Einführung ab Juli Stadtverordnete in Kassel stimmen für Übernachtungssteuer
Kassel bekommt eine Übernachtungssteuer. Schon ab dem 1. Juli müssen Gäste fünf Prozent des Netto-Übernachtungspreises mehr zahlen. Die Pläne sorgten bereits im Vorfeld für Kritik - und möglicherweise für einen Bürgerentscheid.
Auf der Kasseler Stadtverordnetenversammlung am Montagabend stimmte die Jamaika-Koalition aus Grünen, CDU und FDP gemeinsam mit den Linken für die Übernachtungssteuer. SPD, AfD und weitere Oppositionsabgeordnete lehnten sie ab - unter anderem wegen fehlender Zweckbindung der Einnahmen.
Gäste, die ab 1. Juli in Hotels, Pensionen oder auch Airbnb-Wohnungen übernachten, müssen zusätzlich fünf Prozent des Netto-Übernachtungspreises zahlen. Die Steuer soll laut Stadt zusätzliche Einnahmen in Höhe von etwa drei Millionen pro Jahr für den Haushalt bringen.
Übernachtungssteuer nicht nur für touristische Ausgaben
Ähnlich wie bei der Hunde- und Zweitwohnsteuer handelt es sich bei der Übernachtungssteuer um eine örtliche Aufwandssteuer und muss nicht – wie von der SPD-Fraktion gefordert – ausschließlich für touristische Ausgaben eingesetzt werden.
"Es ist glasklar, dass es der Koalition lediglich um das Generieren neuer Einnahmen geht, nicht aber um die notwendige Förderung des Tourismus", kommentierte der SPD-Stadtverordnete Wolfgang Decker die Entscheidung.
Ursprünglich hatte die Stadt eine Pauschale von fünf Euro pro Nacht geplant. Nach Kritik wurde auf das prozentuale Modell umgeschwenkt, das fünf Prozent des Netto-Preises der Übernachtung vorsieht.
Erst scharfe Kritik, dann Bürgerbegehren
Kasseler Hoteliers und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) protestierten bereits im Vorfeld vehement gegen die Steuer. Sie sprachen von einem "Schnellschuss" ohne ausreichende Einbindung der Branche.
Derzeit sammeln sie Unterschriften für ein Bürgerbegehren. Insgesamt 4.501 Menschen mit Erstwohnsitz in Kassel müssen unterschreiben. Ob eine solche Bürgerbeteiligung erfolgreich sein könnte – darüber sind sich die Juristen uneins.
Die Stadtregierung und ein Kasseler Rechtsanwalt sehen kaum Chancen für einen Bürgerentscheid. Ihnen zufolge ist ein solches Verfahren bei Gemeindeabgaben unzulässig.
Anders sehen das die Hoteliers. Die gesetzliche Anordnung beziehe sich lediglich auf bestehende, "nicht aber neu zu beschließende, Gemeindeabgaben", erklärten sie vor der Entscheidung der Stadtverordneten. Auch den Gang vor das Verwaltungsgericht schlossen die Hoteliers nicht aus.
Weitere Kommen in Hessen planen Abgaben für Touristen
Der Dehoga äußerte sich erst letzte Woche zu geplanten Abgaben und Steuern für Touristen und riet Kommunen eindringlich davon ab.
Neben der Mehrbelastung für Besucherinnen und Besucher verursache diese einen "erheblichen administrativen Aufwand", sagte der stellvertretende Dehoga-Hauptgeschäftsführer in Hessen, Oliver Kasties.
Neben der Stadt Kassel plant auch Offenbach ab 2026 eine Übernachtungssteuer. Die Stadt rechnet dadurch nach eigenen Angaben mit jährlichen Mehreinnahmen von etwa 1,3 Millionen Euro.
Jede 7. hessische Kommune erhebt Übernachtungssteuer
Kassel und Offenbach sind dann mit ihren Übernachtungssteuern nicht allein. Laut Bund der Steuerzahler erheben 58 Kommunen in Hessen solche Steuern oder Abgaben. Das ist etwa jede siebte hessische Kommune.
Eine Kurtaxe, die ausschließlich für touristische Ausgaben verwendet werden kann, erheben insgesamt 21 Kommunen, darunter Wiesbaden. Die Stadt erhöhte diese 2024 unter großem Protest von drei auf fünf Euro.