Nazi-Vorschläge für Abi-Motto in Gießen Kultusminister fordert klare Haltung von Schulgemeinden
Kultusminister Armin Schwarz hat von Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften an hessischen Schulen eine klare Haltung gegen Antisemitismus und Rassismus gefordert. Auch die Landesschülervertretung reagierte auf Nazi-Vorschläge für das Abi-Motto an der Liebigschule in Gießen.
"Dieser Vorfall hat uns entsetzt und wird von der Schule lückenlos aufgearbeitet", sagte Hessens Kultusminister Armin Schwarz (CDU) am Dienstag auf hr-Nachfrage zur Abiturmotto-Abstimmung an der Gießener Liebigschule. Er begrüßte laut Mitteilung des Ministeriums die deutliche Distanzierung des Abi-Jahrgangs.
Der Jahrgang 12 des Gymnasiums hatte Vorschläge für ein Motto ihres Abiturs im kommenden Jahr gesammelt. Bei der anonymen Online-Abstimmung waren auch antisemitische, rassistische und diskriminierende Ideen vorgeschlagen und mehrfach positiv bewertet worden, wie die Schule am Montag bestätigte.
Zugang zum Abstimmungsportal sofort gelöscht
Nach Angaben der Liebigschule hatte das Abikomitee "sofort" nach Bekanntwerden der Vorfälle reagiert. Es habe den Zugang zum Abstimmungsportal gelöscht und "unverzüglich" Kontakt zur Schulleitung aufgenommen.
"Im Anschluss wurde der gesamte Jahrgang von der Schulleitung zusammengerufen, um den Vorfall in aller Deutlichkeit zu missbilligen und klar Stellung gegen diese demokratiefeindlichen Gedanken zu beziehen."
Anspielungen auf NSDAP und Bücherverbrennung
Zu den Vorschlägen gehörten laut der Zeitung "Gießener Allgemeine" in Anlehnung an den Nationalsozialismus und die Bücherverbrennungen im Jahr 1933 "NSDABI - Verbrennt den Duden". Außerdem: "Abi macht frei", eine Anlehnung an die Toraufschrift "Arbeit macht frei" an nationalsozialistischen Konzentrationslagern. Auch abgestimmt wurde über "Abi Akbar - Explosiv durchs Abi", eine rassistische Verfremdung des islamischen Gebetsrufs "Allahu Akbar".
Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln wegen des Anfangsverdachts der Volksverhetzung.
Kultusminister: "Klare Haltung von uns allen gefordert"
Kultusminister Schwarz nimmt alle hessischen Schulgemeinden in die Pflicht: "Rassismus, Antisemitismus und jede Form von Diskriminierung haben in unseren Schulen keinen Platz", sagte er. "Hier ist klare Haltung von uns allen gefordert - vor Ort von Lehrkräften, Eltern und den Schülerinnen und Schülern."
Das Bildungsministerium unterstütze und stärke die Schulen auf allen Ebenen, wie mit der Werte- und Demokratiebildung und Maßnahmen zur Extremismusprävention.
Landesschülervertregung: "Keine schlechten Witze"
Die Landesschülervertretung reagierte ebenfalls mit Entsetzen auf die Abimotto-Ideen: "Solche Vorschläge sind keine schlechten Witze, sondern Ausdruck einer tief sitzenden Geschichtsvergessenheit und eines Mangels an demokratischer Bildung", sagte Landesschulsprecherin Nele Vogel, wie die Nachrichtenagentur dpa am Dienstag berichtete.
Erinnerung sei keine Option, sondern Pflicht. Und Schule sei kein Ort für NS-Verharmlosung - niemals.
Rechtsextreme Vorfälle an Schulen stark gestiegen
Die gemeldeten rechtsextremen Vorfälle an hessischen Schulen sind seit dem vergangenen Jahr stark gestiegen. Laut Kultusministerium wurden im vergangenen Jahr 167 Vorfälle registriert, in diesem Jahr waren es bis zum 20. März bereits 31. Zum Vergleich: 2023 waren es 37 Fälle, 2022 waren es 12.
Das Ministerium erläuterte, es habe sich 2024 bei etwas mehr als der Hälfte der Vorfälle um das Anbringen von Hakenkreuzen oder anderen rechtsextremen Symbolen an Schulgebäuden gehandelt.
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Ministerium: Auswirkungen gesellschaftlicher Polarisierung
In einem Viertel der Fälle hätten Schülerinnen und Schülern den Hitlergruß gezeigt oder rechtsextremistische Parolen wie "Heil Hitler" gerufen. Bei den restlichen Fällen seien rechtsextremistische Lieder gesungen oder rechtsextremistische Inhalte in Sozialen Medien geteilt worden.
Als mögliche Erklärung nannte das Kultusministerium: "Die gesellschaftliche Polarisierung 2024 wirkte sich auch auf die Schulen aus."