Kombo mit mikroskopischer Aufnahme und Forscher mit Flüssigkeit im Glas

Seine Forschung könnte ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den Klimawandel werden: Der Marburger Forscher Tobias Erb will CO2 aus der Luft holen, indem er die Fotosynthese beschleunigt. Dabei verzeichnet er erste Erfolge - und kann sich jetzt über eine hochdotierte Auszeichnung freuen.

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Merck-Preis für Marburger Forscher

hs
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Für so manche Karriere wird der Grundstein früh gelegt: Bei Tobias Erb war es ein engagierter Lehrer, der seine Liebe zur Biologie entfachte. Jetzt ist der 43 Jahre alte Professor am Marburger Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie. Für seine Forschung zur Fotosynthese bekommt er am Mittwochabend in Darmstadt den mit einer Million Euro dotierten Future Insight Prize des Chemiekonzerns Merck verliehen. In der Fotosynthese wandeln Pflanzen Wasser und das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) in Zucker und Sauerstoff um.

Erb und sein 40-köpfiges Team haben ein Enzym entdeckt, das die Fotosynthese beschleunigen und damit zu einem wichtigen Baustein im Kampf gegen den Klimawandel werden kann. "Die Natur ist langsam bei der Umwandlung von CO2", erklärt Erb. "Das liegt an einem Enzym namens Rubisco, auf dem die natürliche Fotosynthese der Pflanzen beruht." Dieses Enzym nehme nur fünf CO2-Moleküle pro Sekunde auf, erklärt Erb und vergleicht es mit einem Traktor.

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So funktioniert Fotosynthese

Bei der Fotosynthese verwandeln Pflanzen Kohlenstoffdioxid (CO2) in energiereiche Verbindungen. Das CO2 nehmen sie aus der Luft auf - weswegen etwa Aufforstung von Wäldern ein immens wichtiges Instrument im Kampf gegen den Klimawandel ist. Die Energie für die Fotosynthese liefert das Sonnenlicht. Vereinfacht gesagt spalten Pflanzen das CO2 zuerst auf und setzen es dann mit Hilfe des Sonnenlichts neu zusammen zu Glukose (Traubenzucker). Dafür braucht die Pflanze zusätzlich Wasser, das sie mit den Wurzeln aufnimmt. Ein weiterer Stoff, der bei der Fotosynthese entsteht, ist für Menschen und Tiere ungemein wichtig: Sauerstoff. Diesen geben die Pflanzen zurück in die Luft.

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Schlüsselmoment der Laufbahn

Das nun entdeckte, so genannte CCR-Enzym stammt aus einem Bakterium und ist gut zehn bis 20 Mal schneller, "also ein Porsche", freut sich Erb. Die Entdeckung sei ein Schlüsselmoment seiner Laufbahn, sagt Erb, der sich seit dem Studium mit dem Klimawandel beschäftigt. Auch die Idee, die Fotosynthese beschleunigen zu wollen, trägt er schon einige Jahre mit sich herum.

Halb-synthetische Chloroplasten

Immer wieder experimentierte das Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen dann an einem Prototypen für eine künstliche Fotosynthese. "Wissenschaft ist ja wie ein Langstreckenlauf", sagt Erb und lacht. "Die ersten Versuche sind furchtbar schlecht gelaufen und der erste Prototyp hat auch nur für zwei Stunden funktioniert - aber er hat funktioniert."

Praktische Anwendung in fünf bis zehn Jahren

In einem nächsten Schritt will das Team probieren, wie weit es diesen Prozess auf ein echtes Bakterium oder eine Alge übertragen kann. Die Wissenschaftler hoffen, dass Pflanzen damit langfristig einerseits mehr CO2 aus der Luft binden und gleichzeitig ertragreicher werden können. Der Prozess könnte aber auch in künstlichen Systemen ablaufen, mit denen CO2 aus der Luft geholt und direkt in Rohstoffe etwa für die chemische Industrie umgewandelt wird.

Dazu gibt es schon erste Erfolge, und Erb hofft, dass in fünf bis zehn Jahren erste praktische Anwendungen entwickelt werden können. "Noch sind wir aber bei der Grundlagenforschung", sagt er. "Wir haben jetzt quasi eine Software entwickelt, für die wir die passende Hardware suchen müssen." Das Preisgeld von einer Million Euro sei eine immense Hilfe dabei, sagt Erb. Er möchte damit eine weitere Expertin oder einen Experten für sein Team gewinnen und will in neue Technologie investieren - denn diese und viel Arbeitsfleiß brauche es, um die nächsten Ziele zu erreichen. "Aber Zeit für eine kleine Feier, die werden wir natürlich finden," sagt Erb augenzwinkernd.

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