, um diese bis Ende Januar in eine vertragliche Vereinbarung umsetzen zu können", heißt es in der Mitteilung weiter. Vorerst sollen demnach die bestehenden Vereinbarungen bis Ende Februar verlängert werden.

Das Land und die zum Asklepios-Konzern gehörende Mehrheitseignerin Rhön-Klinikum verhandeln seit Monaten über die Weiterentwicklung und finanzielle Ausstattung des UKGM. Wesentliche Punkte sind Fördermittel des Landes für Investitionen sowie der Verzicht betriebsbedingter Kündigungen.

Investitionen in Höhe von 800 Millionen Euro

Hintergrund der Gespräche ist, dass Rhön eine bisherige sogenannte Zukunftsvereinbarung für das UKGM gekündigt hatte. Die darin festgezurrten Regelungen und Absprachen zwischen Land und Konzern wären Ende des Jahres ausgelaufen. Mit der angekündigten Einigung gebe man vor Weihnachten allen Beschäftigten das klare Signal zur Sicherung des Klinikums in den Bereichen Krankenversorgung sowie Forschung und Lehre, erklärten die Konfliktparteien nun.

Das Land und das UKGM wollten in den nächsten zehn Jahren mindestens 800 Millionen Euro an den Standorten Gießen und Marburg investieren. Das Land stelle dem UKGM voraussichtlich jährliche Investitionsmittel für neuestes medizinisches Gerät und Baumaßnahmen zur Verfügung.

Diese Gesamtsumme teilt sich auf unterschiedliche Beiträge auf. Beginnend mit dem Jahr 2023 erhalte das UKGM eine Landesförderung in Höhe von 48,15 Millionen Euro. Dieser Betrag werde in festgelegten Raten über zehn Jahre hinweg jährlich gesteigert. So ergibt sich rund eine halbe Milliarde Euro aus Landesmitteln.

Das UKGM seinerseits werde rund 300 Millionen Euro bereitstellen, die sich aus im selben Maß wie die Landeszuwendungen steigernden Raten ergeben. Beginnend im Jahr 2023 mit 23,5 Millionen Euro an Investitionsmitteln sowie 5,35 Millionen Euro für Forschungsprojekte. Sollten die Eigenmittel des UKGM nicht ausreichen, werde die Rhön-Klinikum AG diese bereitstellen.

Regelung für den Fall eines Klinik-Verkaufs

Wissenschaftsministerin Dorn sagte auf hr-Anfrage, ein wichtiger Punkt der Verhandlungen sei zudem gewesen, dass es eine Regelung gibt für den Fall, dass das UKGM eines Tages verkauft werden sollte. "Es darf nicht sein, dass unsere Investitionsmittel das Klinikum werthaltiger machen", sagte Dorn.

Aktionäre sollen am Ende nicht noch Gewinn machen, das Land solle nicht doppelt zahlen, sollte es das Klinikum von der Rhön-Klinikum AG zurückerwerben. "Wir dürfen die Braut nicht hübsch machen", sagte Dorn. Auch diesbezüglich habe sich das Land mit dem Klinikbetreiber geeinigt.

"Spitzenmedizin" gewährleisten

Das UKGM verpflichte sich weiter, auf betriebsbedingte Kündigungen und auf die Ausgliederung von Betriebsteilen zu verzichten.

Tobias Kaltenbach, Vorstandsvorsitzender der Rhön Klinikum AG, sagte: "Unser Ziel ist es, unserer Verantwortung gerecht zu werden und dafür zu sorgen, dass die Arbeitsplätze in Gießen und Marburg sicher sind, Spitzenmedizin an beiden Standorten gewährleistet ist und das UKGM eine langfristig gute Zukunft hat."

Verdi kündigt weitere Protestaktionen an

Die Gewerkschaft Verdi reagierte am Dienstag auf die Fortschritte in den Verhandlungen "verhalten optimistisch". Gewerkschaftssekretär Fabian Dzewas-Rehm sagte: "Unsere Streiks und Aktionen wirken. Ausgliederungsverbot und Kündigungsschutz sind weiterhin Thema der Verhandlungen."

Deshalb kündigte er weitere Aktionen für die nächsten Wochen an: "Wir standen schon einmal an dem Punkt einer anvisierten Einigung und müssen seit Monaten Spiele auf dem Rücken der Kollegen erleben", sagte Dzewas-Rehm. Die nun deutlich erhöhte Fördersumme ermögliche die Finanzierung von verbindlichen Personalregelungen. "Wir werden sowohl Beschäftigungssicherung als auch Entlastung für alle Kollegen durchsetzen", sagte Dzewas-Rehm.

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Das UKGM

Die UKGM ist einer der größten Arbeitgeber in Mittelhessen und die drittgrößte Universitätsklinik in Deutschland. Rund 436.000 Patienten werden an den Standorten Gießen und Marburg jährlich versorgt. 2006 war das Krankenhaus von der damaligen schwarz-gelben Landesregierung an den privaten Klinikbetreiber Rhön AG verkauft worden. Seit 2020 ist die Krankenhauskette Asklepios Mehrheitsgesellschafter. Es ist das bundesweit einzige Uniklinikum in privater Hand. Das Land Hessen hält noch fünf Prozent daran.

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