Drei Landwirte wollen ein Stadtbahn-Projekt in Eschborn mit einer Klage stoppen: Es geht um den nördlichen Abschnitt der "Regionaltangente West". Die geplante Trasse zerstöre wertvolle Ackerböden. Das Darmstädter Regierungspräsidium startet nun noch einen Vermittlungsversuch.

Audiobeitrag

Audio

Stadtbahn-Ausbau: Landwirte wollen Ackerböden retten

Die S-Bahn zwischen Friedrichsdorf und Frankfurt Südbahnhof (S5) fährt vor der Kulisse der Frankfurter Skyline vorbei.
Ende des Audiobeitrags

Schaut Landwirt Torsten Kunz aus seinem Fenster, dann sieht er bis nach Eschborn über Ackerflächen - bislang nur durchschnitten von der S-Bahn-Linie 5. In fünf Jahren soll aber eine weitere Bahn über die Felder brausen - die "Regionaltangente West" (RTW), eine Art Zwitter aus S- und Straßenbahn, vom Vordertaunus über den Frankfurter Flughafen bis zum Kreis Offenbach.

Kunz und zwei weitere Landwirte gehen rechtlich gegen die geplante Trasse vor, um ihre Äcker zu retten, wie sie sagen. Am Donnerstag wollen sich Bauern und Planer im Eschborner Rathaus noch mal an einen Tisch setzen.

Klage gegen Baugenehmigung für nördlichen Abschnitt

Das Regierungspräsidium möchte den Streit einvernehmlich lösen - mit einem Anhörungs- und Gutachterverfahren. Aber nach einer gütlichen Einigung sieht es nicht aus. Der Streit schwelt schon seit Jahren, doch die Fronten haben sich in der Zeit zunehmend verhärtet.

Kartenausschnitt von Frankfurt, in welchen S-Bahn-Strecken und ein Bereich markiert sind. Neben dem Bereich der Text "In diesem Bereich wehren sich die Landwirte".

Die drei Landwirte haben beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel Klage eingereicht gegen die Baugenehmigung für den nördlichen Abschnitt der geplanten Trasse, den sogenannten Planfeststellungsbeschluss, den das Regierungspräsidium Darmstadt vor einem halben Jahr erlassen hat.

Landwirt: "Das Ackerland ist dann verloren"

Landwirt Kunz baut auf den betreffenden Flächen Weizen, Raps und Zuckerrüben an. Der Eschborner Boden im Ballungsraum vor den Toren Frankfurts sei fruchtbar, sagte er. Würden die Felder von einem weiteren Verkehrsweg durchschnitten, könne er die dann stark zerstückelten Flächen kaum noch nutzen. "Das Ackerland ist dann verloren, das ist einfach weg."

Schon Anfang kommenden Jahres will die RTW-Planungsgesellschaft in Eschborn loslegen und zunächst den Boden auf Blindgänger absuchen lassen. Dafür braucht die Gesellschaft Zugriff auf die Äcker. Sie hat beim Regierungspräsidium in Darmstadt ein sogenanntes "Besitzeinweisungsverfahren" gestartet. Für Kunz und die anderen Landwirte heißt das: Jetzt wird es ernst.

Keine aufschiebende Wirkung

Strittig sei eine Fläche von rund 17 Fußballfeldern, teilt das Regierungspräsidium auf hr-Anfrage mit. Horst Amann, Geschäftsführer der RTW-Gesellschaft, geht davon aus, dass bald die Arbeiter auf die Äcker können.

"Die Klagen der Landwirte verhindern eben nicht die sofortige Umsetzung der Baumaßnahmen", so Amanns Einschätzung. Für den nördlichen Abschnitt der RTW durch Eschborn bestehe Baurecht.

Ackerbau seit 17 Generationen

Mit einer Einigung in letzter Minute rechnet auch Amann nicht. Das liege vor allem am Geld. Als öffentliche Gesellschaft könne die RTW den Bauern für das Land nur einen Preis von zehn Euro pro Quadratmeter bieten - den sogenannten Bodenrichtwert. Das aber, so sei sein Eindruck, reiche den Landwirten nicht. Auch habe man Ausgleichsflächen angeboten, bisher ohne Erfolg.

Ihm gehe es nicht um Geld, hält Landwirt Kunz dagegen. Seine Familie bewirtschafte die Böden jetzt schon seit 17 Generationen. Das wolle er fortsetzen. Das Eschborner Ackerland, das auch vom Regierungspräsidium Darmstadt als "sehr hochwertig" eingestuft wird, sei nun einmal nicht vermehrbar.

Erster Spatenstich schon vor Weihnachten

Sollte der Vermittlungsversuch des Regierungspräsidiums scheitern, dann könnte es auf eine Enteignung der Landwirte hinauslaufen. Zum symbolischen Baubeginn hat die RTW-Planungsgesellschaft jedenfalls schon eingeladen: Am 22. Dezember will RTW-Chef Amann zusammen mit Eschborns Bürgermeister Adnan Shaikh (CDU) und Hessens Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) auf der geplanten Trasse den ersten Spatenstich setzen.

Weitere Informationen Ende der weiteren Informationen