Runder Tisch in Neuhof: Wie weiter mit dem "Monte Kali"?

Der Bergbaukonzern K+S wollte seinen Kaliberg in Neuhof aus Umweltschutzgründen abdecken und begrünen. Doch aus der Bevölkerung kam jede Menge Kritik, K+S stoppte die Pläne. Nun will ein Runder Tisch eine Alternative finden. Fragen und Antworten.

K+S Abraumhalde
Der Kaliberg in Neuhof bei Fulda. Bild © picture-alliance/dpa
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Nach dem Scheitern der Pläne des Bergbaukonzerns K+S (früher "Kali+Salz") zur Abdeckung des Kalibergs in Neuhof (Fulda) herrschte lange Funkstille. Nun haben die Streitparteien die Gespräche wieder aufgenommen und wollen zusammen an einer für alle Seiten tragbaren Lösung arbeiten.

Es geht um die Zukunft des in Osthessen weithin sichtbaren "Monte Kali", ein Umweltschutz-Projekt und die Langzeit-Folgen des Kalibergbaus.

Fragen und Antworten:

Wie sind die festgefahrenen Gespräche wieder in Gang gekommen?

Die erste Runde eines Dialog-Prozesses scheiterte im Frühjahr. K+S hatte zuvor versucht, über seine Pläne zur Zukunft des Kalibergs zu informieren. Doch der Konzern stieß auf Kritik. Betroffenen Bürger aus der Region gingen sogar bei Demos auf die Straße.

Nachdem K+S versprach, seine Pläne zu überdenken, ist nun der Weg frei für einen neuen Lösungsanlauf. Die Streitparteien haben sich am Mittwochabend (13.09.) erstmals wieder getroffen. Sie konstituierten einen sogenannten Runden Tisch. Daran sollen neue Ideen zur Lösung des Problems gefunden werden. Prominenter Moderator ist der ehemalige Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein.

Was ist das Problem mit dem "Monte Kali"?

K+S wollte laut Plan den aus knapp 140 Millionen Tonnen Rückständen bestehenden Kaliberg in einem Jahrzehnte langen Mammutprojekt abdecken und begrünen. Denn der Konzern muss dafür sorgen, dass möglichst wenig salzhaltiges Wasser in den Erdboden gespült wird, wenn zum Beispiel Regen auf die Halde mit den Rückstanden aus dem Bergbau fällt.

Dafür sollte der bereits 190 Meter hohe Kaliberg, im Volksmund "Monte Kali" genannt, mit einer dicken Schicht aus Bauschutt und Erdaushub bedeckt und anschließend bepflanzt werden. Dafür hätten aber zunächst 100 Millionen Tonnen Material herbeigeschafft werden müssen - unter anderem mit 150 Lkw-Ladungen täglich und per Zug. Die Anwohner fürchteten Lärm ohne Ende. K+S rechnete mit einem Generationen-Projekt über 100 Jahre.
Zudem sollten für die Haldenabdeckung 40 Hektar Wald gerodet und weitere Flächen verbraucht werden. Auch Straßen, Gas- und Stromleitungen sollten verlegt werden.

Gegen all diese Pläne, die auch noch unbekannte Komponenten enthielten, richtete sich zunehmend Widerstand in Neuhof. Nach immer mehr Kritik und vielen offenen Fragen kündigte K+S im Mai an, seine bisherigen Pläne nicht weiter gegen den Widerstand der Bevölkerung verfolgen zu wollen.

Wer sitzt am Runden Tisch, um eine Lösung zu finden?

Neben dem Bergbaukonzern K+S sind die Gemeinde Neuhof vertreten, Umweltschutzverbände, Vertreter aus Politik, aus dem Regierungspräsidium (RP) Kassel als Genehmigungsbehörde und von der Bürgerinitiative (BI) "Umwelt Neuhof".

Was macht die Streitparteien nun zuversichtlicher?

Die Beteiligten haben sich zuvor auf ein Eckpunkte-Papier und somit auf Spielregeln verständigt. Geplant sei "eine ergebnisoffene, unabhängige und gleichwertige Prüfung aller in Frage kommenden Varianten zur Reduzierung der salzhaltigen Haldenabwässer".

Dabei solle die Variante bevorzugt werden, die sich am besten eignet und dabei die geringsten Auswirkungen auf die Menschen und den Naturraum in der Region hat. Kritiker hatten K+S vorgeworfen, das Unternehmen wähle womöglich die kostengünstigste Lösung.

Welche Lösungen stehen zur Diskussion?

Laut einer Projektseite von K+S gibt es prinzipiell zwei Wege, um salzhaltige Haldenwässer zu vermeiden: die Reduzierung der anfallenden festen Rückstände oder die Abdeckung der bestehenden Halde. Bei der Reduzierung ist eine Entsalzung der Haldenwässer oder eine andere Art der Aufbereitung denkbar.

Auf der anderen Seite wird darüber nachgedacht, die Haldenrückstande mit Transporten wegzuschaffen - über Tage oder unter Tage. Die Rückstände wieder zurück unter die Erde zu bringen, wie von Umweltschutzverbänden favorisiert, ist laut K+S aus physikalischen Gründen aber nicht möglich. Zur Diskussion stehen auch mehrere andere Verfahren zur Abdeckung der Halde. Als wahrscheinlich gilt aktuell, dass es auf einen Maßnahmen-Mix hinauslaufen wird.

Wie lange soll am Runden Tisch nach einer Lösung gesucht werden?

Die Bürgerinitiative und Neuhofs Bürgermeister Heiko Stolz (CDU) sagten, eine Lösung solle innerhalb von zwei Jahren gefunden werden. Denn danach wird sich auch noch ein Genehmigungsverfahren der Behörden anschließen. Die gefundenen Einzelmaßnahmen sollen in einem überschaubaren Zeitraum von 20 bis 30 Jahre umsetzbar sein. Beendet werden soll alles bis zum Jahr 2075 - laut Eckpunktepapier.

Zu den Maßgaben gehört nun auch, dass sich die Planungen von K+S aufs Betriebsgelände in Neuhof-Ellers konzentrieren sollen. Damit soll ausgeschlossen werden, dass weitere Flächen verwendet werden.

Wie geht es in Kürze weiter am Runden Tisch?

In den nächsten zwei Jahren sind rund 20 Sitzungen von je drei Stunden Dauer vorgesehen. Die Nächste findet am 30. Oktober statt. Zu den Sitzungen sollen auch externe Experten und Gutachter eingeladen werden.

Wie ist K+S an anderen Bergbau-Standorten verfahren?

Die Projekte lassen sich nicht vergleichen. Es gibt kein Vorbild, das man einfach kopieren kann. Recht unproblematisch lief es laut K+S bei der Halde Friedrichshall in Sehnde (Niedersachsen). Die Kleinhalde ist fertig abgedeckt, per Dickschichtverfahren. Die Bevölkerung in Sehnde habe das Projekt als "ihren Berg" akzeptiert, sagte ein K+S-Sprecher.

Für die Halde Sigmundshall - eine Großhalde von K+S in Wunstorf bei Hannover - wurde ein Dünnschichtverfahren gewählt.

Bei der Halde Niedersachsen in Wathlingen gibt es Ärger: Nach einem längeren Genehmigungsverfahren inklusive Mediation liegt zwar inzwischen die Genehmigung zur Abdeckung im Dickschichtverfahren vor - die wird aber beklagt.

Weitere Informationen

Sendung: hr4, 13.09.2023, 16.30 Uhr

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Quelle: hessenschau.de