Makerspace in Gießen Hier wird der 3D-Drucker zum besten Freund

Egal ob man Ersatzteile für den Oldtimer braucht, einen Löffel für Oma gravieren oder lernen möchte, wie ein Laser-Cutter funktioniert: Ein Makerspace ist dafür der richtige Ort. Wer eine gute Idee hat, findet hier eine Mischung aus Bastelwerkstatt und Digital-Labor. Ein Besuch am Standort Gießen.

Zwei Männer stehen gebeugt vor einem weißen Kasten. Es handelt sich um einen 3D-Drucker. Im Vordergrund stehen rechts auf einer Werkbank mehrere kleine 3D-Drucker in schwarz und Orange.
Warten auf den 3D-Druck: Besucher René Rakoczy und Geschäftsführer Nils Seipel (rechts) im "Makerspace" in Gießen. Bild © hessenschau.de

René Rakoczy aus Bruchköbel (Main-Kinzig) liebt sein Auto. Ein schnittiges Cabrio von Toyota, Baujahr 1992, das heute ziemlich selten ist. Es gibt da nur ein Problem: Ersatzteile dafür sind inzwischen quasi unmöglich zu bekommen. Deshalb war der 42-jährige Industriemechaniker auch gleich Feuer und Flamme, als er vom Gießener Makerspace erfuhr. Dort kann er sich manche Ersatzteile fürs Auto selbst nachbauen - per 3D-Drucker. Zum Nulltarif.

Der Makerspace, das sind zwei lichtdurchflutete Werkstatträume mitten in Gießen. An Werkbänken aus hellem Holz liegen und stehen dutzende Spezialgeräte herum. Zum Beispiel 3D-Drucker, Laser-Cutter, CNC-Fräsen und VR-Brillen. Es gibt auch Arbeitsplätze mit Computern, Schraubenschlüsseln oder Nähmaschinen.

Videobeitrag

Makerspace in Gießen - Ersatzteile für Oldtimer aus dem 3D-Drucker

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An vier Tagen in der Woche kann hier jeder, der will, einfach vorbeikommen, ohne Anmeldung, sich eines der Geräte schnappen - und sofort losarbeiten.

Digitale Spaltung überwinden

Die Einrichtung versteht sich als offenes Bildungszentrum für digitale Technologien. Die Werkstatt will ihre Besucher dazu ermuntern, Innovationen wie den 3D-Druck als Werkzeuge zu begreifen, mit denen man eigene Ideen umsetzen kann.

Es geht ums Ausprobieren, sagt  Makerspace-Geschäftsführer Nils Seipel: "Unser Motto ist: Lernen durch machen. Wir wollen die digitale Spaltung in der Gesellschaft überwinden, so dass alle Leute ihre Angst vor Technik ablegen können."

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Makerspaces

Die Idee des Makerspace ist vor mehr als 20 Jahren in den USA aufgekommen und hat sich seither weltweit verbreitet. Die Grundidee ist immer dieselbe: eine offene, gemeinnützige Technologiewerkstatt.
Wie diese im Details aussieht und was sie anbietet, unterscheidet sich von Standort zu Standort. In Hessen gibt es weitere Makerspaces, zum Beispiel in Hanau, Wiesbaden, Darmstadt und Offenbach.

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René Rakoczy hat sich im Gießener Makerspace eine neue Verschlussschiene für das Verdeck seines Cabrios gebastelt. Das alte, kaputte Teil hatte er zu Hause behelfsmäßig geklebt.

In Gießen haben ihm die Mitarbeiter der Do-it-yourself-Werkstatt gezeigt, wie er es als Modell einscannen und sofort ausdrucken lassen kann. "Man bekommt hier wirklich super Hilfe", sagt Rakoczy: "Mir war gar nicht bewusst, wie leicht 3D-Druck funktioniert. Das habe ich hier zum ersten Mal richtig live miterlebt."

5.000 Besucher im vorigen Jahr

Das Gießener Makerspace-Team berät Besucher oder gibt Einführungskurse für die Maschinen. Regelmäßig gibt es Workshops, Ausstellungen, Fortbildungen und Schüler-AGs - auch zu weniger handwerklichen Themen wie Künstlicher Intelligenz, Robotik oder Nachhaltigkeit.

5.000 Besucher kamen im vorigen Jahr, wie Geschäftsführer Seipel berichtet. Darunter seien nicht nur Hobby-Bastler und Studierende gewesen, sondern auch Senioren und Schüler. Auch lokale Firmen hätten die Werkstatt schon für ihre Produktentwicklung genutzt.  

"Du kommst mit einer Idee und gehst hoffentlich mit einem fertigen Projekt. Und das kann wirklich alles sein: vom gravierten Löffel für die Oma bis zum Prototypen für dein Unternehmen", sagt Seipel: "Ob Hobby oder nicht, ist uns dabei völlig egal." Auch mehrere Start-ups hätten im Makerspace schon ihren Anfang genommen - zum Beispiel Feschd, eine Firma für Handyhalterungen.

In 90 Minuten zum 3D-Druck

Entscheidend ist: Der Makerspace ist kein Dienstleister. Die Projekte umsetzen müssen die Besucher am Ende eigenständig. Selbst die Materialien dafür stellt aber in Teilen die Werkstatt - zum Beispiel den Kunststoff PLA, der im 3D-Druck verwendet wird. Und die Erfolgserlebnisse kommen schnell, wie Seipel berichtet: "Es glaubt mir immer keiner, aber in 90 Minuten kann man so eine Technik wie 3D-Druck beherrschen."

Was der Betrieb des Makerspace im Jahr kostet, wollen die Verantwortlichen nicht verraten. Es gibt ihn seit 2018. Dass seine Angebote kostenlos sind, wird durch externe Geldgeber ermöglicht. Dazu zählen die beiden Gießener Hochschulen, das örtliche Gründungszentrum, die Stadt und der Landkreis sowie private Einzelspender. Geld kommt auch von Unternehmen wie der Schunk-Gruppe und aus öffentlichen Fördertöpfen.

Lokale Wirtschaft fördern

Ziel sei es, den Wirtschaftsstandort Mittelhessen langfristig zu stärken, gerade mit Blick auf die Digitalisierung, sagt Seipel. Den einen Erfolgsparameter gebe es dabei nicht, nach seiner Darstellung zählen die weichen Faktoren: Nachwuchstalente für die MINT-Berufe können sich im Makerspace ausprobieren. Die Gießener können die Arbeit der Hochschulen hautnah miterleben. Angehende Unternehmensgründer können sich vernetzen.

Der Auto-Enthusiast René Rakoczy ist jedenfalls überzeugt von dem Konzept. Sein Oldtimer ist mittlerweile repariert, das Cabrio-Verdeck schließt wieder einwandfrei. Seine Sorge wegen fehlender Ersatzteile ist deutlich kleiner geworden. "Wenn ich irgendwelche Probleme am Fahrzeug habe und da Teile nachgearbeitet haben möchte, dann sind wir auf jeden Fall wieder im Gespräch."

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de