Meeresschützerin Jenny Krutschinna Schockverliebt in Korallenriffs

Bei der Ozeankonferenz in Nizza debattieren Delegationen aus aller Welt über den Schutz der Meere. Eine Mitarbeiterin des Opel-Zoos leistet seit über 20 Jahren ihren Beitrag dazu, diesem gefährdeten und wichtigen Ökosystem zu helfen.

Zwei gelbe Fische an einem Arm eines Korallenriffs, dahinter das tiefblaue Meer.
Farben- und Artenreichtum gibt es in Korallenriffen wie sonst fast nirgends auf der Erde. Dieses Foto nahm Jenny Krutschinnas Tauchpartner Stephan Moldzio auf. Bild © S. Moldzio

Geht Jenny Krutschinna durch den Opel-Zoo in Kronberg (Hochtaunus), verweilt sie gern vor dem Korallen-Aquarium. An Korallen hat die Pressesprecherin des Zoos im Taunus ihr Herz verloren. "Wir halten viele Steinkorallen", erklärt sie, "die bilden Kalkskelette und formen so die Grundgerüste der Riffe."   

Videobeitrag

Frankfurterin engagiert sich gegen das Korallensterben

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Bild © hessenschau.de
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Als sie das erste Mal ein Riff unter Wasser sah, war sie "hin und weg", wie die sportliche Frau mit den dunklen Haaren und der Hornbrille erzählt. Zu verdanken hatte sie das ihrem Vater. "Der war Kapitän bei der Holland-Amerika-Linie. Er vermittelte mir die Faszination der Meere und gab mir erste Möglichkeiten, sie beim Tauchen zu erkunden." Mittlerweile kennt Jenny Krutschinna Riffe rund um die Welt, vom Roten Meer bis zu den Fidschi-Inseln. 

Vorträge und Workshops 

Um auch anderen so eine "Schockverliebtheit" zu ermöglichen, die sie selbst erlebte, engagiert sich die PR-Managerin und Biologin seit über 20 Jahren für Korallenriffe. Getreu dem Motto "Man schützt nur, was man kennt und liebt" vermittelt Krutschinna vor allem Wissen über Riffe.

Die 55-Jährige hält Vorträge, leitet weltweit Workshops und stellt auch mal eine Ausstellung zusammen, zum Beispiel 2018 zum Internationalen Jahr des Riffs für das Frankfurter Senckenberg Museum. Aktuell beobachtet sie aufmerksam den Verlauf der Ozeankonferenz in Nizza (bis 13. Juni). 

5 Gründe, warum sich Riffschutz auch für Hessen auszahlt 

Die Kalkskelette der Steinkorallen bestehen aus Kalzium und Kohlenstoff. Letzteren bekommen die Korallen aus dem Meerwasser, und in das gelangt er wiederum aus der Atmosphäre. Die Riffe sind somit ein Teil des weltweiten Kohlenstoffkreislaufs und tragen zur Funktion der Meere als Kohlenstoffsenken bei. 

Korallenriffe sind sogenannte Kindergartenhabitate. Im Schutz der verästelten Korallenzweige entwickeln sich viele Meereslebewesen vom Ei über die Larve bis zum erwachsenen Tier. Dazu gehören Arten, die vor allem in hessischen Tiefkühltheken auch als Speisefische auftauchen - wie etwa Bonito-Thunfisch, Juwelenbarsch oder Roter Schnapper (Red Snapper). 

In Lebewesen aus Korallenriffen finden sich zahlreiche Substanzen, die mittlerweile für Medikamente gegen Krebs, HIV oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen verwendet werden. An der Uni Frankfurt wurde zum Beispiel erforscht, wie sich das Gift riffbewohnender Kegelschnecken in der Schmerztherapie einsetzen lässt. 

Nicht nur die Pharmaindustrie holt sich neue Ideen aus den Riffen. Speziell Korallen, die ihre Nahrung in Form kleinster Partikel aus dem Meer filtern, wurden schon zu Vorbildern für neue Waschmaschinenfilter. Selbst für Akkukühlplatten standen sie Pate. All solche Produkte nutzen wir in unseren Alltag. 

Verschwinden die Riffe, verschwinden auch beliebte Urlaubsziele für Taucher und andere Meeresinteressierte. Mindestens 94 Länder und Gebiete der Erde profitieren aktuell vom Riff-Tourismus. In 23 davon macht der Rifftourismus mehr als 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. 
(Quellen: Frauke Fischer & Hilke Oberhansberg: Was hat die Mücke je für uns getan? Darmstadt 2020, oekom; Silke Kauferstein: Die Gifte der Kegelschnecken: Leitsubstanzen für neue Medikamente. Forschung Frankfurt 2/2005; Heinz Krimmer: Netzwerk Korallenriff: wertvoller als google, apple & Co. Stuttgart 2017, Kosmos.)

Mindestens einmal im Jahr in den Tropen

Meistens arbeite sie mit Reef Check Deutschland zusammen, berichtet Jenny Krutschinna. Das weltweit größte Programm zur Überwachung von Riffen hat unter anderem eine Methode entwickelt, mit der sich die Gesundheit eines Riffs bestimmen lässt.

Eine Frau mit dunkelblonden schulterlangen Haaren lächelt in die Kamera.
Jenny Krutschinna, Pressesprecherin des Opel-Zoos und Biologin. Bild © H. Bietz

Diese bringt die Frankfurter Biologin vor Ort auch Laien bei - egal ob es sich um einheimische Schulkinder und Fischer oder um Tauchtouristen in einem Robinson-Club handelt. Mindestens einmal im Jahr fährt sie dazu in die Tropen. 

Dort zählt sie dann mit ihren Kursteilnehmern verschiedene Arten von Fischen, Krebsen oder Seeigeln. Die Ergebnisse lassen Rückschlüsse darauf zu, wie sehr Überfischung, Umweltverschmutzung, das Wetterphänomen El Niño oder der Klimawandel schon gewütet haben.

Unterwasserkamera vom Chef

Auf der Basis solcher Beobachtungen ließen sich Politiker und zwischenstaatliche Organisationen beraten oder Menschen zu Naturschutzrangern ausbilden, sagt Krutschinna: "Das erhöht die Motivation noch mal enorm." 

Ein großer brauner Fisch und viele orangefarbene kleine Fische schwimmen um ein Riff mit Hart- und Weichkorallen.
Korallen und Fische, das passt zusammen. Bild © S. Moldzio

Nicht zuletzt deswegen erhält sie auch von ihrem Arbeitgeber Rückendeckung. "Ich habe ihr schon meine Unterwasserkamera mitgegeben, damit sie gute Bilder machen kann", erzählt Opel-Zoo-Direktor Thomas Kauffels.

Er gibt seiner Mitarbeiterin auch bei Opel-Zoo-Veranstaltungen den Raum, über ihr Ehrenamt zu berichten. Zur Freude von Jenny Krutschinna, die sagt: "Ich empfinde eine Verantwortung dafür, mein Wissen über die Riffe zu teilen. Vor allem darüber, wie sensibel das Ökosystem Riff ist und wie fatal die Folgen sind, wenn Arten aus ihm verschwinden."

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de